Wettkampfpraxis und Präsenz fehlen: Lange Zwangspause beeinflusst die Bundesligisten

Von Marcus Arndt

Der HBW-Kader für die kommende Spielzeit in der Beletage des deutschen Handballs steht – en gros zumindest. Weiterhin offen ist der Saisonstart. Die Protagonisten neben der Platte visieren Anfang September an.

Wettkampfpraxis und Präsenz fehlen: Lange Zwangspause beeinflusst die Bundesligisten

Am 7. März absolvierte der HBW Balingen-Weilstetten sein bislang letztes Bundesligaspiel. Wann sich die Teams wieder auf der Platte duellieren können, ist weiter unklar.

Während in der Fußball-Bundesliga und der 2. Liga die Runde beendet wird – und auch die Kicker in Liga drei Ende Mai wieder starten, der Basketball die unterbrochene Saison in Form eines Finalturniers zu Ende bringt, haben sich die Verantwortlichen im Handball für einen anderen Weg entschieden.

Bob Hanning, Vizepräsident des DHB, fürchtet deswegen wie auch andere Entscheider, „den Anschluss zu verlieren“. Liga-Chef Frank Bohmann „blutet das Herz“, weil im Kampf um öffentliche Wahrnehmung in Zeiten der Corona-Krise allmählich der Druck wächst.

Geisterspiele nicht ausgeschlossen

Deswegen verschließt sich der Handball wohl auch nicht mehr vor Geisterspielen, welche weiter ein Thema sind. „Wir müssen zwingend im September oder Oktober wieder spielen, um nicht von der Bildfläche zu verschwinden“, sagt Bohmann dem Sport-Informations-Dienst (kurz: SID). Wie alle wünscht er sich für den Re-Start der seit März pausierenden Liga natürlich Spiele vor Zuschauern. „In allerhöchster Not“, sagt der HBL-Geschäftsführer allerdings auch, müsse man aber auch Geisterspiele durchführen.

„Ich verstehe viele Argumente“, erklärt Balingens Trainer Jens Bürkle, „dass die Klubs die Geisterspiele eigentlich nicht wollen, ist normal. Aber andererseits sind wir, je länger wir warten, immer mehr weg von der Bildfläche. Da geht es ja auch um Präsenz.“ Irgendwann fehle den Spielern auch die Wettkampfpraxis, so der Sportwissenschaftler weiter, „wir haben schon jetzt, wenn es im September wieder losgeht, sechs Monate Pause zwischen den Begegnungen. Wenn dann noch etwas dazwischenkommt, sind wir schnell schon bei sieben Monaten. Das ist schon eine brutal lange Zeit.“ Und so hofft der 39-Jährige, „dass wir am 1. Juli mit der Vorbereitung starten können.“

Jede Position doppelt besetzt

Die vakante Position im linken Rückraum besetzt James Junior Scott, der aus dem spanischen La Rioja ins Schwäbische wechselt. „Die Verpflichtung war eine Gemeinschaftsproduktion, mit vielen, vielen Videos und dann auch direkten Gesprächen“, verrät der HBW-Coach.

Der zwei Meter große Franzose war noch nicht in Balingen, hat sich aber bei seinen Landsmännern Rock Feliho und Olivier Nyokas über die „Gallier“ informiert. Bürkle schwärmt von den Qualitäten des 26-Jährigen: „Trotz seiner Größe besitzt er eine sehr hohe Dynamik und überzeugt auch im Eins-gegen-Eins.“

Nach Fabian Wiederstein von der HSG Konstanz und Moritz Strosack ist Scott der dritte Neuzugang beim letztjährigen Aufsteiger, der nun alle Positionen doppelt besetzt hat. „Wir haben nach Scotts Verpflichtung jetzt schon ein paar Möglichkeiten mehr“, urteilt Bürkle „es ist in Ordnung, wenn wir mit diesem Kader starten.“

Ob der HBW noch einmal personell nachlegt? Bürkle zuckt mit den Schultern: „Das weiß ich nicht. Es kommt ja auch darauf an, was wirtschaftlich darstellbar ist.“

Planungen für Start im September

Gut möglich, dass Bürkle mit einem 14-Mann-Aufgebot in die Vorbereitung und sogar in die Runde geht. Natürlich scouten die Schwaben weiter, aber im Fokus stehen andere Dinge. „Eine Rückkehr zur Normalität“, erhofft sich der ehemalige Erstliga-Spieler.

Dieser plant, „dass wir im September sportlich fit sind. Wenn es später wird, legen wir Regenerationsphasen ein. Dass sich der Start ein bisschen verzögert, da bin ich sogar fast ein wenig froh darüber. Wir haben schon jetzt eine so lange Pause wie sonst zwischen den Saisons. Da geht es auch um einen systematischen Aufbau der Spieler. Man hat das ja schon bei den Fußballern gesehen. Die haben eigentlich nur zwei, drei Wochen komplett Pause gehabt und sind dann wieder eingestiegen – und trotzdem haben sich bei den ersten Spielen und Trainingseinheiten dann einige verletzt. Das muss langfristig angelegt sein, bis man da wieder in den direkten Kontakt kann.“

Entscheidung Mitte Juni

Die Handball-Bundesliga (kurz: HBL) will in rund drei Wochen eine Entscheidung über den Start der neuen Saison treffen. Die aktuelle Spielzeit war wegen der Corona-Krise vorzeitig abgebrochen worden. „Wir werden das entscheiden Mitte Juni, wo die Klubs dann Kalkulationssicherheit haben, wann sie wie mit dem Training wieder beginnen können“, erklärt HBL-Geschäftsführer Frank Bohmann gegenüber dem NDR-Hörfunk. „Bis dahin warten wir ab, wie die weitere Entwicklung in Gesundheit und Politik sich entwickelt.“

Bohmann nennt zwei mögliche Termine für den Rundenauftakt in der aufgestockten ersten deutschen Spielklasse. „Entweder Anfang September oder Anfang Oktober. Das hängt so ein bisschen von den behördlichen Genehmigungen ab“, so der 55-Jährige weiter, „je früher eigentlich desto besser, weil der Spielplan wird sehr eng. Wenn wir später anfangen, wird die Dichtheit der Termine zunehmen.“