Balingen

„Wertschätzen statt wegwerfen“: So ist die Lage der Müllverwertung im Zollernalbkreis

31.07.2020

Von Lea Irion

„Wertschätzen statt wegwerfen“: So ist die Lage der Müllverwertung im Zollernalbkreis

© Landratsamt

Friedrich Scholte Reh, Günther-Martin Pauli, Dr. Ulrich Kohaupt (von links).

Im 15. Bürgerdialog von Landrat Günther-Martin Pauli waren am Donnerstagabend Friedrich Scholte-Reh, Leiter des Abfallwirtschaftsamtes, und Dr. Ulrich Kohaupt, Mitglied des Kreistags für die Grünen-Fraktion, mit von der Partie. Konkret ging es um die Lage der Müllverwertung im Landkreis.

Zusammen mit Friedrich Scholte-Reh, Leiter des Abfallwirtschaftsamtes, und Dr. Ulrich Kohaupt, Grünen-Mitglied des Kreistags, veranstaltete Landrat Günther-Martin Pauli den mittlerweile 15. Bürgerdialog per Livestream auf Facebook. Konkret ging es um das Thema „Besserer Umgang mit Müll – weniger Abfall ist mehr.“

Denn mit etwa 600 Kilogramm verbrauchtem Hausmüll pro Kopf in Deutschland gehört der Bund weltweit zur Spitzengruppe der Länder, die am meisten Müll produzieren. „Da ist der Konsument beim Einkaufen selbst verantwortlich, denn die meisten sehen nicht mehr die Langlebigkeit, sondern beispielsweise nur noch das Shoppen“, sagt Scholte-Reh.

Die Textilproduktion habe sich dadurch im vergangenen Jahrzehnt verdoppelt, die Recycling-Industrie komme nicht mehr hinterher.

Große Fehlwurfquote im ZAK

Hinzu kommt bei diesen großen Mengen Müll die Fehlwurfquote in den Tonnen. „Wir haben 30 bis 40 Prozent Fehlwürfe, womit im Endeffekt die Sortiertechnik Probleme hat“, weiß Kohaupt.

Insgesamt ergebe das eine Recyclingquote von 35 Prozent, man müsse diese besonders für Kunststoffe in Zukunft erhöhen. Das ist aber Sache des Gesetzgebers, erklärt Kohaupt.

„Wir haben aber alle die Möglichkeit, den Müll zu lindern, indem wir weniger verpackte Produkte kaufen. Das ist sicherlich eine Alternative“, fügt Scholte-Reh hierzu an. Die Verpackungsbranche sei aber genauso gefragt.

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Es geht darum, dass der Verbraucher so zielgerichtet einkauft, dass möglichst wenig Verpackungsmüll anfällt. Friedrich Scholte-Reh

Wir haben 30 bis 40 Prozent Fehlwürfe, womit im Endeffekt die Sortiertechnik Probleme hat. Dr. Ulrich Kohaupt

Müllablagerungen kosten den Steuerzahler viel Geld, dieses Geld würden wir lieber in andere Dinge investieren. Günther-Martin Pauli

Heiß diskutiert wurde zuletzt auch die Nutzung des gelben Sacks. Dieser hat laut Scholte-Reh ein negativeres Image, als er verdient; sowohl der gelbe Sack, als auch die gelbe Tonne hätten schließlich Vor- und Nachteile.

Gäbe es eine gelbe Tonne, so solle man sich große Wohnkomplexe vorstellen, zu denen neben den bisherigen drei Tonnen nun auch noch eine gelbe Tonne hinzukäme: „Sie können sich vorstellen, was für ein Chaos vor den Häusern geschehen würde“, so Scholte-Reh.

Nicht zuletzt würde in diesem Fall eine weitere Tonne pro Haushalt auch den Platz auf Gehwegen und Straßen verringern.

Hohe Kosten – für die Tonne?

Dazu kämen bei der gelben Tonne auch die Kosten für den Landkreis. Laut einer Schätzung des Abfallwirtschaftsamtschefs müssten etwa 60.000 Tonnen angeschafft werden, wobei pro Tonne rund 60 Euro aufgebracht werden müsste. „Am Ende würde man diese Preise über die Müllgebühr und somit den Endverbraucher ausgleichen“, erläutert Scholte-Reh.

Es gibt für ihn aber einen entscheidenden Vorteil des gelben Sacks, den die gelbe Tonne nicht hat: die Kontrollierbarkeit. „Beim Abholen lässt sich ein gelber Sack viel leichter kontrollieren als eine gelbe Tonne“, merkt Scholte-Reh an.

Vorteile der Tonne hingegen sind die Sortierbarkeit und ein aufgeräumteres Stadtbild, wohingegen der gelbe Sack flexibler in Sachen Müllmenge ist. So beispielsweise an Feiertagen, an denen bei einigen Haushalten mehr Verpackungsmüll anfällt als gewöhnlich.

Gute Säcke werden zweckentfremdet

Auch wurde die Qualität der Müllsäcke diskutiert, da diese vielen Verbrauchern zu dünn und demnach zu reißanfällig sind. „Bei uns sind die gelben Säcke mittlerweile wieder in einem annehmbaren Zustand, sie waren schon mal schlechter“, kommentiert Scholte-Reh. Das Problem sei, sobald die gelben Säcke dicker werden, würden sie für andere Zwecke missbraucht.

Bei der Kunststoffverwertung liegt die Recyclingquote bei geschätzt 40 bis 50 Prozent, der Rest müsse verbrannt werden. „Im Moment gibt es noch kein System, das ein hochwertiges Recycling von technischen Kunststoffen möglich macht. Hier sind alle gefordert, möglichst viele recylclebare Produkte zu kaufen“, erklärt Scholte-Reh. Dann müssten auch weniger Kunststoffe verbrannt werden.

Illegaler Müll zahlt den Steuerzahler

Im gleichen Zug kritisierte der Chef des Abfallwirtschaftsamts die Zustände einiger Innenstädte oder Waldwege in Sachen Vermüllung. „Ich will daran appellieren, dass die Bürger im Zollernalbkreis ihre Abfälle bei den zuständigen Entsorgern abliefern sollen und nicht achtlos auf eigene Faust in der Natur entsorgen“, merkte Scholte-Reh im Hinblick auf illegale Müllablagerungen an.

„Solche Müllablagerungen kosten den Steuerzahler viel Geld, dieses Geld würden wir lieber in andere Dinge investieren“, sagte Landrat Pauli in diesem Kontext.

Zusammen mit der Universität Stuttgart, dem Umweltministerium und dem Unternehmen Bizerba erforscht das Abfallwirtschaftsamt derzeit auch, inwiefern das Konsumverhalten des Verbrauchers zum Positiven beeinflusst werden könne.

„Es geht darum, dass der Verbraucher so zielgerichtet einkauft, dass möglichst wenig Verpackungsmüll anfällt“, sagt Scholte-Reh. Wegen Corona verlaufe diese Aktion aber langsamer als gedacht – ein Ergebnis werde in einigen Monaten erwartet.

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