Wenn statt 116117 die 112 gewählt wird: DRK-Chef beschwert sich wegen ärztlichen Notdiensts

Von Janine Lehleiter

Der Haigerlocher Bürgermeister und Vorsitzende des DRK-Kreisverbands Zollernalb, Heiko Lebherz, hat einen offiziellen Beschwerdebrief verfasst. Darin beschreibt er den Zustand des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes, kreidet dessen Unerreichbarkeit an und erläutert die daraus resultierenden, problematischen Folgen für die Integrierte Leitstelle Zollernalb. Der ZOLLERN-ALB-KURIER hat bei den beiden Adressaten, Dr. Ullrich Mohr und Dr. Tomas Bethke, nachgefragt, wie sie die Situation einschätzen.

Wenn statt 116117 die 112 gewählt wird: DRK-Chef beschwert sich wegen ärztlichen Notdiensts

Fehlfahrten und zunehmende Transporte in Kliniken sind nur zwei der problematischen Folgen der Unerreichbarkeit der 116117.

Heiko Lebherz, Vorsitzender des DRK-Kreisverbands Zollernalb, hat sich in einem Beschwerdebrief über den Zustand des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes geäußert. Adressiert hat der Haigerlocher Bürgermeister das Schreiben an Dr. Ullrich Mohr, Vorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KV) im Zollernalbkreis, sowie an Dr. Tomas Bethke, Pandemiebeauftragter des Landkreises Zollernalb.

„Unerträgliche Zustände“ durch Auslagerung der 116117

Den Grund für seine Beschwerde formuliert Heiko Lebherz so: „Im Landkreis Zollernalb herrschen seit der Umstrukturierung des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes und der damit einhergehenden Auslagerung der 116117 aus der Integrierten Leitstelle (ILS) in gebündelte Call-Center unerträgliche Zustände.“ Das habe ihn dazu gebracht, seinen Brief zu schreiben.

Dr. Tomas Bethke habe Heiko Lebherz direkt nach Erhalt des Beschwerdebriefes angerufen und gesagt: „Das Problem ist, dass ich in meiner Funktion als Pandemiebeauftragter darauf keinen Einfluss habe.“ Er gebe ihm vollkommen recht, aber könne leider nichts machen. Trotzdem sei er froh, darüber in Kenntnis gesetzt zu werden.

Notfallmanagement sollte laut Dr. Mohr regional sein

Stellung nehmen könne auch Dr. Ullrich Mohr im Prinzip nicht, sagte der Vorsitzende der Kassenärztlichen Vereinigung im Zollernalbkreis auf Nachfrage des ZOLLERN-ALB-KURIER: „Da muss man zum Schmied gehen und nicht zum Schmiedle.“ Er sei ebenso der Meinung, Heiko Lebherz habe recht, das anzuprangern, und sei selbst von Anfang an gegen die Auslagerung der 116117 gewesen. „Meines Erachtens muss Notfallmanagement regional sein, damit man auf Gegebenheiten vor Ort besser reagieren kann. Was nützt es, wenn der Service sonst wo sitzt und nicht weiß, wie es hier läuft?“, so Dr. Ullrich Mohr.

Das Problem: 116117 ist schwer erreichbar

Die Grundsatzproblematik sei laut Heiko Lebherz aber die „schwere Erreichbarkeit der 116117“. Anrufe unter dieser Nummer würden entweder gar nicht angenommen oder die Anrufenden würden in lange Warteschleifen gesteckt – und das teilweise über mehrere Stunden lang. Das beschäftige auch Dr. Tomas Bethke schon länger: „Es ist schrecklich, wenn man sich vorstellt, man hat einen Herzinfarkt oder der eigene Vater hat einen Herzinfarkt und man kann niemanden erreichen. Das geht nicht.“

Die Folge: 112 wird gewählt

„Das genannte Problem mündet in eine höhere Auslastung der ILS Zollernalb, da infolgedessen vermehrt Nachfragen und Erklärungen bezüglich dieses Zustandes entstehen. Die Hilfesuchenden wählen dahingehend vermehrt die Notrufnummer 112, um ihr Anliegen über eine andere Weise zu klären und Hilfe zu bekommen“, heißt es weiter im Beschwerdebrief des DRK-Kreisverbandsvorsitzenden Heiko Lebherz. Die Folge: Die Integrierte Leitstelle sei durch diese Anrufe noch mehr ausgelastet als ohnehin schon.

112 oder 116117 wählen?

Zur einfachen Erklärung an dieser Stelle: Die Notrufnummer 112 sollte nur genutzt werden, um den Rettungsdienst bei lebensbedrohlichen Fällen zu alarmieren. Der ärztliche Bereitschaftsdienst hingegen hilft außerhalb der Sprechstundenzeiten der Ärztinnen und Ärzte bei Erkrankungen, die den Gang in eine Praxis erfordern oder deren Behandlung nicht bis zum nächsten Tag warten kann. Dieser ist unter der Nummer 116117 erreichbar oder sollte es zumindest sein.

Kreislauf an Mehrarbeit

Doch auch die ILS erreiche laut Heiko Lebherz das Servicecenter der KV häufig nicht – trotz Prioritätennummer. Und wenn doch, dann erfolge keinerlei Rückmeldung des Kassenärztlichen Bereitschaftsdienstes, ob der übergebene Fall bearbeitet werde. „Der Kreislauf der Mehrarbeit beginnt erneut“, so Heiko Lebherz, denn dadurch müsse das Personal der ILS wieder zum Hörer greifen, die 116117 wählen und sich versichern, dass der Auftrag erledigt wurde.

Und der Rattenschwanz zieht sich noch weiter, denn es gebe laut Heiko Lebherz noch ein Problem. Durch das Nicht-Erreichen der Notdienstnummer und das Wählen der Notrufnummer 112 entstehe eine höhere Belastung der Rettungsmittel und Hilfsfristen.

Fehlfahrten und Bagatelleinsätze

Der DRK Kreisverbandsvorsitzende führt das in seinem Beschwerdebrief wie folgt aus: „Diese genannten Einsätze enden größtenteils in Fehlfahrten, da die Anrufenden vorwiegend die ärztliche Versorgung im Sinne eines kassenärztlichen Notdienstes benötigen. Hierbei handelt es sich meist um keine Notfälle mit zwingender Transportindikation, sondern um eine Art Unterstützung mit medikamentöser Versorgung und medizinischem Wissen vor Ort.“ Durch derlei Bagatelleinsätze käme es außerdem zu zunehmenden Transporten in die Klinik und eine zusätzliche Belastung der Krankenhäuser.

Zum Schluss seiner Beschwerde stellt Heiko Lebherz nochmals klar, dass diese Umstände weder für die Integrierte Leitstelle und den Rettungsdienst noch für die Patientinnen und Patienten tragbar seien, und bittet die Adressaten Dr. Ullrich Mohr und Dr. Tomas Bethke „dringendst darum, sich der Sache anzunehmen“.

Bisher noch keine Antwort

„Ich kann es nur an die Zuständigen weiterleiten“, so Dr. Ullrich Mohrs Reaktion. Damit meint er die zuständige Notfallkommission der KV Baden-Württemberg (KVBW). Weitergeleitet habe er die Beschwerde, eine Antwort habe auch er noch nicht bekommen. Diese Verzögerung käme davon, dass es dort zum Jahreswechsel hin eine Änderung in der Vorstandschaft gab. Dr. Ullrich Mohr und auch Dr. Tomas Bethke sind sich aber beide sicher, dass zeitnah eine Reaktion seitens der KVBW komme.