Wenn aus Flüchtlingen Mitbürger werden: Helfer des Arbeitskreises Asyl Balingen erzählen

Von Lydia Wania-Dreher

Es kommen weniger Flüchtlinge nach Deutschland, aber die Gemeinschaftsunterkunft in der Beckstraße ist nach wie vor voll: Der Arbeitskreis Asyl Balingen begleitet seit über fünf Jahren Menschen aus fernen Ländern. Vier Verantwortliche erzählen, was sich in dieser Zeit geändert hat.

Wenn aus Flüchtlingen Mitbürger werden: Helfer des Arbeitskreises Asyl Balingen erzählen

Jean-Claude Canoine, Erwin Feucht, Berthild Fechner und Wolfgang Strasser vom Arbeitskreis Asyl Balingen berichten von den vergangenen fünf Jahren.

Als die Gemeinschaftsunterkunft in der Beckstraße eröffnet wurde, beschlossen engagierte Bürger, den Arbeitskreis Asyl Balingen zu gründen. Das war vor über fünf Jahren, vor der großen Flüchtlingswelle.

Seither unterstützen die Ehrenamtlichen Menschen, die neu in Balingen sind. Derzeit sind zwischen 20 und 25 Personen in dem Kreis aktiv. Ganz so viele, wie es am Anfang waren, sind es mittlerweile nicht mehr.

Doch die Hilfe der engagierten Bürger ist nach wie vor gefragt. Auch wenn sich diese verändert hat. Am Anfang habe es viele Anträge zum Ausfüllen gegeben, viele Behördengänge, erklärt Jean-Claude Canoine, einer der Freiwilligen. Mittlerweile helfen die Ehrenamtlichen auch bei der Steuererklärung oder bei der Suche nach einer Halle für die Hochzeit.

Das Café Asyl ist ein Treffpunkt

Der Kontakt zu den Flüchtlingen komme häufig über das Café Asyl zustande. Es findet jeden Mittwoch ab 16 Uhr im katholischen Gemeindehaus statt und ist zu einem richtigen Treffpunkt geworden.

Die Ehrenamtlichen versuchen, unbürokratisch zu helfen. „Wir finden Lösungen“, beschreibt es Canoine. Ein großes Flüchtlingsproblem gebe es in Balingen nicht, sagt der Helfer. Man arbeite gut mit den örtlichen Behörden zusammen.

Es sind eher die kleinen Herausforderungen des Alltags, die es zu meistern gilt. Das kann dann auch einmal eine Fahrkarte oder ein kleiner Kredit sein, wenn jemand in Not geraten ist.

Und mit den Jahren seien aus den Flüchtlingen Freunde geworden, so Canoine. Viele Ehrenamtliche würden bereits eine Familie betreuen. Daher sei man immer auf der Suche nach neuen Helfern. Interessierte können am Mittwoch im Café Asyl vorbeikommen.

Aus Flüchtlingen werden Mitbürger

Dabei stellt er jedoch klar: Oft seien die Menschen keine Flüchtlinge mehr, sondern Mitbürger. Viele hätten mittlerweile ihre Ausbildung abgeschlossen und würden arbeiten.

Neben dem Café Asyl bietet der Arbeitskreis auch jeden Mittwoch ab 19 Uhr eine Fahrradwerkstatt in der Beckstraße an. Dort können Räder gegen einen kleinen Obolus gekauft oder repariert werden. „Wir brauchen immer wieder Fahrräder, gerade für Kinder, und engagierte Schrauber“, weiß Berthild Fechner vom Arbeitskreis Asyl Balingen. Über zweirädrige Spenden freuen sie sich genauso wie über Geldspenden.

Eine Spendenbescheinigung kann der Arbeitskreis jedoch nicht ausstellen, denn er ist nicht in einem Verein organisiert. Auch, weil das mehr Bürokratie bedeuten würde.

Ein großes Problem in Balingen sei, bezahlbaren Wohnraum zu finden, erklärt Berthild Fichner. Erst kürzlich habe sie das bei der syrischen Familie mitbekommen, die sie betreut. Die musste aus der Wohnung raus, weil das Haus abgerissen wird. Nur mit der Unterstützung der deutschen Helferin, die mit dem Vermieter in Kontakt trat, hat die Familie nun eine neue Bleibe gefunden.

Außerdem organisiert der Arbeitskreis Asyl Deutschunterricht in der Gemeinschaftsunterkunft in der Beckstraße und im Sommer auch mehrere Aktivitäten. So gibt es zum Beispiel einen Ausflug nach Löffingen, den mehrere Unterstützer möglich machen.

Wichtig ist den Verantwortlichen, dass dieser nicht nur für Flüchtlinge ist, sondern für alle Bedürftigen, gerade für die Kinder. Daher habe man auch mit dem Tafelladen und Ämtern Kontakt aufgenommen, um auch diesen Personenkreis einzuladen.

Den Flüchtlingen sei es wichtig, etwas zurückzugeben, sagt Berthild Fechner. So stellten sie zum Beispiel bei der Einweihung der Skulptur im Park bei der Agentur für Arbeit das Buffet. Auch bei der internationalen Woche im Herbst werden sie aktiv sein. So soll es unter anderem eine eritreische Kaffeezeremonie geben.

Es gibt auch Angebote für andere Bedürftige

Aber auch die Ehrenamtlichen im Arbeitskreis Asyl haben noch einiges vor. Sie engagieren sich, dass Balingen oder der Zollernalbkreis bei der Kampagne „Sicherer Hafen“ mitmacht.

„Wir können die Menschen im Mittelmeer nicht ertrinken lassen“, beschreibt es der Ehrenamtliche Wolfgang Strasser. Andere Städte wie Reutlingen oder Rottenburg machen schon mit und sprechen sich für ein sicheres Ankommen aus. Die Kommunen erklären sich unter anderem bereits, Flüchtlinge aus Seenotrettungsaktionen aufzunehmen. Auch wenn das aufgrund der deutschen Bürokratie gar nicht so einfach ist.