Wenn Gummistiefel volllaufen: 21 junge Forscher entdecken Schlichem bei Ratshausen

Von Pressemitteilung

Zum siebten Mal fand das Kooperationsprojekt „Ferien im Jurameer“ für Kinder statt. Höhepunkt war die Tagesetappe durch das Gewässerbett der Schlichem zwischen Tieringen und Ratshausen. Dort entdeckten die jungen Forscher viele Fossilien, Wassertiere und Pflanzen. Kinder sind begeisterte Entdecker und Sammler

Wenn Gummistiefel volllaufen: 21 junge Forscher entdecken Schlichem bei Ratshausen

Wow, wann hält man denn schon einen Steinkrebs in der Hand.

An zwei Tagen lernten die Kinder beim Ferienangebot der Sparkassenstiftung Umwelt+Natur und des Holcim-Fossilienmuseums die Lebensräume von Fließgewässern mit ihren Bewohnern kennen: Zuerst die Obere Bära zwischen Oberdigisheim und Tieringen, die als schmaler Bachlauf in Richtung Donau fließt.

Deren Uferbereich wird seit vielen Jahren von einer Biberfamilie verändert, die durch den Bau von Dämmen viele Tümpel und Feuchtwiesen geschaffen hat.

Wanderung durchs Bachbett

Dann, am zweiten Tag, die Wanderung durch das Bachbett der weiter westlich fließenden Schlichem. Ein idyllischer Bachlauf, der sich zwischen Tieringen und Ratshausen eindrucksvoll in den Braunen Jura eingeschnitten hat und in den Neckar mündet.

21 Kinder machen mit

Kleine Wasserfälle, zahlreiche Bachschlingen und abwechslungsreiche Ufervegetation haben eine beeindruckende Feuchtlandschaft geschaffen. Beste Voraussetzungen für das Veranstaltungsteam, diesen Gewässerabschnitt mit insgesamt 21 Kindern im Alter von sieben bis dreizehn Jahren genauer zu untersuchen.

Begleitet wurden sie von den Mitarbeiterinnen des Fossilienmuseums Dr. Annette Schmid-Röhl und Janina Wypich sowie von Alexandra Kischkel-Bahlo und Hannes Schurr, dem Team der Umweltstiftung.

Das Wetter macht mit

Das Wetter meint es gut an diesem Tag. Über der Gruppe wölbt sich strahlend blauer Himmel. Die Kinder im Alter von sieben bis dreizehn Jahren aus den Landkreisen Zollernalb, Tuttlingen und Rottweil balancieren vorsichtig im Gänsemarsch über massive Trittsteine. Diese markieren den Einstieg in die Schlichem am Ortsausgang von Tieringen.

Das kühle Gewässer plätschert munter zwischen teils scharfkantigen, teils abgerundeten Kalksteinen, dem Abtragungsschutt des Weißen Jura. Mal schnell und unruhig in Rinnen gurgelnd, dann wieder träge in breiten Uferabschnitten strömend. Das Bachbett wird von hohen Staudenpflanzen wie Weidenröschen, Brennnessel und Mädesüß gesäumt. Hin und wieder verdeckt das dichte Blätterdach der Pestwurz den Blick auf das Geröll.

Frisch hängt der Duft der Wasserminze in der Luft. Entwurzelte, mit dunkelgrünem Moos bedeckte Baumstämme versperren immer wieder den Weg und zeugen von der Fließdynamik, die die Schlichem in regenreichen Wochen prägt.

Jede Menge Überraschungen warten

Jede Bachschlinge hält neue Überraschungen bereit. „Vorsicht, hier gibt es tiefe Stellen!“, ruft die Geowissenschaftlerin Janina Wypich, die zusammen mit Dr. Schmid-Röhl die insgesamt sechs Mädchen und 15 Jungen anführt.

Gummistiefel laufen voll, doch das ist egal. Denn die ersten Entdeckungen werden gemacht. „Da schwimmt etwas Großes“, ruft aufgeregt ein neunjähriger Junge. Gleich bildet sich eine Traube von Kindern um den urtümlichen Fund, den Stiftungsökologe Hannes Schurr beherzt in seinen Fingern hält: „Ein Steinkrebs. Dieser kleinste europäische Flusskrebs ist typisch für steinige Gewässer und kommt nur in sehr guter Wasserqualität vor.“

Die Kinder staunen

Das freut auch die jungen Forscher, die staunend auf die großen Scheren des acht Zentimeter langen Exemplars blicken. Die Gruppe erreicht massive Sandmergelbänke, die sogenannten Wasserfallschichten des Braunen Jura. Diese, so erklärt es Paläontologin Schmid-Röhl, zwingen das Wasser, aufgrund ihrer Widerstandsfähigkeit im ansonsten tonigen Gestein, kaskadenartig über Stufen zu rauschen.

Sehr zur Freude der Kinder, die die fast tropisch anmutende Landschaft für eine Badeeinlage nutzen. Weiter bachabwärts bücken sich einige Kinder nach Fossilien. Denn im ruhigen Ablagerungsbereich der Gleithänge liegen verstreut Muscheln, Ammoniten und Belemniten.

Fossilien verschwinden in Hosentaschen

Diese versteinerten Relikte stammen von Tieren, die vor rund 170 Millionen Jahren im subtropischen Jurameer schwammen und Zeugen der bewegten Erdgeschichte im Zollernalbkreis sind. Besonders schöne Exemplare werden auf lehmbeschmierten Händen herumgereicht und verschwinden anschließend in Hosentaschen und Rucksäcken.

Weiter geht es an Baumwurzeln vorbei, überhängende Äste von Erle, Bergahorn und Weide werden zur Seite gestreift, Schuhe bleiben immer wieder im Uferschlamm stecken. Im knöcheltiefen Morast sind Fährten von Wildtieren zu entdecken: „Hier tummeln sich in der Dämmerung Wildschweine, Rehe und Füchse. Und da scheint auch ein Waschbär gewesen zu sein“, freut sich die Stiftungsleiterin Alexandra Kischkel-Bahlo.

Die Kinder sind fasziniert

Was die jungen Naturliebhaber und ihre Eltern am Ferienprojekt faszinierend finden, erklärt die Naturexpertin: „Unser Outdoor-Angebot ist spannend, bewegungsintensiv und lehrreich. Spielerisch entdecken Kinder viele Tiere, Pflanzen und Gesteine und lernen ihre Namen kennen.“

Wasser in Gummistiefeln, der süßliche Duft von Mädesüß, der unverhoffte Blick auf ein seltenes Fossil oder einen zappelnden Krebs in der Hand seien Eindrücke, die für Kinder und das Veranstaltungsteam unvergesslich bleiben.