Zollernalbkreis

Was kann man bei der Pflege besser machen? Politiker aus Berlin fragen Experten von hier

02.07.2019

von hm/ly

Was kann man bei der Pflege besser machen? Politiker aus Berlin fragen Experten von hier

© Holger Much

Zum Schluß des Gespräches in der Pflegeschule in Albstadt gab es noch das Selfie mit dem Bundestagsabgeordneten.

Der Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß und der Bevollmächtigte der Bundesregierung für Qualitätssicherung in der Pflege, Andreas Westerfellhaus, besuchten am Dienstag Albstadt und Balingen. Einmal ging es um Ausbildung, einmal die Sicht der Betroffenen.

Mit einer hervorragende Ausbildung sowie einer ausreichend guten personellen Ausstattung nannte Staatssekretär und Pflegebevollmächtigter Andreas Westerfellhaus zwei für ihn zentrale Punkte in Sachen Pflege.

Die Ausbildung wird neu strukturiert

Natürlich, da ließen werde er noch manche Detailfrage der Auszubildenden der in Ebingen angesiedelten Krankenpflegeschule des Kreisklinikums einen Zweifel, gibt es noch Baustellen an allen Ecken und Enden sowie offenbar teils massive Widerstände der Kostenträger.

Doch die Hauptrichtung ist mit der generalisierten Ausbildung nun vorgegeben. Hier, so Westerfellhaus, müssten nun neue Wege gegangen werden. Das Instrumentarium der vergangenen 30 Jahre tauge nichts mehr.

Die generalistische Ausbildung kommt

Ab dem Jahr 2020 sollen nun, nach teils kontroversen Diskussionen im Vorfeld, alle Auszubildenden der zuvor getrennten Bereiche Kranken- Kinderkranken- und Altenpflege zwei Jahre lang eine gemeinsame, generalistische Ausbildung absolvieren.

Danach können Vertiefungsbereiche in der praktischen Ausbildung gewählt werden. Wer diese neu strukturierte Ausbildung im dritten Jahr fortsetzt, hat den Abschluss zur Pflegefachfrau oder zum Pflegefachmann in der Tasche.

Mit Auszubildenden im Gespräch

Angesichts dieser, so Pflegefachmann Andreas Westerfellhaus „bahnbrechenden Umwälzung“ im Pflegebereich waren er und Bundestagsabgeordneter Thomas Bareiß am Dienstagmittag in der Krankenpflegeschule des Zollernalb-Klinikums zu Gast, um mit jungen Auszubildenden ins Gespräch zu kommen.

„Wir brauchen Eure Botschaft“

Bareiß betonte, dass die Azubis sich mit Fragen und Probleme jederzeit an ihn oder Andreas Westerfellhaus wenden sollten. Nur so könne man Erfahrungen sammeln und adäquat reagieren: „Wir brauchen Eure Botschaften aus der Praxis heraus“. Wichtig, so Bareiß, sei ihm auch, mit solchen Besuchen die Wertschätzung für Menschen auszudrücken, die „solche schwierigen und zugleich schönen Berufe“ erlernten.

Zahl der Ausbildungsplätze wurde erhöht

Dr. Gerhard Hinger, vorsitzender Geschäftsführer des Kreisklinikums, begrüßte zusammen mit Schulleiter Horst Pfeiffer die Gäste. Im Zuge des großen Umbaus der in Ebingen zentralisierten Pflegeschule, erläuterte Dr. Hinger, habe das Kreisklinikum die Herausforderung dieses Umbruchs angenommen und die Zahl der Auszubildenden im Pflegebereich von bisher 130 auf künftig 156 erhöht. Nahezu alle Ausbildungsplätze seien bereits belegt.

In Balingen spricht Andreas Westerfellhaus mit weiteren Pflegeexperten

Am Nachmittag fand dann ein sogenannter Pflegegipfel in der Seniorenresidenz an der Eyach in Balingen statt. Pflegekräfte, Hausdirektoren, Lokalpolitiker und Angehörige machten Bareiß und Westerfellhaus klar, welche Themen in Berlin in Sachen Pflege angegangen werden müssen.

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Thomas Bareiß und Andreas Westerfellhaus sprachen am Vormittag in Albstadt mit der Klinik- und Schulleitung sowie mit Auszubildenden

© Holger Much

Nachmittags besuchten die beiden Politiker die Seniorenresidenz an der Eyach in Balingen.

© Lydia Wania-Dreher

Sie beantworteten zahlreiche Fragen von Fachleuten und wollen einige Themen von ihnen mit nach Berlin nehmen.

© Lydia Wania-Dreher

Josef Weiß, stellvertretender Vorsitzender des Kreisseniorenrats, stellte fest, dass die Attraktivität des Pflegeberufes auch, aber nicht nur von der Bezahlung abhänge. Es gelte die Arbeitsbelastung zu senken. Andreas Westerfellhaus, selbst Pfleger und langjähriger Leiter eine Pflegeschule, stimmt dem zu.

In seinem Vortrag stellte Westfellhaus ein Pilotprojekt vor, dass eine 35-Stunden-Woche für Pflegekräfte bei vollem Lohn vorsieht. Die Einrichtungen, die dies umgesetzt haben, hätten keine offenen Stellen mehr und weit weniger Ausfallzeiten von den Mitarbeitern.

Wanderbewegungen von Fachkräften sollten vermieden werden

Westfellhaus stellte jedoch auch klar, dass solche Lösungen flächendeckend eingeführt werden müssten, um Wanderbewegungen von Fachkräften zu vermeiden. Auch müssten die Arbeitgeber flexibler bei den Arbeitszeiten sein und auch Fachkräfte einstellen, die generell nur von 8 bis 14 Uhr arbeiten können. Nur so könne man Berufsaussteiger zurückgewinnen.

Die Krankenschwester und neu gewählte Balinger Stadträtin Annegret Lang sprach das Thema Leiharbeit an. Der Anteil in einigen Einrichtungen liege teilweise bei 50 Prozent. „Es werden Unsummen für die Leiharbeit ausgegeben“, sagte sie. Denn die geliehenen Kräfte würden 1000 Euro mehr bekommen als normal angestellte Pflegekräfte. Zudem hätten sie oft vertraglich vereinbarte freie Wochenenden. Das mache die Leiharbeit attraktiv. Bringe jedoch eine Mehrbelastung für die anderen Angestellten mit sich.

Westerfellhaus möchte Methoden prüfen, die Leiharbeit einzuschränken. Seine Lösung heißt jedoch: „Planbare Freizeit und Wochenende können wir auch.“

Mehr Wertschätzung für den Beruf

Roland Beck von der Stiftung Augustenhilfe machte darauf aufmerksam, dass die meisten Menschen in Altenheimen sterben. Die Einrichtungen und Menschen, die Männer und Frauen am Lebensabend begleiten, sollten mehr Anerkennung bekommen, ähnlich wie dies bei Hospizen der Fall sei.

Wie es um eine Gesellschaft bestellt sei, erkenne man am Umgang mit den Kindern und Alten, erinnerte die Vorsitzende des Kreisseniorenrats Hildegard Fürst. Der Bundestagsabgeordnete Thomas Bareiß versprach, am Ball zu bleiben. „Die Menschen in den Pflegeberufen sollen spüren, dass sie die Politik nicht alleine lässt, sondern begleitet“, sagte er in seiner Ansprache.

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