„Kochen ist schon der Gesundheit wegen nicht als Nebensache zu betrachten“, zitierte Marion Rostam, Geschäftsführerin der AOK Neckar-Alb, mit Henriette Davidis eine Kochbuchautorin aus dem 19. Jahrhundert. Mit diesem Zitat hatte die Gastgeberin gleich das Motto des Abends mitgeteilt, wie das Publikum in den folgenden zweieinhalb Stunden erfahren sollte. Das kulinarische Zepter der AOK-Kochshow, präsentiert vom ZOLLERN-ALB-KURIER, hatte in bewährter Manier Biospitzenkoch Simon Tress.

Der frischgebackene Europameister – Tress war erst vor wenigen Tagen mit der Fußballmannschaft der Spitzenköche und Restaurateure in Italien erfolgreich – brauchte keine Zeit zum Warmlaufen.

Lockerungsübung fürs Publikum mit Laola

Mit gewohnt spitzer Zunge, unterhaltsam-frech und kurzweilig brachte er Schwung in die Schauküche – und ins Publikum. Zum Lockermachen forderte er die Zuschauer zum Aufstehen und Ausschütteln der Extremitäten auf, gefolgt von einer Laola-Welle.

ZAK-Geschäftsführer Daniel Welte war der Beikoch für die Vorspeise „Tomate trifft Mozzarella“. Wer schnöden Capresesalat erwartet hatte, musste sich eines Besseren belehren lassen, was mit diesen beiden Hauptzutaten alles möglich ist. Während Welte Tomaten vom Innenleben befreien und das Äußere Fruchtfleisch unter den strengen Augen des Spitzenkochs in 5 auf 5 Millimeter große Stücke zu schneiden hatte, plauderte Simon Tress mit ihm über Berufliches, hauptsächlich aber über Privates. So entlockte der Koch ihm, dass Nicol Welte fürs Kochen zuständig sei. „Ich bin im Putzen super“, sagte der ZAK-Chef. Eine Aussage, die sich Simon Tress übrigens im weiteren Verlauf des Abends zunutze machte und Daniel Welte immer mal wieder zum Reinemachen in die Küche holte.

Thermomix nur für die Profis

Die beiden neckten sich und frotzelten einander, und schnell war klar, dass man Tress‘ Humor als solchen verstehen muss, um nicht beleidigt von der Bühne zu gehen. Dass man per Du ist, ist für den Spitzenkoch ohnehin obligatorisch. Tress verriet, dass er den Thermomix allein zum Mixen nutze. Dieses Luxusgerät aus dem Hause Vorwerk, zu dem er noch eine Staubsaugervertreteranekdote aus seiner Schulzeit zum Besten gab, sei allerdings den Profis vorbehalten. „Daniel bekommt den Stabmixer“, sagte er charmant.

Als jener aufgrund eines Missverständnisses die vorbereiteten Tomaten in die falsche Schüssel schüttete, kommentierte Tress mit einem Lachen: „Ein Fehlpass nach dem anderen.“ Und nahm wieder das Fußballthema auf. Daniel Welte nahm’s gelassen, auch als es ans Nappieren der Kaltschale rings um den Tomaten-Mozzarella-Aufbau auf dem Teller ging: „Manchmal bin ich echt froh, dass du dabei bist“, sagte er in Richtung Tress.

Gemüse mit „OB-Schnitt“

„Wichtig beim Kochen ist immer: Hände ausm Hosensack“, gab Simon Tress Helmut Reitemann, der er sich für den Hauptgang in die Showküche geholt hatte, als Ratschlag zum Beginn. Dieser konterte direkt: „Ich habe mich eben schon an den Ruhestand gewöhnt.“ Seit wenigen Tag ist Reitemann Balinger „OB a. D.“ (Tress), der für eine kurzfristig verhinderte Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut eingesprungen sei. Dass Reitemann jetzt gerne mehr Zeit mit Tanzen verbringen möchte, wusste der Koch natürlich. Und ließ sich spontan vom ehemaligen Stadtoberhaupt dessen fließende Freestyle-Tanzbewegungen vorführen und zeigen.

Reitemann zeigte sich versiert, was das Gemüseschnippeln angeht, und arbeitete vor allem zügig die zugewiesenen Küchenarbeiten ab. Zucchini & Co. bekamen den „OB-Schnitt“. „Du bist mir schon a bissle zu dominant“, bremste ihn Simon Tress. Dass vor lauter Geplauder, Foppen und Scherzen – die beiden schenkten sich jeweils nichts – die Sahne übergekocht war, gehörte zum Programm, wie er glaubhaft versicherte.

Nacht- und Zu-viel-Esser geben kulinarische Schwächen preis

Und noch ne Fußballreferenz: Analog zum legendären Möller-Zitat („Mailand oder Madrid, Hauptsache Italien“) wandelte Tress, da sich Reitemann beim Unterscheiden der Kräuter etwas schwertat, ab: „Ob Thymian oder Oregano, Hauptsache es schmeckt.“ Das Buchweizenrisotto, das die beiden als eine Komponente des Hauptgangs zubereiteten, schmeckte vorzüglich und hatte den erwartet fabelhaften Biss, wie auch die Redakteurin, die verkosten durfte, bestätigen kann. Noch bevor Tress den „OB a. D.“ damit fütterte – „das hab ich auch noch nie gemacht!“ –, entlockte er den beiden bisherigen Beiköchen ihre kulinarischen Schwächen: Daniel Welte outete sich wie Tress selbst als Nachtesser. Reitemann hingegen führte als seine Schwäche auf, „zu viel zu essen, weil’s schmeckt“.

Für seine Leistung als Hilfskoch bekam der ehemalige Oberbürgermeister gleich ein Minijobangebot in der Tress-Gastronomie.

Wer ist der größte – pardon: beste – Schaumschläger?

In Marion Rostam hatte Tress große Hoffnung gesetzt, dass sie in der Showküche besser abliefert als ihre AOK-Geschäftsführer-Vorgänger, die auch schon mit ihm gekocht hatten. Und er wurde nicht enttäuscht. Zwischen Weißweintrinken, Eierrühren und Wasseraufkochen plauderte sie unterhaltsam aus dem Nähkästchen – von ihrer Arbeit für die Gesundheitskasse und aus ihrem Privatleben. Simon Tress und sie spielten sich die Bälle zu, sodass selbst minutenlanges Rührgeräthalten fürs Publikum nicht langweilig war.

Zumal auch noch „Action“ geboten war: Für die Weiße-Schokolade-Mousse brauchte es geschlagene Sahne. Eine Aufgabe, die Simon Tress an die Zuschauer in der ersten Reihe delegierte. „Du musst die Sahne schlagen, nicht streicheln“, kritisierte er Helmut Reitemann, der Schüssel und Schneebesen flugs an Daniel Welte weiterreichte, der sich als versierter Sahneschläger entpuppte. „Wer von euch ist jetzt der beste Schaumschläger?“, foppte Simon Tress. Gemeinsam mit weiteren Zuschauern hatte es schließlich geklappt. Aus flüssig war fest geworden, wie Simon Tress im Selbstversuch kontrollierte und mit Gottvertrauen die Schüssel über seinem Kopf herumdrehte – glücklicherweise blieb er von einer Sahnedusche verschont.

Wissenswertes, Tipps und Tricks aus erster Hand

Lehrreich war der Abend quasi nebenbei. Dr. Ute Streicher, Ernährungsmanagerin bei der AOK, gab zwischen den Gängen Tipps und fachkundige Informationen über Lebensmittel. So stellte sie klar, dass Tomaten aus der Dose eine gute Alternative seien, wenn hierzulande die Saison noch nicht begonnen hat. Und dass insbesondere gekochte Tomaten vom Körper besser verwertbares Lykopin in sich tragen. Diesem Carotinoid werde eine krebsvorbeugende Wirkung bescheinigt. Streicher appellierte zudem, „Mut zu haben, in den Rezepten mal etwas auszutauschen“ – beispielsweise Vollkorn- statt Weißbrottoast. Aber am besten denjenigen, die bekocht werden, nichts davon zu verraten, merkte sie mit einem Augenzwinkern an.

Auch der Küchenchef teilte einige seiner Geheimtipps. So gehört für ihn Wein nicht in Risotto, Sauce oder Fonds, sondern in den Koch. Stattdessen rät er, wenn man beispielsweise Bratenjus herstellt, Balsamicoessig zu verwenden. Und: Senfsaat ist eine prima Pfefferalternative.

Beide plädierten dafür, jeden Teil eines zubereiteten Lebensmittels zu verwenden. Die Kaltschale der Vorspeise sei dafür ein gutes Beispiel: Das wässrige Kerngehäuse der Tomaten wurde nämlich nicht entsorgt, sondern auf andere Weise mit in das Gericht integriert.

Mitarbeiter der Krankenkasse servieren die Probiererle

Nach zweieinhalb unterhaltsamen, genuss- und lehrreichen Stunden verabschiedete das gut gelaunte Publikum die Protagonisten auf der Bühne mit viel Applaus. Stehende Ovationen gab’s für diejenigen, die dafür gesorgt hatten, dass die Versucherle auch bei jedem einzelnen in den Reihen des Großen Stadthallensaals angekommen sind: AOK-Mitarbeitern, die an diesem Abend als Gastroservicekräfte fungiert hatten.

Denn das, was in der Showküche zubereitet wurde, war nur für die Köche gedacht. „Das will ich euch nicht zumuten“, hatte der Koch augenzwinkernd gleich zu Beginn erklärt. Die Zuschauer hatten kleine Portionen desselben Gerichts, die allerdings vom Tress‘schen Team vorbereitet waren, zur Verkostung bekommen.

Zum Mitnehmen gab es für jeden im Publikum ein kleines Rezeptheft, damit das Gesehene und Verkostete auch daheim nachgekocht werden kann.

Das Menü

Vorspeise „Tomate trifft Mozzarella“: Tomatenkaltschale mit Tomatensalat, Mozzarella-Creme und paniertem Mozzarella.

Hauptgericht: Albbuchweizenrisotto an Zitronensauce mit gegrilltem und confiertem Gemüse und Oliventapenade.

Dessert: Schokobiskiut mit weißem Schokoladenmousse, Minzpesto und marinierten Erdbeeren.