Balingen

Vorteile für die Gesundheit: Injoy Balingen spricht sich für Training unter Auflagen aus

24.04.2020

Von Jasmin Alber

Vorteile für die Gesundheit: Injoy Balingen spricht sich für Training unter Auflagen aus

© Jasmin Alber

Injoy-Inhaber Wolfgang Belser (rechts) und Studioleiter Andreas Moser sind in einem abgetrennten Bereich. Sie haben verschiedene Konzepte entwickelt, so dass das Studio theoretisch ab morgen wieder geöffnet werden könnte.

Das Injoy in Balingen ist wie sämtliche Fitnessstudios seit Mitte März im Zuge der Landesverordnung zur Eindämmung der Coronavirus-Verbreitung geschlossen. Doch: Sport und Training leisten einen wesentlichen Beitrag zur Stärkung des Immunsystems und damit – insgesamt betrachtet – auch im Kampf gegen Covid-19. Hygiene- und Abstandsregeln können auch im Fitnessstudio eingehalten werden. Um auf die Lage aufmerksam zu machen, hat Inhaber Wolfgang Belser einen Brandbrief an die lokale Politik geschrieben.

Fitnessstudios sind Unternehmen, die unmittelbar von den coronabedingten Schließungen betroffen sind. Noch bevor Friseure oder Gastronomiebetriebe schließen mussten, gingen im Injoy in Balingen die Lichter aus. Seit 17. März ist geschlossen.

Bei allem Verständnis für die Maßnahmen zur Eindämmung der Virusverbreitung sehen Wolfgang Belser, Inhaber des Balinger Injoy-Studios, und Studioleiter Andreas Moser aber auch die andere Seite. Es sei wissenschaftlich bestätigt, dass Sport und Fitnesstraining das Immunsystem stärken.

„Wir sind der Meinung, dass eventuelle Nachteile bei weitem nicht so groß sind wie die Vorteile“, unterstreicht Belser. Bei einem Fitnessstudio wie seinem, das auf gesundheitsorientiertes Training in Kombination mit gesunder Ernährung ausgerichtet ist, geht es nicht wie in der „Muckibude“ zu, in der hunderte Mitglieder unkoordiniert verteilt und eng beieinander die Eisen wuchten. Letzteres sei zum Bedauern Belsers leider oft die Meinung, die auch die Politik über alle Fitnessstudios habe.

Zahl der Trainierenden lässt sich begrenzen

Er veranschaulicht: Im Balinger Studio gibt es einen 200 Quadratmeter großen Kursraum. Begrenzt man die Zahl der Teilnehmer eines Kurses – sei es Wirbelsäulen-Gymnastik oder Jumping-Fitness – beispielsweise auf zehn Personen, so hat jeder Teilnehmer 20 Quadratmeter Platz. Die Teilnehmerzahl je Kurs zu steuern, sei kein Problem, da sich Mitglieder schon vor der Krise ihren Kurs-Platz per App sichern konnten.

Dass die Regeln und Beschränkungen eingehalten werden, darauf könnten die Mitarbeiter achten. Denn durch die Maßgabe des gesundheitsorientierten, fachlich angeleiteten Trainings wäre im Falle einer Wiedereröffnung unter Auflagen ohnehin genügend Fachpersonal vor Ort.

„Wir haben bereits Hygienekonzepte erarbeitet“, berichtet Studioleiter Andreas Moser. Er weist auf die grundsätzlich hohen Hygienestandards im Studio hin, die nun noch weiter ausgebaut wurden. Man sei bereit, ab morgen öffnen zu können, wenn das Okay von der Politik kommt.

Inhaber Wolfgang Belser ergänzt: Es würden sogar schon Konzepte bereitliegen, falls man nach der (schrittweisen) Wiedereröffnung die Duschen und Umkleiden nicht benutzen dürfte.

Bereiche wurden abgetrennt, einige Geräte gesperrt

Der Trainingsbereich mit den Geräten wurde mit Klebe- und Flatterband in Bereiche aufgeteilt. Man habe für jeden berechnet, wie viele Personen gleichzeitig trainieren können, damit der Mindestabstand immer noch eingehalten werden kann.

Beim Zirkeltraining könnte so getaktet eingestiegen werden, dass immer mindestens ein Gerät zwischen zwei Mitgliedern frei bleibt. Auch beispielsweise bei den Crosstrainern und Laufbändern ist eine Entzerrung möglich – sei es durch Geräte, die abgebaut, anders ausgerichtet oder für die Benutzung gesperrt werden.

„Sehen Wirkung des Trainings auf die Gesundheit“

Mit Blick auf Schweden, wo die Fitnessstudios nach wie vor geöffnet sind, unterstreichen die beiden Experten, wie wichtig Bewegung im Kampf gegen das Coronavirus ist. „Wir sehen die Wirkung des Trainings auf die Gesundheit“, sagt Moser.

Jeden Tag bekommt das Injoy-Team Feedback von seinen Mitgliedern, die nach Tipps fragen, weil sich ihre Beschwerden – der Grund, warum viele Mitglieder dabei sind – seit dem Zwangs-Abbruch des Trainings im Studio verschlimmert haben, schildert Inhaber Belser. Teilweise mussten Blutdruckmedikamente höher dosiert oder Schmerzmittel gegen Rückenschmerzen injiziert werden.

Brief an Politiker aus der Region

Wolfgang Belser hat aufgrund der aktuellen Lage für seinen Familienbetrieb mit 40 Arbeitsplätzen einen Brandbrief verfasst und ihn an sämtliche Politiker aus der Region, darunter auch Landrat Günther-Martin Pauli und Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, verschickt. Schon der Betreff des Briefs verdeutlicht die Kernaussage: Systemrelevanz von Fitnessstudios.

Anschaulich geschildert, mit Branchenzahlen versehen und wissenschaftlich belegt tut Belser seine Meinung und Einschätzung kund. Nicht unerwähnt bleibt auch das steigende Risiko, dass Betriebe der Fitnessbranche aufgrund von finanziellen Einbußen während der Schließungen Insolvenz anmelden müssen.

Mittel gegen viele Volkskrankheiten heißt Bewegung

Unter anderem heißt es in dem Schreiben: „Die Systemrelevanz von Fitnessstudios folgt zwar nicht aus den statistisch ökonomischen Daten, sondern vielmehr aus dem essentiellen Beitrag von Fitnessstudios für die Volksgesundheit. Diese Stellung wird von der Politik unterschätzt, wenn nicht sogar übersehen.“

Bewegung und Muskeltraining haben neben der Stärkung des Immunsystems unmittelbar positiven Einfluss auf Lunge und Atemmuskulatur.

Viele, die zur Risikogruppe gehören, sind klassische Zielgruppe von Fitnessstudios

Und hier schließt sich wieder der Kreis. Das Training wirkt Volkskrankheiten wie Diabetes, Rückenschmerzen oder Übergewicht entgegen. Personen, die an eben diesen Krankheiten aufgrund von Bewegungsmangel leiden, gehören wiederum zur Risikogruppe; gerade in Zeiten der Corona-Pandemie.

„Alle diejenigen sind eigentlich unsere Zielgruppe“, sagt Andreas Moser, doch das passende, angeleitete Training im Studio ist ihnen nicht möglich. Gerade die Älteren, die die Seniorengymnastik-Kurse besuchen, seien aktuell die Leidtragenden.

Injoy-Mitarbeiter stehen mit Rat und Tat und Videos zur Seite

Die Mitglieder seien solidarisch in der aktuellen Krise, das freut Inhaber Wolfgang Belser und Studioleiter Andreas Moser gleichermaßen. Für die ausgefallene Zeit werde es Lösungen geben, beispielsweise in Form von Zeitgutschriften oder Verzehrgutscheinen.

Am 1. April hätte das Balinger Injoy das 25-jährige Bestehen gefeiert. Aus dem Fest wurde nun nichts. Vor der Schließung wurde noch groß investiert, die Arbeiten für die Renovierung und Neugestaltung haben begonnen, so dass pünktlich zum Jubiläum alles in neuem Glanz erstrahlen sollte. Auch hierfür gibt es neben weiteren laufenden Kosten finanzielle Verpflichtungen.

Die Mitarbeiter sind seit der Schließung in Kurzarbeit, Honorarkräfte wurden freigestellt. „Das sind schon harte Entscheidungen gewesen, die getroffen werden mussten“, blickt Studioleiter Moser zurück.

Nun konzentriere man sich darauf, den Mitgliedern per Live-Kurs oder Video über das Onlineportal, für das sich jedes Mitglied registrieren kann, Trainingsmöglichkeiten zuhause zu zeigen. Einige Videoclips sind auch auf den Social-Media-Kanälen abrufbar.

Auch die Ernährungsberatung wird virtuell und telefonisch weitergeführt.

Aktuell steht für das Team viel Telefonarbeit an. Man gehe dabei aktiv auf die Mitglieder zu, insbesondere auf die älteren und erkundige sich nach dem Befinden. Bei den Anrufen können Hilfestellung oder Tipps gegeben werden, außerdem kann man sich zur Situation austauschen. Auch die Einkaufshilfe für Mitglieder wird weiterhin angeboten.

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