Schömberg

Vorerst keine Coronatests in Schömbergs Kindergärten: Entsetzen und Zustimmung bei den Eltern

15.04.2021

Von Daniel Seeburger

Vorerst keine Coronatests in Schömbergs Kindergärten: Entsetzen und Zustimmung bei den Eltern

© Daniel Seeburger

Der katholische Kindergarten Arche Noah.

In den drei Kindergärten in Schömberg und Schörzingen gibt es vorerst keine freiwilligen Coronatests für die Kinder. Die Entscheidung fiel am vergangenen Montagnachmittag und stößt keineswegs auf einhellige Zustimmung bei den Eltern.

Viele Eltern seien „entsetzt, wütend, fassungslos“, dass der Bürgermeister Tests für Kinder kategorisch ablehnt, teilt uns ein Vater mit, dessen Kind eine der Schömberger Einrichtungen besucht. Gerade auch deshalb, weil die Landesregierung empfohlen hat, die Tests an Kindertagesstätten und Kindergärten deutlich auszuweiten.

Befremdet zeigt sich der Schömberger Bürger, der auch im Namen anderer Eltern spricht, von der Vorgehensweise der Stadtverwaltung um Bürgermeister Karl-Josef Sprenger.

So seien die Eltern am vergangenen Montag im Kindergarten zu einer Umfrage angehalten worden. Bis spätestens Mittwoch sollte man sich erklären. Aber bereits am Dienstag gegen 7.15 Uhr kam die schriftliche Nachricht an die Eltern, dass bereits am vergangenen Montagnachmittag eine Entscheidung getroffen worden sei.

Besprechung am Montag

Bürgermeister Karl-Josef Sprenger bestätigt die Aussage des Familienvaters. Am Montagnachmittag habe es eine Besprechung gegeben, an dem das Lehrerkollegium der Schulen und die Leitungen der Kindertageseinrichtungen in die Anwendung der so genannten Lolly-Tests eingewiesen wurden.

Ziel sei es gewesen, die verpflichtenden Testungen in den Schulen und die freiwilligen Testungen in den Kindertagesstätten in Zukunft sicher durchzuführen, so Sprenger.

Stefan Spindler von der Stadtapotheke, der seit einigen Wochen die Tests in der Alten Kinderschule in Schömberg organisiert, habe die Lehr- und Betreuungskräfte in die richtige Handhabung der Tests eingeführt, erklärt der Bürgermeister. Spindler habe von der Nutzung der so genannten Spucktests abgeraten, da sie „wohl in nicht geringer Anzahl falsch positive Ergebnisse“ hervor bringe, erklärt der Schömberger Bürgermeister.

Keine generelle Bereitschaft für die Tests

Die Lolly-Tests seien in der Anwendung aufwendiger, um zu sicheren Ergebnissen zu führen. Daher sei auch hier die Gefahr falscher Ergebnisse bei unsachgemäßer Anwendung nicht gänzlich auszuschließen, so Karl-Josef Sprenger.

Das ist die eine Seite der Medaille. Denn offensichtlich ist auch die Bereitschaft für die Tests nicht bei allen Eltern gleich groß. „Wir können keine generelle Bereitschaft feststellen, sich den Tests zu unterziehen“, führt der Schömberger Bürgermeister aus.

Insofern bleibe ein allenfalls gemindertes Risiko, corona-positive Kinder in der Einrichtung zu haben. Eine persönliche Anfrage des Bürgermeisters bei den Leiterinnen der Kindertageseinrichtungen, wie die Eltern auf den Verzicht der Testung reagierten, habe ergeben, dass die Eltern zum übergroßen Teil erleichtert seien, dass vorläufig nicht getestet wird.

Beschwerden bei der Stadtverwaltung

Eine andere Einschätzung hat der Schömberger Familienvater. Er gehe davon aus, dass mindestens die Hälfte der Eltern die Entscheidung der Schömberger Stadtverwaltung hinterfragen. Mehrere Eltern hätten sich zwischenzeitlich beim Rathaus beschwert. Ein Ergebnis der abgebrochenen Umfrage sei zudem nie öffentlich gemacht worden.

Vorerst keine Coronatests in Schömbergs Kindergärten: Entsetzen und Zustimmung bei den Eltern

© Daniel Seeburger

Der städtische Kindergarten in Schömberg.

Am vergangenen Montagnachmittag sei auch diskutiert worden, wie ein Kind auf eine positive Testung reagiere und ob mit Schuldgefühlen zu rechnen sei, so Karl-Josef Sprenger. Die weitergehende Frage sei, was ein positiver Coronatest mit einem kleinen Kind mache.

Testbereitschaft bei Erzieherinnen ist unterschiedlich

„Unter Berücksichtigung dieser Fragen wurde vorläufig entschieden, nicht zu testen, zu bedenken gilt es auch, dass es bis heute noch nicht einmal im Bereich der Erzieherinnen eine Testpflicht gibt, auch hier ist bei uns die Bereitschaft sich testen zu lassen unterschiedlich“, fasste der Bürgermeister das Ergebnis der Montagssitzung zusammen.

Vorwurf: Bürgermeister beugt sich dem Coronaleugner-Lager

Der Schömberger Familienvater kritisiert die Entscheidung massiv: Der Bürgermeister beuge sich dem Coronaleugner-Lager. „Die Teststrategie der Landesregierung wird hier nicht nur komplett missachtet, sondern sogar die Sinnhaftigkeit und Wirksamkeit verneint.“ Alle Kindergartenkinder der Stadt seien auf nicht absehbar lange Zeit ohne Testschutz. „Dies führt zu Frust und Diskussionen unter den Eltern“, so der Vater.

Bürgermeister Sprenger schiebt die Schuld von sich: „Wer Sicherheit in unseren Kindertagesstätten will, muss die Testung verpflichtend einführen, davor schreckt man jedoch in der großen Politik zurück und überlässt die Entscheidungen lieber der kommunalen Ebene.“

Tests in anderen Kommunen

Während man sich in Schömberg gegen eine Testpflicht in Kitas entschieden hat, ist es in anderen Kommunen in Baden-Württemberg schon verpflichtend. In Tübingen beispielsweise. „Kleine Kinder zu testen ist umstritten und braucht mehr Einfühlungsvermögen als bei Abiturienten. Eltern sollen die Tests deshalb am besten selbst durchführen“, erklärt Oberbürgermeister Boris Palmer dem Südwestrundfunk (SWR). Es bestehe aber auch die Möglichkeit, die Kinder in der Einrichtung testen zu lassen.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann wies vor kurzem darauf hin, dass das mutierte Virus deutlich ansteckender ist als der Wildtyp. Deshalb sei es notwendig, „dass wir in gemeinsamer Verantwortung von Land und Trägern auch an den Kitas mit regelmäßigen Schnelltest-Angeboten eine zusätzliche Sicherheitssäule für Kinder und Erzieherinnen und Erzieher bieten“.

Info Einschätzung Bürgermeister Karl-Josef Sprenger sprach in der Gemeinderatssitzung am vergangenen Mittwochabend von einem „sehr diffusen Infektionsgeschehen“ in Schömberg. Es gebe in der Gemeinde knapp 20 Infizierte.

Infektionen Diese Einschätzung des Bürgermeisters dürfte angesichts der aktuellen Zahlen überholt sein. Am Mittwoch meldete das Landratsamt sechs neue Coronainfektionen in Schömberg. Am Donnerstag kamen vier weitere Fälle dazu.

Lage Karl-Josef Sprenger ist sich dem Ernst der Lage durchaus bewusst und mahnte in der Sitzung seine Mitbürger zur Vorsicht: „Disziplin ist neben dem Impfen der einzige Weg, um in absehbarer Zeit aus dieser Tragödie herauszukommen.

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