Meßstetten/Zollernalbkreis

Vor dem Start im Kreisimpfzentrum: Gutes Konzept, engagierte Helfer und Stolpersteine

19.01.2021

Von Gudrun Stoll, Von Pascal Tonnemacher

Vor dem Start im Kreisimpfzentrum: Gutes Konzept, engagierte Helfer und Stolpersteine

© Gudrun Stoll

Die Helfer sind startbereit. Am Freitag geht’s los. Die Verantwortlichen hoffen, das so schnell wie möglich mehr Impfstoff zur Verfügung steht.

Noch hat das Kreisimpfzentrum in Meßstetten seine Arbeit nicht begonnen, da sind bereits alle Termine für die nächsten drei Wochen vergeben. Der Landrat ist nicht erfreut: Der Impfstoff ist knapp und reicht nur für 42 Leute pro Tag. Wie es mit Terminen, Anfahrt und Impfstoff weitergehen soll, erklärten die Verantwortlichen am Abend im Online-Bürgerdialog.

Die Kreisimpfzentren sollten schon vor einer Woche an den Start gehen und pro Tag im Mehrschichtbetrieb bis zu 800 Personen mit der ersten von zwei Dosen impfen. Im Kreisimpfzentrum (KIZ) in Meßstetten wird der Betrieb am Freitag, 22. Januar, starten. Der Impfstoff werde in den nächsten Tagen geliefert, informierte Kreisbrandmeister und KIZ-Leiter Stefan Hermann beim Besuchstermin für die Medien.

Zunächst gibt es nur 1170 Dosen

Das Land habe die Lieferung von 1170 Impfdosen für die kommenden zwei Wochen zugesagt - für das Impfzentrum, die beiden Mobilen Impfteams (MIT), welche die Bewohner in den Pflegeheimen impfen, und für das Klinikpersonal.

Beliefert wird der Zollernalbkreis mit dem Mittel des Mainzer Unternehmens Biontech und seines US-Partners Pfizer. Der auf einer völlig neuen Technologie basierende Impfstoff werde in speziellen Thermoboxen angeliefert, in denen die tiefgefrorenen Ampullen bei minus 70 Grad transportiert werden.

Eine Ampulle reicht für sechs Dosen

In den Impfzentren können die Behälter über einen längeren Zeitraum stabil gehalten werden. Bevor die Spritzen aufgezogen werden, wird der Impfstoff mit Kochsalzlösung verdünnt. Eine Ampulle reiche für sechs Impfdosen, gab Stefan Hermann die Eckdaten bekannt. Im Klartext heißt dies: die erste Lieferung reicht gerade einmal aus, um pro Tag 42 Leute zu impfen. Landrat Günther-Martin Pauli zeigte sich alles andere als begeistert über diesen verzögerten Start, nahm aber dennoch die Landesregierung in Stuttgart in Schutz.

Landrat nimmt Land in Schutz

Das Sozialministerum halte 50 Prozent der eh knappen Dosen zurück, um die notwendige zweite Impfung auch bei Lieferschwierigkeiten garantieren zu können.

Dabei hatten sich sowohl Pauli wie auch Stefan Hermann und das gesamte Team der ehrenamtlichen und professionellen Helfer den Start ganz anders vorgestellt. Der Meßstetter Geißbühl mag zwar nicht jedem Kreisbewohner als wohnortnaher Standort gelten.

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© Gudrun Stoll

Für den Einsatz stehen alle notwendigen Hilfsmittel bereit

Doch das ehemalige Bundeswehrareal galt nicht ohne Grund als erste Wahl für den Landkreis: Das ehemalige Wirtschaftsgebäude wird vom Bund Miet- und Nebenkostenfrei zur Verfügung gestellt, auch der größte Teil der Herrichtungskosten wird übernommen. Gemeinsam mit Messebauern und Handwerkern wurde für das einstige Wirtschaftsgebäude ein stimmiges Konzept entwickelt und umgesetzt.

Rollstühle für gehbehinderte Besucher

Wer einen Impftermin ergattert hat, kann mit dem Privatwagen fast bis zur Eingangstüre vorfahren und hat einen kurzen Weg bis zum Empfang. Das gesamte Gebäude ist barrierefrei, für gehbehinderte Besucher stehen Rollstühle zur Verfügung. Nach der Einlasskontrolle folgt die Registrierung. Im Anschluss wird den Besuchern ein kurzer Informationsfilm über Wirkung und mögliche Nebenwirkungen der Impfung gezeigt.

Bevor der Piks gesetzt wird, erfolgt ein Gespräch mit einem Arzt. Nach der Injektion müssen die Besucher noch für eine halbe Stunde im Beobachtungsbereich bleiben und können nach der Abmeldung nach Hause gehen.

Begleitperson darf mit

Das KIZ ist auch mit einer mobilen Notfallstation ausgestattet. Der geplante Aufenthalt liegt bei gut einer Stunde. Wer Betreuung benötigt, kann eine Begleitperson oder einen Dolmetscher mitbringen. Wichtig ist: Eine Impfung erfolgt nur mit Termin und nur für berechtigte Personen (Senioren 80 plus, Pflegeheimbewohner, Beschäftigte im Gesundheitswesen, Klinikpersonal).

Zweite Impfung nach 21 Tagen

Die Terminvereinbarung erfolgt telefonisch über die Telefonnummer 116 117 oder über die zentrale Anmeldeplattform impfterminservice.de. Berechtigte müssen je einen Termin für die Erst- und Zweitimpfung buchen. Die zweite Impfung erfolgt nach 21 Tagen.

Lesen Sie dazu auch: Impfen im Zollernalbkreis – Was jetzt wichtig ist

Bei der Terminvereinbarung erhält man einen 12-stelligen Code, der zu den beiden Impfterminen mitgebracht werden muss, ebenso der Personalausweis, die Gesundheitskarte und wenn möglich der Aufklärungsbogen. Infolge der großen Nachfrage ist die zentrale Hotline zum Teil überlastet. Außerdem stehen aktuell begrenzt Termine zur Verfügung. Geduld und Warten sind angesagt. Allerdings kann man auch den Suchradius erweitern: Grundsätzlich steht landesweit jedes Impfzentrum für die Bürger offen.

Personell ausreichend versorgt

Das KIZ in Meßstetten wird vom Zollernalbkreis im Auftrag des Landes betrieben. Die Betriebszeiten sind abhängig vom Impfstoff. Vorgesehen sind fünf bis sechs Tage von 10 bis 16 Uhr.

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© Gudrun Stoll

Die Besucher können fast bis zur Haustüre fahren, das Zentrum selbst ist barrierfrei.

Die Kapazität ist zunächst auf 585 Impfungen pro Woche ausgelegt, möglich sind, sofern ausreichend Impfstoff vorhanden ist, 800 Impfungen am Tag. Personell sei das KIZ ausreichend versorgt, teilt das Landratsamt mit. Bei Vollbetrieb arbeiten 40 Personen pro Schicht, was auch durch den Einsatz der Bundeswehr möglich wird. Infos: zollernalbkreis.de/kiz.

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© Landratsamt

Stefan Hermann, Kreisbrandmeister und Leiter des Amts für Bevölkerungsschutz, und Landrat Günther-Martin Pauli (rechts) stellten sich im wiedergekehrten Online-Bürgerdialog allen Fragen zum Thema Impfen.

Wenige Termine für wenig Impfstoff sorgten am Dienstag für viel Ärger: Landrat Günther-Martin Pauli und Stefan Hermann, Leiter des Impfzentrums in Meßstetten, stellten sich im Online-Bürgerdialog dem Thema Impfen. Deutlich wurde, dass sie sich trotz aller Enttäuschung mit den Gegebenheiten abfinden müssen – und lieber nach vorne blicken möchten.


Die Frage der Stunde: Wann gibt es wieder Impftermine?
Frühestens in 14 Tagen, sagt Hermann, mit der nächsten Impfstofflieferung. Realistischerweise rechne Landrat Pauli aber damit, dass Mitte Februar dank erwarteter größerer Lieferungen wieder mehr Termine zur Verfügung stehen und nicht so viele Impfwillige leer ausgehen werden.

Das Landratsamt will informieren, wenn es soweit ist. Klar ist aber auch: Jederzeit kann theoretisch ein abgesagter Termin frei werden. Wer bereits versucht hat, einen Termin zu ergattern, wird vom Terminvergabesystem nicht separat auf neue Termine hingewiesen.

Ich brauche Hilfe bei der Terminbuchung und bei der Anfahrt zum Impfzentrum. Wohin kann ich mich wenden?

Hier appelliert Stefan Hermann vor allem an die Solidarität und Mithilfe der Mitbürger. Viele Rathäuser, Vereine und kirchliche Organisationen würden bereits mit Rat und Tat zur Seite stehen – auch bei der telefonischen und digitalen Terminvergabe, die am Dienstag für einige zur Herausforderung wurde.

Wer anderen helfen will, könne eine E-Mail-Adresse auch jetzt für mehrere Terminbuchungen nutzen und in einigen Wochen für sich selbst, erläutert Hermann. Ein Zuschauer kommentierte jedoch, dass seine Handynummer nach drei Buchungen nicht mehr zugelassen werde. Warum, ist Pauli und Hermann nicht klar. „Wir haben das System nicht ausgetüftelt, haben es aber anzuwenden“, sagt der Landrat.

Dass Arztpraxen bei der Terminbuchung helfen könnten, hält Pauli für einen gute Idee, die er an die Kassenärztliche Vereinigung weitergebe. Krankenkassen würden Hermanns Informationen zufolge Anfahrtskosten im Einzelfall übernehmen, wenn der Hausarzt einen Transportschein ausfüllt und der Patient aus medizinischen Gründen nicht eigenständig mobil ist.

Zudem ist zukünftig eine Art Shuttle-Bus vom Ebinger Bahnhof bis direkt vor den Eingang des barrierefreien Impfzentrums geplant, sobald mehr Impfstoff vorrätig ist und regelmäßig mehr Patienten geimpft werden können.

Kann ich mich impfen lassen, wenn ich bereits mit dem Coronavirus infiziert war?
Vor der Impfung wird laut Hermann ein Vorgespräch mit einem Arzt geführt. Wer bereits mit dem Coronavirus infiziert war oder andere Vorerkrankungen durchgemacht hat, wird möglicherweise nicht geimpft. Das entscheide der impfende Arzt vor Ort auf dem Meßstetter Geißbühl.

Warum werden so wenige Leute in Baden-Württemberg geimpft?
Das Land hat entschieden, dass Impfdosen für die obligatorische zweite Impfung zurückzuhalten sind. Landrat Pauli unterstützt diese Entscheidung. Anders als in anderen Bundesländern sei so sichergestellt, dass Impfwillige beide Impfungen wie vorgegeben nach drei Wochen erhalten.

Das Kreisimpfzentrum habe aber noch viel Potenzial: Räumlich und personell sei sichergestellt, dass wie vorgegeben bis zu 800 Impfwillige täglich geimpft werden können.

Wann kommen die Menschen aus der nächsten Priorisierungsgruppe dran? Dazu wagt Hermann keine Prognose. Das werde vom Land bestimmt. Klar ist: Wer nicht Teil der „ersten Gruppe“ (Ü80 und Pflegekräfte) ist, soll sich noch nicht um einen Termin bemühen. Das gelte auch für die Kollegen der Feuerwehr, sagt Kreisbrandmeister Hermann. Geduld sei gefragt, meint Pauli.

Warum waren die Termine am Dienstag so schnell vergeben?
Die lokalen Verantwortlichen haben Hermann zufolge um kurz nach 8 Uhr die Termine freigegeben. „Wie schnell die Menschen in dem Callcenter, das für das ganze Land zuständig sei, das sehen, ist unklar“, sagt Hermann. „Das ging ratzfatz.“ Innerhalb weniger Minuten waren dann die Termine für drei Wochen online und telefonisch vergeben.

Wer vor 8 Uhr bei der Hotline angerufen hatte, bekam korrekterweise die Information, dass es (noch) keine Termine für Meßstetten gebe. Zum Start seien dann die Server überlastet gewesen, vermutet Hermann. Wer anschließend am späteren Morgen versucht hatte, einen Termin zu ergattern, bekam dann zumeist die Information, es gebe keine Termine mehr. Das traf vielfach auf wenig Verständnis.

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