Hechingen

Vertrauensbildung statt Protestaktionen: Kritische Worte beim Kreisbauerntag in Hechingen

26.01.2020

von Diana Maute

Vertrauensbildung statt Protestaktionen: Kritische Worte beim Kreisbauerntag in Hechingen

© Diana Maute

Groß war das Interesse am Kreisbauerntag in Hechingen am Samstag.

Am Samstag fand der 15. Bauerntag der Kreisbauernverbände Tübingen und Zollernalb in Hechingen statt. Eines der zentralen Themen der Veranstaltung: gemeinsame Lösungen in Sachen Agrarwende.

Es sind bewegte Zeiten, die die Bauern im Land derzeit durchleben. In den Debatten rund um Klimawandel, Tierwohl und Schutz für die Umwelt werden die Rufe nach der Agrarwende immer lauter. „Die Gesellschaft und ihre Ansprüche haben sich massiv gewandelt, das bekommt die Landwirtschaft mehr und mehr knallhart zu spüren“, brachte es Kreisobmann Alexander Schäfer beim Bauerntag, zu dem sich zahlreiche Landwirte sowie Vertreter aus Politik und Gesellschaft im Hechinger „Museum“ versammelten, auf den Punkt.

Die Standards, die in der Lebensmittelprodunktion gefordert seien, würden immer höher. „Wir haben das erkannt und wollen und werden unseren Beitrag dazu leisten“, betonte Schäfer. Im Gegenzug müsse aber auch ökonomische Gerechtigkeit gewährleistet sein, damit die Höfe fortbestehen und Bauernfamilien eine Zukunft haben.

Die Verbraucher sind ebenso in der Pflicht

Auch die Verbraucher nimmt der Kreisobmann in die Pflicht. Wer mehr „grüne“ Landwirtschaft fordere, müsse auch bereit sein, angemessene Preise dafür zu bezahlen und sein eigenes Kaufverhalten zu überdenken. „Haben wir im April keine Kartoffeln mehr, holen wir uns beim Discounter welche aus Ägypten.“ Klimaschutz sieht anders aus.

Nicht nur die Landwirte seien in Sachen Klima- und Umweltschutz gefordert, sondern die ganze Gesellschaft. Verzicht auf Flugreisen, auf Schottergärten oder auf neue Akkus – jeder Einzelne könne etwas leisten. „Wir Bauern haben das erkannt und werden es auch tun“, versprach Schäfer.

Bauern belastet das Volksbegehren Artenschutz

Durch das „Volksbegehren Artenschutz“ seien die Bauern im vergangenen Jahr massiv unter Druck geraten: „Die Landwirtschaft wird einseitig belastet.“ Das in der Folge entstandene Eckpunktepapier, ein Kompromiss, „wird von unserem Verband mitgetragen“, betonte Schäfer.

Die Bauern im Zollernalbkreis und dem Kreis Tübingen zeigten sich ihrer Verantwortung bewusst und setzen auf Dialog: „Lassen Sie uns gemeinsam Lösungen für Baden-Württemberg und seine Menschen suchen“, schloss Schäfer, der beim Bauerntag ein neues Projekt ankündigte: Gemeinsam mit der Kreisverwaltung will der Bauernverband im Zollernalbkreis Themenwege anlegen, auf denen Wanderern und Radfahrern die Landwirtschaft nähergebracht wird.

Bauern tragen zur regionalen Lebensqualität bei

Dass letztere in den Kreisen Tübingen und Zollernalb hohe Wertschätzung genießt, hob Landrat Günther-Martin Pauli hervor. Mit der Produktion wertvoller Lebensmittel, der Pflege der Kulturlandschaft und einem kreativen Bürgerdialog würden die Bauern sehr viel zur hohen Lebensqualität in der Region beitragen.

Dass die Landwirtschaft stark im kritischen Licht der Öffentlichkeit stehe, was Proteste und Gegenproteste erzeuge, sieht der Landrat mit Besorgnis. „Wir dürfen nicht zulassen, dass in dieser Thematik ein Keil in die Gesellschaft getrieben wird“, konstatierte er. Ziel müsse sein, wieder „Maß und Mitte“ zu finden und sich im Dialog anzunähern.

„Solche Protestaktionen sind der Landwirtschaft nicht dienlich“

„Schlagen Sie einen anderen Weg ein“, appellierte der Landtagsabgeordnete Karl-Wilhelm Röhm (CDU) angesichts der Proteste der Bauern, die mit ihren Traktoren in die Landeshauptstadt zogen. Solche Aktionen seien der Landwirtschaft nicht dienlich. Vielmehr sollte auf Nähe und Regionalität gesetzt werden, um das Vertrauen der Verbraucher zurückzugewinnen.

Der Tübinger Bundestagsabgeordnete Chris Kühn (Grüne) betonte, dass ein Weg hin zu einer verlässlichen Zukunftsperspektive mit naturnaher Landwirtschaft nur gemeinsam gefunden werden könne. Auf Innovation, Investitionen und Forschung setzt Rudi Fischer, Landtagsabgeordneter der FDP.

Ulrich Steimle bleibt stellvertretender Kreisobmann

Einblick in die Geschäftszahlen der beiden 1325 Mitglieder starken Kreisbauernverbände gewährte Geschäftsführer Martin Zaiser, der zudem an die vielfältigen Aktivitäten des vergangenen Jahres erinnerte. Einstimmig in seinem Amt als stellvertretender Kreisobmann bestätigt wurde Ulrich Steimle aus Dormettingen.

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