Versuchter Mord: Das Landgericht beleuchtet die finanziellen Betrügereien des Angeklagten

Von Melanie Steitz

Der Prozess um den versuchten Mord, der vor zehn Jahren in Bisingen geschah, wurde am Montag fortgesetzt. Allein bei seiner Ex-Freundin hat sich der Angeklagte rund 5800 Euro ergaunert. Zudem nahm er einen fünfstelligen Kredit auf und schloss einen Leasing-Vertrag für einen Jaguar ab.

Versuchter Mord: Das Landgericht beleuchtet die finanziellen Betrügereien des Angeklagten

Nicht nur einen fünfstelligen Kredit nahm der Angeklagte auf, er schloss auch einen Leasing-Vertrag für einen Jaguar ab. (Symbolfoto)

Vieles bestreitet der junge Mann auch nicht. Auch nicht den Betrug seiner Freundin. Sein Verteidiger und ihr Anwalt haben sich bereits in einem separaten Verfahren des Landgerichts Hechingen bei einem Vergleich geeinigt. Demnach muss der Angeklagte der Betrogenen den Betrag bis 2020 zurückzahlen. Persönlich entschuldigt hat er sich bis heute nicht.

Mehrfacher Betrug und Urkundenfälschung

Auch nicht am Montag im Gerichtssaal bei der Fortsetzung des Gesamtverfahrens wegen versuchten Mordes mit gefährlicher Körperverletzung, Betrug in zwei Fällen, Computerbetrug in acht Fällen und Urkundenfälschung. Schwerpunkt war diesmal, wie der Angeklagte betrog, und nicht der Vorfall vom 21. November 2009 in Bisingen (wir berichteten).

Angeklagter fälscht Kontoauszug

Bis Januar 2018 lebte er mit seiner Partnerin in einer Wohnung. In dieser Zeit griff der Angeklagte ohne ihre Erlaubnis auf deren EC-Karten des Spar- und Girokontos zurück. Die Passwörter musste er bei gemeinsamen Bankbesuchen mitbekommen haben. Zwischen dem 2. September und 30. Dezember 2017 hob der Mann Beträge ab. Damit ihm seine Partnerin nicht auf die Schliche kam, ließ er sie in dem Glauben, ihr Sparkonto wachse weiterhin an. Daher fälschte der Angeschuldigte den Kontoauszug.

Früher auf die Schliche kommen

Das Original, das mit der Post ankam, fing der Angeklagte vorher ab und verwendete es als Vorlage. Die Täuschung warf er in den gemeinsamen Briefkasten, wo sie seine Partnerin fand und zu ihren Unterlagen legte.

Eigentlich hätte ihm die junge Frau schon viel früher auf die Schliche kommen können. „Er hat weit über seine finanziellen Verhältnisse gelebt“, schilderte eine Zeugin.

Lügenmärchen aufgetischt

Einen Jaguar habe er auch gefahren, so die Hauptkommissarin. Auch die Freundin bemerkte den großzügigen Lebenswandel im letzten Jahr ihrer Beziehung. So lud er zum Beispiel Freunde zum Essen ein. Aber da ihr der Angeklagte Lügenmärchen auftischte, zum Beispiel, was seine berufliche Situation (er sei Geschäftsführer), hinterfragte sie dies nicht weiter.

Raten für Luxusauto nicht bezahlt

Was seine Partnerin damals nicht wusste, war, dass der Angeklagte Mitte März 2017 ein Bankdarlehen aufnahm und die monatlichen Raten beim Jaguar-Autohändler nicht bezahlte. Tatsächlich hatte der Hochstapler auch seine Lohnnachweise für den Vertragsabschluss gefälscht und war schon gar nicht mehr bei seinem Arbeitgeber, der ihn wegen interner Krankheitsfälle punktuell einstellte, tätig.

Freundin zu gutgläubig

Selbst, als die junge Frau den damaligen Freund zur Rede stellte, weil dieser ohne ungefragt kurzzeitig im Besitz ihrer EC-Karte war, schöpfte sie keinen Verdacht, denn: „Er hat für alles eine gute Ausrede gehabt.“ Erst, als sie nach der Trennung von dem vermeintlich „angesparten“ Geld, Möbel anschaffen wollte und das Konto dies nicht hergab, kam sie darauf, dass er sie um ihr Erspartes betrogen hatte.

Wird ein Augenarzt vorgeladen?

Der Verteidiger betonte, sein Mandant stimme der Anklage in den Punkten zwei bis zwölf, was diese Kontoabhebungen anbelangt, zu. Nur die Schadenshöhe hielt der Verteidiger für „diskussionswürdig“. Gemeinsam mit seinem Mandanten entbanden sie den Augenarzt von dessen Schweigepflicht. Dieser behandelte den Angeklagten nach dem 21. November 2009 wegen Kontaktlinsen. Wird der Arzt beim Gerichtsprozess vorgeladen, könnte das dem Angeklagten helfen. Eine weitere Ex-Freundin, die Jugendliebe des Angeklagten (wir berichteten), sagte bei ihrer erneuten Vorladung, der Angeklagte habe damals nach dem Vorfall „eine Verletzung neben dem Auge“ gehabt und ihr erzählt, das sei ihm mit seinem Papa passiert. Seiner nächsten Exfreundin teilte er über seine Narbe am Kinn mit, er sei auf dem Heimweg überfallen und zusammengeschlagen worden.

„Es ist ja niemand gestorben“

Was die Kriminalhauptkommissarin als Zeugin hervorhob, war, dass der Angeklagte vom Auto-Betrug „völlig unberührt“ war, als er ihr die Schlüssel für den Jaguar aushändigen musste. Sie wies ihn auf das Ausmaß seiner Taten hin und er habe nur gelacht und gesagt, „es sei ja niemand gestorben“.

Für Jugendstrafrecht plädiert

Der Sachverständige der Jugendgerichtshilfe, der den Angeklagten nur durch den Prozess kennengelernt hat, plädierte für das Jugendstrafrecht, sollte es zu einer Verurteilung wegen versuchten Mordes kommen. Zwar war der Mann seit zwei Wochen schon 18 Jahre alt, entwickelte sich aber mit Verzögerungen.