„Verdamp lang‘ her“, aber immer noch verdammt gut: BAP rockt den Balinger Marktplatz

Von Rosalinde Conzelmann

Am zweiten Tag des Balinger Marktplatz-Open-Airs, das der ZOLLERN-ALB-KURIER präsentiert, zauberte die Kölner Kultband BAP mit ihrem Frontmann Wolfgang Niedecken Festivalfeeling auf den Marktplatz. In der dreistündigen Show mit zwei Zugabeblöcken hat BAP gezeigt, wie sehr die Band die Liveauftritte vermisst hat. Das schwäbische Balingen hat mit den Kölsche Jungs gesungen, geklatscht und getanzt.

„Verdamp lang‘ her“, aber immer noch verdammt gut: BAP rockt den Balinger Marktplatz

Wolfgang Niedecken ist seit 40 Jahren im Geschäft. Das hat ihn jung gehalten.

Er ist politisch, er ist poetisch, er findet leise, berührende Töne und rockt die Menge: Wolfgang Niedecken, Frontmann der Kölner Kultband BAP. Auch nach zweijähriger Coronapause oder vielleicht gerade deswegen sind Niedecken und sein Band präsenter denn je, ihre Spielfreude spürbar und die Show mitreißend.

Es ist ein makelloser Festivalabend in der lauen Sommernacht mit fröhlichen Menschen und einem perfekten Sound. „Du kanns zaubere“ hat BAP im Jahr 1982 gesungen.

Zaubern können die Profimusiker mit Sängerin Anne de Wolff noch immer: Auch nach 40 Jahren im harten Showgeschäft haben die Kölsche Jungs nichts von ihrer Faszination verloren.

Nicht nur Niedecken ist älter geworden, auch das Publikum, das die aufgestellten Stühle auf dem Marktplatz dankbar annimmt. Der junggebliebene 71-Jährige tritt lässig in schwarzer Jeans, blauem Hemd mit Schlapphut und Sonnenbrille auf die Bühne, fackelt nicht lange und kommt gleich zur Sache.

Niedecken schwärmt von der schönen Location

Nach drei Liedern wird er lockerer, begrüßt Balingen und verrät, dass er schöne Erinnerungen an die beiden Festivals hat: „Ich stand hinter Bob Dylan am Salatbuffet.“ Die Festivals seien der Hammer gewesen und der Marktplatz eine tolle Location.

Er arrangiert mit seinen Profimusikern eine Reise in die 40-jährige BAP-Geschichte, bei der „Kristallnacht“ ebenso wenig fehlt wie „Müsli-Man“. BAP hat noch immer eine Botschaft, ist politisch, fordert seine rund 1000 Zuhörer und Zuhörerinnen zum Nachdenken, zum Hinterfragen und auch zum Rebellieren auf. Da spielt es keine Rolle, dass nicht jeder die Texte verstehen kann.

Die vielen BAP-Fans kennen die Texte in- und auswendig und singen mit, sei es bei „Alexandra“, bei „Wellenreiter“ oder dem wunderschönen Liebeslied „Jraaduss“, bei dem sich die Paare aneinanderschmiegen. Niedecken erzählt, wie er den Trennungsschmerz von seinen Kindern, das Abnabeln von seiner jüngsten Tochter im Song Josephine verarbeitet hat und, dass er die Angst und die Wut über Donald Trumps Amtszeit in das Lied „Ruhe vor dem Sturm“ gepackt hat. Das Lied, das er als Kristallnacht 2.0 bezeichnet, wühlt auf.

Er erinnert in einem weiteren Song an die Fußballlegende Uwe Seeler, „der heute im Alter von 85 Jahren gestorben ist.“ „Uns Uwe“ hätte sich gefreut über diese Würdigung seines sportlichen Lebenswerkes.

Nach zwei Stunden verabschiedet sich BAP, lässt sich aber nach den Zugabe-Rufen nicht lange bitten und haut nochmals in die Tasten. Die Sonne ist längst hinter dem Balinger Kirchturm verschwunden, als tausende Stimmen sich zur BAP-Hymne „Verdamp lang’ her“ vereinen. Und die Band setzt noch eins drauf, lässt sich ein zweites Mal zur Zugabe bitten, um nach drei Stunden endgültig Abschied von Balingen zu nehmen.