Zollernalbkreis

Veranstalten oder absagen: So gehen die Städte und Gemeinden mit dem Coronavirus um

06.03.2020

von Redaktion

Veranstalten oder absagen: So gehen die Städte und Gemeinden mit dem Coronavirus um

© H_Ko - stock.adobe.com

Das Corona-Virus hat die Region erreicht – und zwingt die Rathausverantwortlichen zum Handeln.

Das Gesundheitsamt empfiehlt, Veranstaltungen mit mehr als 75 Personen zu meiden, oder gar abzusagen. Auf den Rathäusern geht man ganz unterschiedlich mit der Situation um.

Aufgrund der derzeitigen Infektionslage mit dem Coronavirus empfiehlt das Gesundheitsamt des Zollernalbkreises gemeinsam mit dem Landratsamt größere Veranstaltungen – insbesondere in geschlossenen Räumen – zunächst abzusagen. Hierunter fallen Veranstaltungen mit mehr als 75 Teilnehmenden.

Sondersitzung mit den Bürgermeistern

Bereits am Donnerstagabend fand eine Sondersitzung mit den Bürgermeistern der 25 Städte und Gemeinden im Zollernalbkreis im Landratsamt statt.

Landrat Günther-Martin Pauli, Gesundheitsdezernentin Dr. Gabriele Wagner, Dr. Gerhard Hinger, Vorsitzender Geschäftsführer des Zollernalb Klinikums und Heiko Lebherz, Kreisverbandsvorsitzender des DRK berichteten über die aktuelle Situation und Entwicklungen im Kreis.

Mittelweg zwischen Panikmache und Bagatellisierungen

„Wir erleben alle eine Herausforderung, wie wir sie noch nie im medizinischen Bereich hatten“, so Landrat Pauli. „Gefährlich sind unnötige Panikmache ebenso wie Bagatellisierungen. Wir suchen gemeinsam den gesunden Mittelweg“, so Pauli weiter.

Die Situation im Zollernalbkreis sei nun deutlich zugespitzter als in umliegenden Landkreisen, teilt das Landratsamt mit. Bis dato sind elf mit Corona-Infizierte gemeldet.

Bei den Erkrankten handele es sich um Mitglieder derselben Reisegruppe, die in Südtirol war. Davon befinden sich derzeit zehn in häuslicher Absonderung. Ein Patient wird im Klinikum behandelt.

Zustand der Infizierten ist stabil

Der Gesundheitszustand der Infizierten ist stabil. Das Gesundheitsamt hat die jeweiligen Kontaktpersonen ermittelt und informiert. Sie befinden sich ebenfalls in häuslicher Absonderung. „Das Verhalten der Betroffenen ist sehr kooperativ und vorbildlich“, so Dezernentin Dr. Wagner.

Thema des konstruktiven Austausches war ebenfalls die Empfehlung des Gesundheitsamtes, aufgrund der derzeitigen Infektionslage größere Veranstaltungen zunächst in den nächsten 14 Tagen abzusagen. Hierunter fallen insbesondere Veranstaltungen mit mehr als 75 Teilnehmenden.

Bürgertelefon eingerichtet

In Zweifelsfällen ist die Entscheidung abhängig vom Teilnehmerkreis (Alter der Teilnehmenden, Mitglieder von medizinischen Bereichen und Rettungsdiensten, mögliche spätere Identifizierbarkeit) zu treffen. „Dies dient als Vorsichtsmaßnahme. Wir werden die weitere Ausbreitung möglicherweise nicht verhindern, aber sehr wohl abbremsen können“, so Pauli.

Das Landratsamt hat jetzt ein Bürgertelefon eingerichtet unter 07433/92-1111. Dieses ist wochentags von 9 bis 16 Uhr und am Wochenende zwischen 10 und 15 Uhr zu erreichen. Weitere Hotlines: Landesgesundheitsamt 0711/904-39555 oder Bundesministerium für Gesundheit 030/346465100.

Albstadt hält sich an Empfehlung des Gesundheitsamts

Die Stadtverwaltung Albstadt nimmt diese Empfehlung auf und wird eigene Veranstaltungen, die von der Stadt beziehungsweise in Kooperation mit der Stadt durchgeführt werden, rein vorsorglich absagen.

Dies gelte zunächst für den Zeitraum bis einschließlich Sonntag, 22. März. Davon betroffen sind nachfolgend genannte Veranstaltungen:

  • 8. März: Internationaler Frauentag im Stauffenberg-Schloss Lautlingen
  • 12. März: Die Damen vom Dohlengässle im Thalia-Theater
  • 15. März: Der Besuch der alten Dame im Thalia-Theater
  • 21. März: Bernd Kohlhepp-Hämmerle TV im Thalia-Theater.

Tickets können zurückgegeben werden

Tickets für diese Veranstaltungen können bei der Vorverkaufsstelle, bei der sie bezahlt wurden, zurückgegeben werden. Der Ticketpreis wird zurückerstattet.

„Das Problem ist, dass man bei vielen Veranstaltungen im Falle eines Falles den Infektionsweg nicht nachverfolgen könnte“, erklärt Albstadts OB Klaus Konzelmann, „weil man nicht nachvollziehen kann, wer auf welchem Platz gesessen ist.“ Für Veranstaltungen, die im Freien stattfinden, wie etwa der für Ende März geplante verkaufsoffene Sonntag in Albstadt, sieht OB Konzelmann kein Problem.

Für das Sinfoniekonzert des Ebinger Kammerorchesters am 14. März sowie Crossover in der Martinskirche am 15. März liegen noch keine Informationen darüber vor, ob die Veranstaltungen stattfinden werden oder nicht. Informationen dazu werden voraussichtlich kommende Woche bekanntgegeben.

Nichtstädtische Veranstalter entscheiden selbst

Allen nichtstädtischen Veranstaltern und Veranstaltungsverantwortlichen wird diese Empfehlung des Gesundheitsamtes mit dem Hinweis weitergereicht, selbst eine Entscheidung herbeizuführen, ob sie dieser Empfehlung nachfolgen werden.

In Zweifelsfällen ist die Entscheidung vom Veranstalter laut Gesundheitsamt abhängig vom Teilnehmerkreis (Alter der Teilnehmenden, Mitglieder kritischer Infrastrukturen, Einzugsgebiet) zu treffen.

Kostenfreie Stornierung für Vereine

Die Stadt hat alle örtlichen Vereine über die Verfahrensweise per E-Mail beziehungsweise auf dem Postweg informiert. Diese Mitteilung ist auch auf der Website der Stadt Albstadt und auf Facebook eingestellt.

Vereine und Veranstalter, die bis zum 22. März eine Veranstaltung gebucht haben und diese aus den gegebenen Gründen nicht durchführen, sollen sich bitte mit der Vergabestelle in Verbindung setzen, um die gebuchten Räumlichkeiten kostenfrei stornieren zu können.

Balingen sieht keinen Grund für behördliche Absagen

Für alle Veranstaltungen, die an diesem Wochenende oder in den nächsten Wochen anstehen, gibt die Stadt Balingen die Empfehlung des Gesundheitsamtes weiter, Veranstaltungen mit einem größeren Personenaufkommen entweder abzusagen oder zu verschieben.

Derzeit bestehe aber keine Rechtsgrundlage zur behördlichen Absage von Veranstaltungen. Insoweit liege es im Verantwortungsbereich des jeweiligen Veranstalters, ob Veranstaltungen wie geplant durchgeführt werden oder abgesagt beziehungsweise verschoben werden. Die Infizierten hätten alle derselben Reisegruppe angehört, „das konnten wir genau abgrenzen“, so Reitemann. Daher seien gewisse Vorsichtsmaßnahmen sicher wichtig, „Panik wollen wir aber nicht verbreiten.“

In Abstimmung mit dem Gesundheitsamt werde die für Freitagabend geplante Premiere der Stadthallen-Eigenproduktion „Orpheus in der Unterwelt“ sowie die weiteren Vorstellungen am 8. und 10. März stattfinden.

Besucher erhalten Zettel für Rückverfolgung der Ansteckung

Alle Besucher der Veranstaltungen erhalten aber am Eingang einen Zettel ausgehändigt, auf dem sie Name, Anschrift, Telefonnummer und die Sitzplatznummer angeben können, sofern sie dies aus Datenschutzgründen machen möchten.

Auf der Rückseite des Zettels ist die Begründung für diese Maßnahme aufgeführt. Sollten sich bei den Besuchern der Veranstaltung im Nachhinein Symptome des Coronavirus zeigen, können diejenigen Personen ermittelt werden, die in unmittelbarer Nähe ihren Sitzplatz hatten. „Wir stellen Desinfektionsspender auf und weisen auf die Hygienemaßnahmen hin“, so Oberbürgermeister Helmut Reitemann.

Keine Rückerstattung in Balingen

Dadurch werde eine umgehende Information an die Betreffenden ermöglicht, teilt die Stadt Balingen in ihrer Pressemitteilung mit.

In diesem Zusammenhang wird auch darauf hingewiesen, dass keine Erstattung des Eintrittspreises vorgesehen ist, sofern Besucher aus eigener Entscheidung nicht an der Veranstaltung teilnehmen möchten.

Meßstetten geht auf Nummer sicher – sieht aber keinen Grund zur Panik

„Für die Stadtverwaltung und mich persönlich hat der Schutz der Gesundheit unserer Bürgerinnen und Bürger absolute Priorität“, sagt Meßstettens Bürgermeister Frank Schroft.

Deshalb sei es wichtig, dass in der aktuellen Phase die Verbreitung des Virus nach besten Möglichkeiten eingedämmt wird. Momentan bestehe kein Anlass zur Panik, doch sind gegenwärtig auch keine belastbaren Prognosen möglich, wie sich die Ausbreitung des Virus weiter entwickeln wird.

„Die aktuelle Entwicklung hat mich veranlasst, die anstehenden Abteilungsversammlungen sowie die Übungsdienste der Freiwilligen Feuerwehren in der Gesamtstadt für die nächsten zwei Wochen auszusetzen“, erklärt Meßstettens Bürgermeister Frank Schroft am Freitag in einer Pressemitteilung.

Dabei handele es sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme, da die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren als „Mitglieder kritischer Infrastrukturen“ einzustufen sind. „Unser Augenmerk muss darauf gerichtet sein, die jeweilige Einsatzbereitschaft im Ernstfall zu gewährleisten.“

Aktionsplan ausgearbeitet

Diese wäre nach den derzeitigen Quarantäne-Vorschriften im Falle des Auftretens eines positiv getesteten Falles in einer Abteilungswehr nach einer gemeinsamen Zusammenkunft nicht mehr gegeben.

Auf die Empfehlung des Gesundheitsamts hin, in den nächsten 14 Tagen von Veranstaltungen mit mehr als 75 Teilnehmenden abzusehen, hat die Verwaltung einen Aktionsplan ausgearbeitet. Darin hat sie sich intensiv mit einer ausgewogenen Handhabung im Umgang mit der Durchführung von Vereinsveranstaltungen bis zum 22. März auseinandergesetzt.

Nach Ablauf der nächsten zwei Wochen soll die Situation weiter analysiert werden, um entsprechend handeln und entscheiden zu können.

Meßstetten unterscheidet nach vier Fallgruppen

Aktuell unterscheidet die Stadtverwaltung bei den Veranstaltungen nach vier Fallgruppen:

Fallgruppe 1: Veranstaltungen von Organisationen kritischer Infrastrukturen (Freiwillige Feuerwehren und DRK)

  • Absage von Veranstaltungen, Übungsdiensten, Gesamtausschusssitzungen der Freiwilligen Feuerwehren durch Anordnung des Bürgermeisters.
  • Aktuell betroffen: Hauptversammlung der Freiwilligen Feuerwehr, Abt. Heinstetten am 7. März, Gesamtausschusssitzung der Gesamtwehr Meßstetten am 11. März sowie diverse Übungsdienste.
  • Nicht darunter fallen: Übungen der Lösch-Kids und der Jugendfeuerwehr sowie Kurse der Grundausbildung.
  • Empfehlung an die Mitglieder von sonstigen kritischen Infrastrukturen wie bspw. DRK etc., ihre jeweiligen Veranstaltungen unabhängig von der Teilnehmerzahl 75 abzusagen.
  • Aktuell betroffen: Jahreshauptversammlungen des DRK Meßstetten und des DRK Obernheim-Oberdigisheim am 07. März

Fallgruppe 2: Veranstaltungen in städtischen Einrichtungen mit Publikumsverkehr (bspw. Turn- und Festhalle, Heuberghalle, etc.)

  • Absage bei einer zu erwartenden Teilnehmerzahl von über 75.
  • Aktuell betroffen: Mitgliederversammlung der Jägervereinigung Zollernalbkreis e.V. in der Turn- und Festhalle Meßstetten am 21.03.2020, diverse Handballspiele sowie das Kurt-Schütze-Gedächtnisturnier (Faustball) des TSV Meßstetten am 15.03.2020.
  • Alternativ: Durchführung der Veranstaltungen (bspw. Handballspiele) unter Ausschluss der Öffentlichkeit, um den Spielplan nicht zu beeinträchtigen.
  • Nicht darunter fallen: Private Feierlichkeiten wie bspw. Hochzeiten, Geburtstage, etc.

Fallgruppe 3: Veranstaltungen in sonstigen öffentlichen Einrichtungen (bspw. Kirchen, etc.)

  • Übermittlung der Empfehlung des Gesundheitsamtes durch die Stadt an die Entscheidungsträger als reine Empfehlung.
  • Abschließende Entscheidung verbleibt bei den Veranstaltern bzw. Hausherrn.
  • Aktuell betroffen: Benefizkonzert des Musikvereins Meßstetten zu Gunsten des Kindergartens „Arche Kunterbunt“ in der Evangelischen Lamprechtskirche Meßstetten am 8. März sowie das Benefizkonzert des Fördervereins „Zukunft für Kinder in Afrika“ Stetten a.k.M. in der St.-Agatha-Kirche in Heinstetten am 8.März.

Fallgruppe 4: Sonstige Veranstaltungen der Vereine mit eingeschränktem Personenkreis (bspw. Jahreshauptversammlungen, etc.)

  • Übermittlung der Empfehlung des Gesundheitsamtes durch die Stadt an die Entscheidungsträger als reine Empfehlung.
  • Abschließende Entscheidung verbleibt bei den Vereinen.
  • Aktuell betroffen: diverse Jahreshaupt- bzw. Mitgliederversammlungen.
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