Überfall-Prozess: Aufgrund dünner Beweislage hebt Hechinger Amtsrichterin vier Haftbefehle auf

Von Matthias Badura

Vier Männer sollen im Herbst 2019 einen Mann im Hechinger Fürstengarten überfallen und ausgeraubt haben.

Überfall-Prozess: Aufgrund dünner Beweislage hebt Hechinger Amtsrichterin vier Haftbefehle auf

Den vier Angeklagten wurden die Fesseln abgenommen. Sie sind frei, vorbehaltlich, denn der Prozess wegen eines gemeinschaftlichen Raubes im Fürstengarten ist noch nicht abgeschlossen.

Vier Männer, die im Verdacht stehen, am 22. September vergangenen Jahres im Hechinger Fürstengarten einen 50-Jährigen beraubt zu haben, sind seit Dienstag wieder auf freiem Fuß. Der Prozess gegen sie ist noch nicht abgeschlossen, doch die Zeichen stehen aufgrund der jetzigen Beweislage für die vier günstig, dass man sie am Schluss freispricht. Daher hob die Vorsitzende Richterin am Amtsgericht, Dr. Karin Laub, die Haftbefehle am Ende des ersten Verhandlungstages auf und entließ sie aus der Untersuchungshaft.

Staatsanwalt von Raub überzeugt

Dagegen zeigt sich Staatsanwalt Philipp Wissmann weiterhin überzeugt, dass die vier den Raub begangen haben. Doch das Fundament seiner Anklage hatte zunehmend an Härte verloren. Vor allem wohl dadurch, dass die entscheidende Aussage eines der vier Angeklagten wegen eines möglichen Formfehlers eventuell nicht verwendet werden darf.

Nicht alles hieb- und stichfest

Zudem wirkten auch die Schilderungen des Raubopfers nicht alle hieb- und stichfest. Und als der 50-Jährige im Verlauf der Verhandlung erklärte, er leide unter psychisch-seelischen Problemen, eröffnete er damit eine Flanke für Fragen der Rechtsanwälte, die seine Glaubwürdigkeit in Zweifel zogen.

Kontaktfreudiger Typ

Laut seiner eigenen Darstellung hielt sich der 50-Jährige, ein freischaffender Kunstmaler aus Konstanz, am 22. September beruflich in Hechingen auf. Er wollte in der Dämmerung zu Fuß in sein Hotel, als er an der Bushaltestelle auf dem Obertorplatz mehreren jungen Männern begegnete. „Ich bin ein kontaktfreudiger Typ, da wollte ich Hallo sagen.“

Mehrere Bier und Viertele intus

Er sei zu dem Zeitpunkt schon einigermaßen angetrunken gewesen, habe den Tag über mehrere Bier und Viertele getrunken und nun habe ihm einer aus der Gruppe eine weitere Dose Bier angeboten, so erzählte der Mann. Die Unterhaltung sei fröhlich gewesen – obwohl man sich kaum verstand, denn bei den Männern im Alter zwischen 20 und 33 Jahren handelt es sich um rumänische Staatsbürger, die nur wenig Deutsch verstehen.

Plötzlich dann der Überfall

Dann habe einer ihn aufgefordert, mit ihm zu kommen, er habe noch ein weiteres Bier auf Lager! Der Weg führte in einen abgelegenen Teil des Fürstengartens, wo sich urplötzlich der Überfall ereignet haben soll. „Von hinten“, wie der 50-Jährige erzählte. „Wie viele es genau waren, kann ich nicht sagen, vielleicht sieben.“ Die Übermacht habe ihn zu Fall gebracht, jemand habe sich auf ihn gesetzt, man habe ihm den Mund zugehalten und dann seine Gürteltasche abgerissen. „Es war der Horror. Ich habe fest damit gerechnet, die bringen mich jetzt um, gleich bin ich auf der anderen Seite.“ Angst und Erregung waren dem Geschädigten am Dienstag noch immer anzumerken. „Ich denke jeden Tag daran, das steckt einem tief in den Knochen“, meinte er auf Nachfragen der Richterin.

Tat war vorher abgesprochen

Als die Tasche losgerissen war, hätten die Täter sofort von ihm abgelassen und seien mit der Beute – darunter ein Ausweis, ein paar Quittungen und 50 Euro – abgehauen. Der 50-Jährige zeigte sich vor Gericht felsenfest überzeugt, der Überfall sei zwischen den Beteiligten vorab auf dem Obertorplatz abgesprochen worden. „Das wurde mir unmittelbar klar.“ Nicht ganz klar wurde, warum er dem anderen überhaupt in den dunklen Fürstengarten folgte. Nur wegen eines Bieres? Oder spielten sexuelle Motive eine Rolle? „Um Gottes Willen. Nein!“, verwehrte sich der Geschädigte gegen diese Frage des Staatsanwaltes.

Raub zugegeben, aber nicht geplant

Die Schilderung deckte sich indes nicht ganz mit dem, was einer der vier Angeklagten seinerzeit bei der Polizei berichtet hatte. Er und die drei anderen waren unmittelbar nach dem Vorfall in einer Hechinger „Kneipe“ aufgegriffen, verhaftet und vernommen worden. Damals soll der 33-Jährige den Raub bestätigt haben, allerdings mit der Einschränkung, die Sache sei nicht geplant gewesen und er selbst habe nichts damit zu tun. Es stimme, er sei mit dem 50-Jährigen im Fürstengarten unterwegs gewesen. Seine drei Mitangeklagten – er wohnte damals mit ihnen in einem Quartier auf dem Obertorplatz – hätten ohne sein Wissen und Zutun zugeschlagen.

Formfehler bei der Polizei

Nun kann diese Aussage, wie erwähnt, womöglich wegen eines Formfehlers, der bei der Vernehmung bei der Polizei unterlaufen sein soll, nicht mehr gerichtlich verwendet werden. Und weitere Angaben, die sie belasten könnten, machten die Angeklagten nicht. Vor Gericht schwiegen gestern alle vier und ließen ihre Verteidiger an ihrer Stelle für sich sprechen.

Staatsanwalt Wissmann indessen beharrt darauf, die Aussage sei gültig und verwertbar.

Weiter geht‘s in zwei Wochen

Die Verhandlung vor dem Amtsgericht Hechingen wird am Donnerstag, 13. Februar, fortgesetzt. Beginn ist um 9 Uhr.