Turmbau zu Balingen: Räte sehen ein drohendes Müllproblem in der Sitzskulptur

Von Nicole Leukhardt

Das einzige, was vom Rappenturm, jenem Teil der historischen Balinger Befestigungsanlage, noch übrig ist, ist bisher unsichtbar im Boden verborgen. Doch das soll sich ändern: Eine „introvertierte Sitzskulptur“ soll als Reminiszenz an den Turm entstehen. Die Räte waren von der Ausführung jedoch nicht alle begeistert.

Turmbau zu Balingen: Räte sehen ein drohendes Müllproblem in der Sitzskulptur

Zugegeben, die malerischste Ecke von Balingen ist der ehemalige Rappenturm (von dem man ohnehin nichts mehr sieht) nicht. Soll's aber werden, gemäß den Plänen des Balinger Hochbauamts.

Grundsätzlich hört sich die Idee der Architekten des beauftragten Büros Lohrer-Hochrein charmant an: Wo einst der Rappenturm in die Höhe ragte, soll man sich in Zukunft gemütlich niederlassen können. Ein rundes Element, das zu zwei Dritteln geschlossen ist und sich nach oben verjüngt, soll mit einer Nische auf der Außenseite einen Rückzugsort im neuen, grünen Gartenzimmer der Stadt bilden. „Dabei soll ein Strandkorbgefühl entstehen“, beschrieb Hochbauamts-Leiter Frieder Theurer den Räten das Bauwerk in der jüngsten Gemeinderatssitzung am Dienstag. Eine Linde, die aus der Mitte der Skulptur wächst, soll die Höhe des Turms darstellen.

Turm oder Toilette?

„Der Blick des Besuchers geht dabei in Richtung des Naturraums Steinach“, heißt es in der Vorlage. Doch der Blick einiger Räte ging am Dienstag eher hinein in das geöffnete Rund, gedanklich jedenfalls. „Es ist sicher schön, dass man an dem historischen Standort des alten Rappenturms später einmal sitzen kann“, begann FDP-Rätin Dr. Ingrid Helber.

Ihre Sorge jedoch: Was als ruhiger Ort geplant ist, könnte unversehens zum stillen Örtchen werden. „Das hohe Halbrund schafft einen uneinsehbaren Raum, der leicht zu einem illegalen Pissoir, zu einem Hundeklo oder zu einem Ort der Verschmutzung und Vermüllung werden könnte“, so ihre Bedenken. Ob ein Gitter auf der offenen Seite Abhilfe schaffen könnte? Oder ob eine Abdeckung oder gar eine über eine Treppe erreichbare zweite Plattform statt des Baums oben möglich wäre?

„Das Element braucht Kraft“

„Dann geht aber ein Teil der Idee verloren“, gab Hochbauamtschef Theurer zurück. Denn die Architekten hätten vor allem mit der Linde im Innern nur die Dimension eines Turms darstellen wollen, „wir möchten die Erinnerung an den Turm entstehen lassen, keinen eigentlichen Turm“, so Theurer. Und niedriger zu bauen sei auch keine Lösung: „Das Element braucht als Solitär Kraft, sonst wirkt es nicht.“

Die Gitterlösung vor dem offenen Drittel, die ein Eintreten in die Skulptur verhindern würde, fand letztlich auch nicht den Gefallen des Amtsleiters. „Es ist eine Überlegung wert, aber vielleicht sollten wir es darauf ankommen lassen, vielleicht entwickelt sich die Situation dort ja auch ganz anders.“ Er zumindest wage zu bezweifeln, dass aus der Sitzskulptur ein wildes Klo werden könnte.

Erstmal bauen, später bei Bedarf nachbessern

Unterstützung für dieses Vorgehen bekam er von CDU-Sprecher Klaus Hahn. „Wir sind dafür, den Vorschlag der Verwaltung so wie er ist weiter zu verfolgen. Mit einem Gitter nachbessern kann man immer noch, das hat Zeit.“

„Man könnte unsere Bedenken aber auch gleich im Vorfeld an die Architekten herantragen, vielleicht haben die ja eine gute Idee?“, regte FDP-Sprecher Dr. Dietmar Foth an. Denn grundsätzlich stimme er seiner Fraktionskollegin Dr. Helber zu, „das Müllproblem sehe ich da schon auch, das geöffnete aber nicht einsehbare Rund könnte schon dazu führen, dass sich Abfälle dort sammeln.“

Zuviel Beton allerorten

Weniger am Müll, sondern mehr am Beton störten sich hingegen die Grünen. „Es gibt überall zu viel Beton, finden wir da vielleicht andere Materialien?“ fragte Fraktionssprecherin Sevgi Turan-Rosteck und bat die Verwaltung um Prüfung. Fraktionskollege Uwe Jetter stimmte ihr zu: „Man muss über die Materialität nachdenken, die Zementproduktion verursacht einen immensen CO2-Ausstoß, hat man das Bauwerk schon einmal klimaschutztechnisch gesehen?“ fragte er. Sein Alternativvorschlag: Eichenbalken. Am Ende fiel der Baubeschluss dennoch einstimmig, über die Details jedoch wird wohl noch öfter gesprochen werden.