Trotz langer Unterzahl: TSG Balingen holt beim Regionalliga-Zweiten Steinbach einen Punkt

Von Marcel Schlegel

Wer hätte das gedacht: Beim Drittliga-Anwärter TSV Steinbach Haiger hat sich die TSG Balingen am Samstag ein 1:1 (1:0) erkämpft. Doppelt beeindruckend: Die Braun-Elf war über eine Stunde in Unterzahl.

Trotz langer Unterzahl: TSG Balingen holt beim Regionalliga-Zweiten Steinbach einen Punkt

Julian Hauser hatte großen Anteil am Remis der TSG.

Balingens Felix Heim sah in Steinbach früh im Spiel eine umstrittene Rote Karte. Und doch holte der kriselnde Kreisstadt-Klub beim Aufstiegsaspiranten einen Punkt. Verdient – am Ende aber glücklich.

Wütend stürmte Enis Bytyqi nach dem Schlusspfiff in die Kabine. „Geh doch einfach rein!“, brüllte der Steinbacher Stürmer. „Irgendwie!“ Sekunden zuvor war Bytyqi in der vierten Minute der Nachspielzeit im Fünfmeterraum der TSG an den Ball gekommen. Doch sein Schuss landete genau in den Armen von Balingens Torwart Julian Hauser. Kein zweites Tor für Bytyqi, kein zweites Tor für Steinbach.

Als Schiedsrichter Sascha Kief unmittelbar nach der Chance abpfiff, ließ Bytyqi seinen Gefühlen freien Lauf. Und Hauser sank auf dem Rasen des Sibre-Sportzentrums in Haiger nieder. „Ich bin ja auch nicht mehr der Jüngste“, grinste der 31-Jährige, „da musste ich mich mal kurz erholen.“

Frühe Führung

Möglicherweise wäre für die sportlich angeschlagenen Balinger nach sechs sieglosen Spielen in Folge sogar mehr drin gewesen. In der vierten Minute erwischten die Gäste den ambitionierten Tabellenzweiten eiskalt. Einen langen Abstoß von Hauser steckte Marc Pettenkofer handlungsschnell auf Felix Heim durch. Der flankte von der rechten Seite scharf an die Kante des Fünfmeterraumes. Dorthin war Pettenkofer in der Zwischenzeit geeilt und wuchtete den Ball per Kopf an Raphael Koczor vorbei ins Tor des TSV.

Der Aufstiegsaspirant bemühte sich anschließend um Spielkontrolle, scheiterte aber immer wieder an der stabilen Viererkette der TSG. Dort hinein war im Vergleich zum 0:0 gegen die FK Pirmasens Adrian Müller gerückt, der den gesperrten Fabian Kurth ersetzte.

Glück für Steinbach

Nach 20 Minuten verpasste Pettenkofer dann sogar um Haaresbreite den Doppelpack, als er den Ball erneut nach toller Vorarbeit des umtriebigen Felix Heim aus kurzer Distanz an den linken Pfosten grätschte. Fünf Minuten später die Schlüsselszene des Spiels: Nach einem Zweikampf zwischen Serhat Ilhan und Heim ging der Steinbacher plötzlich schreiend zu Boden.

Schiri Kief meinte, einen Schlag von Heim gegen Ilhan erkannt zu haben – und schickte den 19-Jährigen vom Platz. „Im Leben ist das keine Rote Karte“, klagte Balingens Trainer Martin Braun, nachdem er sich die TV-Bilder angeschaut hatte. „Felix läuft aufs Tor zu, Serhat Ilhan hält ihn fest. Felix will seine Hand aus der Umklammerung ziehen. Da geht kein Arm in Richtung Gesicht, das war kein Schlagen. Das war einfach theatralisch vom Gegenspieler.“

In Unterzahl beschäftigte sich die TSG vor allem mit Defensivaufgaben und ließ dabei nur wenige Chancen der Steinbacher zu. Ein Distanzschuss von Topscorer Sascha Marquet zischte am Tor vorbei (41. Minute), einen Abschluss von Manuel Hoffmann blockte Hauser mit dem Fuß ab (45.).

Hauser hält den Punkt fest

Mit der ersten wirklichen Gelegenheit in der zweiten Halbzeit kam der TSV dann doch zum Ausgleich: Christian März spielte Marquet frei. Der scheiterte aus kurzer Distanz an Hauser, doch den Nachschuss schob der eingewechselten Bytyqi ins leere Tor (60.).

Balingen selbst hatte im zweiten Durchgang bei starkem Gegenwind nur eine wirkliche Torchance: Leander Vochatzer, nach dem Heim-Platzverweis einzige Spitze, legte auf Lukas Foelsch ab, der plötzlich völlig frei vor dem Steinbacher Kasten stand, aber verzog. Vier Minuten vor Schluss parierte Hauser glänzend gegen den eingewechselten Sören Eismann, der aus knapp 16 Metern zum Schuss gekommen war. „Da habe ich schon gejubelt“, gestand TSV-Trainer Adrian Alipour. „Keine Ahnung, wie er den Ball gehalten hat.“

Nachdem Bytyqi die letzte Gelegenheit für Steinbach vergab, hatte die TSG einen ganz wichtigen Punkt im Abstiegskampf eingetütet und bleibt weiter Zehner. „Am Ende hast du dann eben auch mal das Glück des Tüchtigen“, räumte Hauser unumwunden ein. Und sein Trainer Martin Braun ergänzte: „Unterm Strich ist das Ergebnis verdient.“

Rote Karte ärgert Braun

Etwas angefressen war Martin Braun nach Spielschluss. Ja, mit dem 1:1 könne man zufrieden sein, sagte der Balinger Coach. Aber: „Wir waren so gut im Spiel. Wir hätten die Chance gehabt, zu gewinnen. Ich ärgere mich sehr über die Rote Karte.“ Unter der Woche hatte er von seinen Mannen „ein paar Prozente mehr“ gefordert. Das setzte Balingen von Anfang an um. „Wir haben super gut reingefunden.“

Das 1:0 – ein schöner Angriff. Braun: „Das war für mich ein Beweis, dass wir in einer sehr vernünftigen Verfassung und auch gegen gute Mannschaften konkurrenzfähig sind.“ Es sei klar gewesen, resümierte Torwart Julian Hauser, „dass es nach dem Platzverweis schwerer wird. Aber wir haben uns in jeden Ball reingeworfen.“

Alipour enttäuscht

Während Hauser gut gelaunt in der TSG-Kabine verschwand, schimpfte TSV-Trainer Adrian Alipour: „Wir haben viel zu kompliziert gespielt. Wenn ich sehe, wie fahrlässig wir bei Pässen waren, wie wenige Chancen wir herausgespielt haben. Das ist Wahnsinn. Wir haben vor allem in der ersten Halbzeit nicht stattgefunden.“

Besonders der Balinger Treffer ärgerte ihn. „Wir stehen viel zu hoch und kriegen aus einem Abstoß ein Tor. Wenn du in der Regionalliga für dich selbst Ansprüche hegst, kannst du dir diese Fehler nicht erlauben.“