Tiago aus Binsdorf: Alle wünschen sich, dass der kleine Kerl wieder gesund wird

Von Rosalinde Conzelmann

Heute ist Tiago 23 Monate alt. Er ist seit Donnerstag in der Kinderabteilung der Uniklinik Freiburg, wo ihm das Medikament Spinraza direkt ins Rückenmark appliziert wurde. Seine Mutter Stephanie de Freitas ist bei ihm, am Samstag holt Jens Hafner seinen Sohn und seine Lebenspartnerin wieder ab.

Tiago aus Binsdorf: Alle wünschen sich, dass der kleine Kerl wieder gesund wird

Bei seinen Arbeitskollegen erhalten Jens Hafner und seine Familie viel Rückhalt. Die Belegschaft spendete außerdem 2500 Euro.

In exakt vier Wochen feiert Tiago seinen zweiten Geburtstag. Sein Schicksalstag, denn bis zu dieser Altersgrenze wird die „Millionenspritze“ Zolgensma üblicherweise an Kleinkinder verabreicht.

Alle vier Monate in die Klinik

Wie berichtet, kämpfen Tiagos Eltern dafür, dass ihr Sohn diese Behandlung erhält, denn der kleine Junge leidet an der Spinalen Muskelatrophie (SMA), Typ 2. Er sitzt im Rollstuhl, kann nicht laufen und nicht stehen und hat motorische Probleme. Alle vier Monate wird ihm in der Freiburger Klinik Spinraza verabreicht.

Was bedeutet der heutige Tag für die Eltern? „Man ruft sich ins Gedächtnis, dass es nur noch einen Monat bis zu Tiagos zweiten Geburtstag ist“, sagt Jens Hafner. Dennoch verfallen weder er noch seine Lebenspartnerin in Panik.

Das Gespinst verflüchtigt sich

Denn das „Gespinst“, wie Stephanie de Freitas es beschreibt, dass ihrem kleinen Sohn die nur einmal verabreichte Spritze nur bis zum zweiten Geburtstag injiziert werden muss, habe sich verflüchtigt. „Unser Anwalt hat uns beruhigt, dass wir noch etwas Zeit haben“, sagt die Binsdorferin.

Bevor die kleine Familie am Donnerstag nach Freiburg gefahren ist, haben sie die Arbeitsstätte von Jens Hafner besucht. Der 36-Jährige arbeitet seit 2011 bei der Firma Eurotech in Geislingen und erfährt dort in dieser schweren Zeit jedwede Unterstützung. Vor allem seine sechs Kollegen aus der Montage sind für ihn da.

Seit seine Kollegen wissen, dass Jens Hafners Kind so schwer krank ist und eine Lebenserwartung von nur 25 Jahren hat, stehen sie ihm bei. Auch Firmenchef Thomas Schulz unterstützt seinen Mitarbeiter, wo er nur kann.

Aus Kollegen werden Freunde

„Ich kann jederzeit freinehmen, wenn Arzttermine für Tiago anstehen“, sagt Jens Hafner. Dafür ist er unendlich dankbar. „Es sind auch unsere Freunde“, sagt er. Seine Lebenspartnerin lächelt und ergänzt: „Das trägt uns.“

Doch die Eurotech-Mitarbeiter halten ihrem Kollegen nicht nur den Rücken frei, wenn er kurzfristig Urlaub braucht, sie haben sich auch an der Spendenaktion beteiligt und 2500 Euro gesammelt.

„Wir wünschen uns alle, dass der kleine Kerl wieder gesund wird“, sagt Firmenchef Thomas Schulz. Er hat auch eine Spendenaktion mit dem HBW initiiert. Beim Spiel gegen den Bergischer HC sind so über 1100 Euro zusammengekommen.

Alles ist anders

Seit Tiagos Eltern an die Öffentlichkeit gegangen sind, hat sich ihr Leben total verändert. „Es kommen Leute und klingeln“, erzählt Stephanie de Freitas. Sie freut sich über jede Unterstützung und kommt auch immer wieder ins Staunen. „Bei der Spende der Firma Stumpp musste ich erst einmal die Nullen zählen, weil ich es nicht glauben“, sagt sie.

Die jungen Eltern versuchen, soweit möglich, die Spenden persönlich entgegenzunehmen. „Überall können wir aber nicht hin, es muss im Rahmen bleiben für den Kleinen“, sagt Stephanie de Freitas.

Die Angst ist immer da

Die Behandlungstage in der Freiburger Klinik sind zwar zwischenzeitlich Routine, doch die Eltern sind immer noch sehr angespannt, wenn das Ärzteteam der Neuromuskulären Station die Behandlung durchführt.

„Die Angst ist immer da, dass etwas passieren könnte“, sagt Stephanie de Freitas. Denn es wird eine kleine Menge Flüssigkeit vom Rückenmark entnommen, mit Spinraza versetzt und wieder eingespritzt.

Ärzte freuen sich auf ihn

Auf der Station wird Tiago meist schon erwartet: „Sie freuen sich jedes Mal auf ihn“, sagt seine Mama. Ihr Sonnenschein verzaubert auch die Ärzte und das Pflegepersonal mit seinem Lächeln.

Die Behandlung mit Spinraza kostet um die 90.000 Euro; Zolgensma einmalig 1,9 Millionen Euro. Jens Hafner ärgert sich, dass beide Behandlungsmethoden immer wieder verglichen werden. „Spinraza verzögert den Krankheitsverlauf, Zolgensma kann ihn stoppen, das ist doch ein Riesenunterschied“, betont er.

Die Oma aus Portugal kommt

Auch dieses Mal hat Tiago die Prozedur überstanden und ist wieder zuhause. Die kleine Familie freut sich jetzt auf Weihnachten und einen besonderen Besuch aus Portugal.

Stephanie des Freitas Mutter Ilda freut sich schon sehr auf ihren Enkel Tiago. Sie verfolgt die Spendenaktion aus der Ferne und bangt mit den Eltern mit. Sie hat nur einen Weihnachtswunsch: dass der kleine Kerl wieder gesund wird.

Stand heute, Freitag, 13.12.2019 sind schon 277.000 Euro gespendet worden.

Hier nochmals die Spendennummer: Empfänger: Deutsche Muskelstiftung

IBAN: DE70 6602 0500 0008 7390 05

BIC: BFSWDE33KRL

Verwendungszweck: Tiago