Balingen

Testungen in Kindergärten: Balingen bestellt per Eilentscheid Corona-Testkits

13.04.2021

Von Nicole Leukhardt

Testungen in Kindergärten: Balingen bestellt per Eilentscheid Corona-Testkits

© Pascal Tonnemacher

Mit Schnelltest sollen künftig auch Kindergartenkinder auf das Corona-Virus getestet werden. Bei den Kleinsten werden sogenannte Lolly-Tests angewandt.

Per Eilentscheid hat Balingens Oberbürgermeister Helmut Reitemann der Bestellung von Corona-Testkits für Kindertagesstätten und Kindertagespflege zugestimmt. Knapp 37.000 Euro investiert die Stadt in einen Vorrat, der etwa einen Monat ausreichen wird.

Damit will die Stadt den Kindern in Kitas und in der Kindertagespflege wöchentlich zwei Testungen anbieten. Lieferschwierigkeiten der Hersteller hätten die Verwaltung dazu gezwungen, die Bestellung sofort zu veranlassen, erklärte Balingens Bürgermeister Reinhold Schäfer den Räten im Verwaltungsausschuss am Dienstag. „Wir sahen uns kurzfristig gezwungen, Notreserven zu ordern“, so Schäfer, „bevor der große Run aller Gemeinden losgeht.“

Gut die Hälfte der Eltern ist zu Tests bereit

Zuvor habe man ein Meinungsbild bei den Eltern der Kinder eingeholt. Dies habe ergeben, dass gut die Hälfte aller Familien bereit seien, die Kinder zu testen. „Wir haben uns nach reiflicher Überlegung dazu entschlossen, die Eltern mit der Testung zuhause zu beauftragen“, erklärte Harry Jenter, Leiter des Amts für Familie, Bildung und Vereine. Einerseits sei die Hemmschwelle für einen solchen sogenannten Lollytest, bei dem die Kinder zwei Minuten an einem Teststreifen im Mund lutschen, am niedrigsten, wenn Eltern ihn mit den Kindern durchführten. „Und zum anderen vermeiden wir natürlich so den Kontakt mit den Erzieherinnen und Erziehern und anderen Kindern in der Einrichtung“, so Jenter.

„Wir appellieren an die Eltern“

Denn die Eltern hätten jeweils vor Ort das Ergebnis der Testung abwarten müssen. „Positiv getestete Kinder hätten die Eltern ja gleich wieder mitgeben müssen.“ Der Test, dies betont die Verwaltung, sei freiwillig. „Allerdings appellieren wir wirklich an die Eltern, diese Tests zu machen“, so der Oberbürgermeister. Eine Pflicht zum Testen könne man sich derzeit nicht vorstellen. „Wenn die Kinder ungetestet nicht in den Kindergarten dürften, hätten wir sie in der Notbetreuung“, so die Überlegung des Oberbürgermeisters.

Montags könnten zwei Kits pro Kind abgeholt werden, getestet werden soll immer dienstags und donnerstags. „Die negativen Tests müssen in der Einrichtung abgegeben werden“, erklärt der OB. Die Handhabung sei simpel, das Ergebnis zuverlässig. Dafür auch nicht ganz günstig: Der leicht zu handhabende Test kostet knapp sieben Euro, die günstigere Variante nur 2,85 Euro, „aber die sollte eher in der Kita durchgeführt werden weil nicht ganz so simpel“, so das Argument von Harry Jenter.

„Was kostet uns das?“

„Haben Sie mal hochgerechnet, was uns das bis zur Sommerpause kostet?“, wollte Grünen-Rat Erwin Feucht wissen. Habe man, so Bürgermeister Reinhold Schäfer, nämlich rund 250.000 Euro. Das Land finanziere immerhin 68 Prozent an den Tests für unter Dreijährige und 30 Prozent an denen für größere Kinder mit. Und außerdem: „Geld ist nicht der wesentliche Punkt, die Testungen schützen Eltern, die eine erhöhte Gefahr haben, an Corona zu erkranken, und noch lange nicht mit Impfen dran sind“, so CDU-Rat Wolfgang Schneider. Man hoffe nun, dass sich noch mehr Eltern von der Sinnhaftigkeit der Tests überzeugen ließen und wolle in den nächsten Tagen auch mit einem Schreiben informieren. „Wir hoffen, dass wir Vertrauen in diese Tests aufbauen können“, so der OB.

Ein Kommentar: Ja, ja oder ja? In Shakespeares Hamlet setzte sich der todessehnsüchtige Protagonist mit der weltberühmten Frage „Sein oder nicht Sein“ auseinander. Wäre Hamlet ein pandemiegeplagter Bürger der Neuzeit, so wäre seine Frage vermutlich eher „Testen oder nicht Testen“ gewesen. Denn eben diese Entscheidung spaltet Eltern derzeit nicht minder fundamental als die Frage nach der schieren Existenz, so scheint es. Während es für Schüler bald keine Wahl mehr gibt, wenn sie am Präsenzunterricht teilnehmen wollen (oder ihre Eltern dies wollen), gibt es für Kindergartenkinder derzeit in Balingen keine Pflicht für einen Corona-Test.

Die einen haben mit dem sogenannten Lollytest überhaupt kein Problem, andere sehen darin einen unnötigen Eingriff in das Wohl der Kinder. Um sich ein Bild machen zu können, wie die Balinger Eltern in der Frage ticken, hatte die Verwaltung kürzlich über die Kita-App eine Umfrage gestartet. „Wir wollten lediglich ein Meinungsbild einholen, ob die Eltern bereit wären, ihre Kinder testen zu lassen oder nicht“, erklärte Rathaussprecher Jürgen Luppold. So weit, so klar, sollte man meinen.

Allein: Die Antwortmöglichkeiten ließen den Eltern wenig Raum zur Abwägung zwischen beiden Alternativen, das „oder nicht“ war nämlich erst gar keine Option. Denn angeboten war lediglich die Auswahl zwischen „Wir würden unser Kind testen lassen oder auch selbst testen“, „Das Kind soll lieber in der Einrichtung getestet werden“ und „Das Kind soll Zuhause getestet werden“. Kurz: Ja, ja oder ja.
Ob man die Tests nun als Sicherheit für die Gesundheit aller versteht oder fürs eigene Kind aus welchen Gründen auch immer ablehnt – wenn ein Meinungsbild abgefragt wird, sollte man schon auch nein sagen können.

Es irritiert schon ein bisschen, wenn es seitens der Verwaltung dann heißt „Die Antwortmöglichkeit, der Testung zu widersprechen, war nicht beabsichtigt.“ Natürlich war es der große Wunsch der Verwaltung, möglichst viele von der Testung zu überzeugen. Absolut verständlich. Allein, als vertrauensbildende Maßnahme ist so viel vorgegebene Richtung in Zeiten allgegenwärtiger Skepsis behördlicher Maßnahmen gegenüber womöglich ungeeignet.

Ob die Eltern, die sich nicht an der Umfrage beteiligt haben (denn nur mit einer angekreuzten Antwortmöglichkeit ließ sich das Formular abschicken) nun also tatsächlich gegen das Testen sind, ob sie die kurze Teilnahmefrist von 24 Stunden verbummelt haben oder schlicht keine Lust auf eine solche Umfrage hatten – man wird es nie erfahren. Oder wie es bei Shakespeare heißt: „Der Rest ist Schweigen.“ Nicole Leukhardt

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