Albstadt

Tailfinger Feuerwerk: Stadtverwaltung kontert Kritik mit Verweis auf mangelnden Spielraum

04.03.2021

Von Dagmar Stuhrmann

Tailfinger Feuerwerk: Stadtverwaltung kontert Kritik mit Verweis auf mangelnden Spielraum

© Sandra Testa

Vieldiskutiert: Nach dem privaten Feuerwerk am Montagabend stellen sich viele ZAK-Leser die Frage, warum das Ordnungsamt der Stadt Albstadt dieses nicht verboten hat.

Das Leuchten und Funkeln am Nachthimmel über Tailfingen fanden die meisten Beobachter am Montagabend zwar ganz schön, das damit verbundene Knallen allerdings weniger. Zahlreiche ZAK-Leser machen ihrem Unmut Luft und werfen der Stadtverwaltung Versäumnisse vor. Den schwarzen Peter hat offenkundig das städtische Ordnungsamt, das nach Meinung vieler Albstädter das fragliche Feuerwerk hätte verbieten müssen. Doch das wäre überhaupt nicht möglich gewesen, heißt es hierzu seitens der Stadtverwaltung.

„Hinsichtlich der Rechtslage ist zu unterscheiden, ob ein Privater unter dem Jahr Feuerwerk der Kategorie 2 (Silvesterfeuerwerk) abbrennen will, das er ohne Erlaubnis nur am 31. Dezember und am 1. Januar abbrennen darf“, erklärt Rathaussprecherin Sarah Braun nach Rücksprache mit der hauseigenen Sprengstoffbehörde.

In diesem Fall entscheide die Behörde nach Ermessen. Das Amt für öffentliche Ordnung übe das Ermessen in diesen Fällen dahingehend aus, dass diese privaten Feuerwerke von Personen, die über keine sprengstoffrechtliche Erlaubnis zum Abbrennen von Feuerwerken verfügen, unter dem Jahr grundsätzlich nicht erlaubt werden, um eben Ruhestörungen der Allgemeinheit etc. zu vermeiden.

Jeder Fall ist anders

„Die andere Fallkonstellation aus rechtlicher Sicht ist die“, – und diese lag laut Stadtverwaltung beim Tailfinger Feuerwerk am Montag vor – „dass ein Inhaber einer Erlaubnis zum Abbrennen von Feuerwerken (Pyrotechniker) grundsätzlich das Recht hat, Feuerwerke auch unter dem Jahr abzubrennen.

Er benötigt hierfür auch keine Erlaubnis, sondern muss den geplanten Abbrand des Feuerwerks der Behörde nur anzeigen.“ Das Ordnungsamt erlasse dann einen Bescheid mit Auflagen, die eingehalten werden müssen. Zum Beispiel in Bezug auf Brandschutz.

Schallobergrenze: Auflage nur in speziellen Fällen

„Eine Auflage, mit der eine bestimmte Schallobergrenze festgeschrieben wird, ist grundsätzlich nicht möglich, es sei denn, es besteht eine Gefahr für Sachgüter oder wenn beispielsweise ein Reitstall in der Nähe ist und durch den Lärm Fluchtgefahr für die Tiere und damit auch Gefahr für Menschen besteht“, erläutert die Rathaussprecherin.

Ein Pyrotechniker, der Feuerwerk abbrenne, werde in der Regel auch nicht nur auf Feuerwerk der Kategorie 2 begrenzt sein. „Er wird grundsätzlich auch großkalibriges Feuerwerk verwenden dürfen, das ansonsten ohne Erlaubnis nicht erworben werden kann.“ Insofern sei es denkbar, dass ein großkalibriges Feuerwerk auch mit einer größeren Lärmbelästigung verbunden sei.

Keine Ansammlungen erwünscht

Eine Verpflichtung, das Feuerwerk offiziell bekannt zu geben, bestehe nicht. Die Stadt lege allerdings teilweise – je nach Lage des Abbrennplatzes – per Auflage fest, dass die verantwortliche Person die angrenzenden Nachbarn über das beabsichtigte Feuerwerk zu informieren hat.

Gerade in Corona-Zeiten wäre eine Vorab-Bekanntmachung nach Ansicht der Verwaltung auch eher kontraproduktiv, weil es dadurch möglicherweise zu Menschenansammlungen kommen könnte. In dem Bescheid sei ausdrücklich auf die geltende Corona-Verordnung hingewiesen worden.

Kommentar: Wie wär’s mit Rücksicht? Kann es sein, dass das Recht eines Einzelnen über das Wohl der Allgemeinheit gestellt wird? Diese Frage stellen sich zurzeit viele Albstädter, die am Montagabend zusammenfuhren, als ein Hobby-Pyrotechniker auf Stiegel an Kanonenschläge erinnernde Knaller zündete. Kugelbomben, besser gesagt – die nicht ohne Grund so heißen. Sie machen gewaltig Lärm, wenn sie in den Himmel geschossen werden. Das lässt sich wohl bei Mega-Böllern dieser Art nicht vermeiden.

Umso mehr stellt sich die Frage, warum Pyrotechniker mit entsprechendem Schein ohne größere Vorschriften ihrem Vergnügen frönen dürfen, auch wenn sie damit unfreiwillige Ohrenzeugen – Menschen und Tiere – in Angst und Schrecken versetzen. Während das Zünden von viel weniger lauten Silvesterknallern nur an zwei Tagen im Jahr erlaubt und an allen anderen verboten ist. Sollte nicht auch für Pyrotechniker gelten, dass zu unterlassen ist, was andere belästigt?

Das bundesweit geltende Sprengstoffgesetz lässt dem städtischen Ordnungsamt nur wenig Ermessensspielraum. Pyrotechniker müssen sich ihre Events nicht genehmigen lassen, sie müssen sie nur fristgerecht anmelden. Dass in anderen Bereichen des Lebens restriktivere Vorgaben gemacht werden, hat zur Folge, dass sich das Ordnungsamt nun vorwerfen lassen muss, es messe mit zweierlei Maß. Auflagen hinsichtlich Schallobergrenzen bei Feuerwerken wären wünschenswert, werden aber nur in ganz bestimmten Fällen gemacht. Eine Gesetzeslücke also? Es sieht so aus. Was bleibt, ist die Hoffnung, dass jeder, der ein andere potenziell nervendes Hobby hat, freiwillig Rücksicht nimmt.

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