Radsport

Tag eins der deutschen Meisterschaften im Cyclo-Cross: Brandau eine Klasse für sich

11.01.2020

von Erhard Goller

Tag eins der deutschen Meisterschaften im Cyclo-Cross: Brandau eine Klasse für sich

© Moschkon

Elisabeth Brandau wurde der Favoritenrolle gerecht.

Zum dritten Mal in Folge holte sich Elisabeth Brandau am Samstag in Albstadt den Titel im Cyclo-Cross. Die Schönaicherin siegte vor der Überraschungs-Zweiten Kim Anika Ames aus Hirzweiler und Stefanie Paul aus Hannover. In der U23 der Frauen gewann Judith Krahl (Finsterwalde), der Titel bei den Juniorinnen ging an Clea Seidel (Luckenwalde). Insgesamt wurden am Samstag neun Titel vergeben.

Elisabeth Brandau war bei den Elite-Damen eine Klasse für sich. Das war keine Überraschung, doch die 34-Jährige hatte im Vorfeld ihre Zweifel geäußert. „Die Beine waren nicht gut“, meinte sie im Ziel, das sie nach einem Solo ab Runde eins mit 1:27 Minuten Vorsprung auf Kim Anika Ames erreichte.

Am Donnerstag hätte es Knall getan, das Aufräumprogramm im eigenen Haushalt mit zwei Kindern hätte sie „tot“ gemacht. „Was sein muss, muss sein“, meinte sie mit einem Lachen. Immerhin: „Die Antritte gingen gut.“ Nur die Power hätte sie nicht hoch halten können.

Sie feierte ihren dritten Titel in Folge und den vierten insgesamt dennoch ungefährdet. „Ich bin jetzt ganz zufrieden“, sagte die EM-Dritte auf dem Mountainbike, auch mit der Leistung, die sie auf dem 2,6 Kilometer langen Kurs in fünf Runden zeigen konnte.

Ames überrascht

Rechts neben ihr auf dem Podest stand mit Kim Anika Ames auch eine Fahrerin, die ihre sportliche Heimat eigentlich auf dem Mountainbike hat. Die Saarländerin war aber „selber erstaunt“, dass sie am Albstadion in Ebingen mit der Silbermedaille dekoriert wurde.

„Ich fahre das erste Jahr Cross und habe es nur als Abwechslung zum Training gesehen. Aber in Albstadt scheinen mir immer gute Rennen zu gelingen“, meinte die Medizinstudentin verschmitzt.

Spannung pur

Der Kampf um Silber und Bronze war der spannendste Teil im Rennen der Frauen. Bundesliga-Gesamtsiegerin Stefanie Paul und Janine Schneider (Lottstetten) positionierten sich als erste Verfolgerinnen von Elisabeth Brandau. In Runde zwei von fünf gelang es der Cyclo-Cross-Spezialistin einen kleinen Vorsprung auf die Deutsche Meisterin im MTB-Marathon heraus zu fahren.

Janine Schneider hatte bis zu elf Sekunden Rückstand auf Paul, verkürzte phasenweise bis auf drei Sekunden, um dann wieder zu verlieren. Hinter ihr kämpfte Kim Ames an vierter Position um den Anschluss. Auch bei ihr entstand ein Ziehharmonika-Effekt. Mal waren es 14 Sekunden, mal nur noch acht. Und hinter war mit Lisa Heckmann (Darmstadt) eine weitere Konkurrentin auch nur fünf bis zehn Sekunden entfernt.

Die vierte Runde brachte dann aber endgültig Bewegung in die Positionen. Kim Ames ging an Janine Schneider vorbei, die ihrerseits den Abstand zu Paul verringert hatte.

Am Hinterrad von Paul fuhr Ames in die Schlussrunde, ging am ersten Anstieg vorbei, wurde noch mal gekontert, um dann wieder vorbei zu ziehen. Dahinter verlor Schneider wieder den Anschluss.

Paul lässt abreißen

Der Kampf um Silber entschied sich, als Kim Ames aus einer technischen Passage besser raus kam und eine kleine Lücke riss. „Die habe ich nicht mehr zu bekommen“, gestand Stefanie Paul nach dem Rennen.

„Ich kann es im Moment nicht in Worte fassen, weiß nicht ob ich zufrieden sein soll oder nicht. Kim hatte ich nicht unterschätzt, aber versucht mich auf mich zu konzentrieren. Sie hat viel Druck und das hat auf diesem Kurs sicher geholfen“, kommentierte Paul.

Kim Ames aber war bei ihrer ersten Cross-DM ein echter Coup gelungen. Acht Sekunden vor Paul überquerte sie die Ziellinie. „Es hat mich motiviert, als ich gemerkt habe, dass ich näher komme“, räsonierte die 22-Jährige und fügte hinzu: „Cross hat schon Spaß gemacht. Ich bin überglücklich.“ Sprich: könnte man häufiger machen.

U23 Frauen: Judith Krahl besiegt Titelverteidigerin

Im U23-Rennen der Frauen gab es den Knackpunkt in der zweiten von vier Runden. Judith Krahl und Emma Eydt (Merchweiler) fuhren an der Spitze. Vorjahres-Siegerin Eydt übernahm die Spitze und riss eine Lücke. Allerdings verlor sie auch Luft aus dem Hinterrad.

„Als ich es das registrierte, habe ich investiert, um mit Vorsprung in die Wechselzone zu kommen“, erklärte Emma Eydt. Das gelang ihr auch. Mit wenigen Metern Rückstand auf Krahl ging sie wieder ins Rennen und schloss wieder auf.

„Danach hat der Kopf gesagt: nee. Und die Beine auch“, meinte Eydt im Ziel.

Rasch entkam die Konkurrentin und zog davon. „Es hat mich schon erstaunt, dass ich ziemlich schnell eine große Lücke hatte. Ich habe schon damit gerechnet, dass es enger wird. Aber jetzt freue ich mich über meinen ersten Deutschen Meister-Titel“, erklärte Krahl, die ihren Erfolg mit 1:11 Minute Vorsprung perfekt machte.

Nina Küderle (TSV Böhringen) gewann Bronze (+1:56), war aber mit ihrem Rennen „nicht zufrieden.“ Es sei „am Anfang ganz und gar nicht gelaufen“, wie sie sagte. Die beiden Konkurrentinnen musste die U23-Meisterin von 2018 sofort ziehen lassen. „Ich stand im Stau hinter Elite-Damen und bin nicht vorbeigekommen“, erzählte sie, wie das zustande kam.

U19 Frauen: Clea Seidel eine Klasse für sich

Einen Vergleich hatte es vorher zwischen Clea Seidel und Sunny-Angelina Gschwender (Baden-Baden) nicht gegeben. Seidel fährt Straße konzentriert sich im Cyclo-Cross auf Weltcup-Rennen, „um mich mit den Besten zu messen“, wie sie sagt und Gschwender ist etatmäßige Mountainbikerin, die das Cross-Rad und die Wettkämpfe „nur als Vorbereitung auf die MTB-Saison“ nutzt. Dennoch hatte sie die U19-Gesamtwertung der Bundesliga für sich entschieden.

Seidel war von ihr allerdings nicht zu bremsen. Die Juniorin setzte ihre Maßstäbe eher bei den U23-Frauen. Bis auf die Meisterin ließ sie alle aus der nächsthöheren Klasse hinter sich.

„Ich glaube damit kann ich zufrieden sein“, so Clea Seidel nach ihren vier Runden. „Der Meistertitel, was will ich mehr.“ Mit satten 3:04 Minuten auf Gschwender holte sie sich das Jersey. Die Silbermedaillengewinnerin konnte indes über Silber strahlen. 4:22 Minute nach der Siegerin erreichte Johanna Theobald vom TV Birkenfeld als Dritte das Ziel und wurde mit Bronze dekoriert.

U17 Frauen: Jule Märkl solo zum Titel

Im Rennen der weiblichen U17 wurde Jule Märkl ihrer Favoritinnenrolle gerecht. „Der Plan war, dass wir vorne zusammen arbeiten“, erklärte die Fahrerin vom RSC Linden. Und zwar mit Vereinskameradin Hannah Kurz.

Allerdings wurde das Duo bereits am Anfang durch einen Sturz einer Konkurrentin getrennt und nachdem sie die Führung übernommen hatte, fuhr Jule Märkl schon in Runde eins von drei auf und davon.

Ihr Solo endete mit 33 Sekunden Vorsprung auf Hannah Kurz. Insofern sei „der Plan aufgegangen“, meinte Jule Märkl, sichtlich glücklich über den Titel. „Irgendwann findet man sein Tempo, seinen Tritt.“

Dritte wurde Isabell Oepen (Pulheimer SC). Die etatmäßige Straßen- und Bahnfahrerin nutzte in der Schlussrunde einen Fehler von Anne Slosharek (RSC Felsenland) in der Sandgrube. Die kippte dort kurz weg.

„Die Chance habe ich genutzt“, meinte eine glücklich Oepen, die 1:15 Minuten Rückstand aufwies.

U17 Männer: Benjamin Krüger mit viel Druck

Benjamin Krüger (TSV Niederstaufen) bestätigte mit einem eindrucksvollen Sieg seine Favoritenstellung in der männlichen U17. Krüger übernahm gleich nach dem Start das Zepter und riss rasch eine kleine Lücke.

Silas Kuschla (WAC Team) versuchte dagegen zu halten und schloss Krüger auf. Das Duo ging gemeinsam in die zweite von vier Runden. Im ersten Anstieg auf einer Wiese machte Krüger erneut Druck. „Ich habe schon versucht ihn wieder abzuhängen“, sagte er. Fünf, sechs Sekunden Abstand lagen zwischen den beiden Kontrahenten, als Silas Kuschla versuchte über zwei Hürden zu springen, die Krüger zu Fuß überwunden hatte.

Am zweiten Hindernis blieb Kuschla mit dem Hinterrad jedoch hängen und überschlug sich. „Ich wollte mit dem Springen die Lücke wieder verringern“, erklärte Kuschla. Er war zwar schnell wieder auf dem Rad, doch hinterher erst mal nicht mehr derselbe. „Nach so einem Sturz ist man erst mal nicht mehr im Tunnel drin“, bekannte der Silbermedaillengewinner.

Als von hinten Louis Leidert (RSV Seeheim) ziemlich nahe kam, hatte er sich allerdings wieder gesammelt und verteidigte seinen zweiten Rang (+1:05) vor Leidert (+1:16). „Das spiegelt schon die Saison so wieder“, meinte Kuschla und Benjamin Krüger, der vor zwei Jahren schon Schülermeister war, hatte sich selbst auch als Favorit gesehen.

„Ich wollte schon den Titel. Der bedeutet mir sehr viel, weil es das Größte ist, was man im Cross gewinnen kann“, meinte ein strahlender Allgäuer.

U15 Frauen: Messemer sprintet zum Sieg

Auf den zwei Runden der weiblichen U15 duellierten sich Joelle Amelie Messemer (RSG Frankfurt) und Judith Frederike Rottmann (Viktoria Neheim) um den Titel.

Sie attackierten sich gegenseitig und einmal gelang Messane Bräutigam (Rheinzabern) noch mal der Anschluss an das Duo, doch die beiden Kontrahentinnen setzten sich wieder ab. Als Messemer einmal in einer Abfahrt ausklickte, ging Rottmann vorbei. Doch rund 400 Meter vor dem Ziel griff Messemer an. „Das war mein Plan, weil ich wusste, dass ich einen langen Sprint fahren kann“, erklärte Messemer.

„Ich habe den Angriff erwartet, aber nicht in dem Moment“, so die deutlich kleinere Rottmann. Auf der Zielgeraden hatte sie dann keine Chance mehr, zeigte sich allerdings nicht unglücklich über Silber (+0,83). Bronze ging an Messane Bräutigäm (+0:31,8).

U15 Männer: Oertzen sucht Heil in der Flucht

Nach zwei Runden in der männlichen Schülerklasse feierte Max Oertzen (Harburger RG) den Titel-Gewinn. In der ersten von zwei Runden entstand eine dreiköpfige Spitzengruppe, zu der auch Oertzen gehörte.

Das war nicht ganz selbstverständlich, denn Oertzen rutschte am Start aus seinem Pedal und war erst mal im Hintertreffen. „Das war nicht so schlimm, ich kenne das, weil ich kein guter Starter bin.“ Der Gewinner der Bundesliga-Gesamtwertung war es dann auch, der Mitte Runde eins in einer technischen Passage das Spitzentrio sprengte.

Der Offenburger Benedikt Benz positionierte sich hinter ihm, der Cottbuser Paul Fietzke fuhr an dritter Stelle. Oertzen vergrößerte die Lücke bis auf acht Sekunden, doch Benz gab sich noch nicht geschlagen. In der zweiten Runde kam er noch mal auf drei Sekunden heran, doch Oertzen spielte in den technischen Passagen seine Stärke aus und gewann schließlich mit 5,5 Sekunden Vorsprung auf Benz.

„Ich habe versucht eine Lücke zu reißen und gehofft, dass ich die dann halten kann“, so Oertzen zu seiner Strategie, die letztlich aufging. Paul Fietzke distanzierte die Verfolgergruppe immer mehr und wurde mit 25,1 Sekunden Dritter.

Masters 3: Jens Schwedler technisch stark

Der Hamburger Jens Schwedler gewann die Masters-Kategorie 3 mit 18,8 Sekunden Vorsprung auf Joachim Hagl vom VfL Pfullingen und 47 Sekunden vor Thomas Fischer vom RV Stuttgardia Stuttgart.

Schwedler übernahm bereits in Runde eins die führende Position und fast schleichend wuchs sein Vorsprung an. Joachim Hagl versuchte dagegen zu halten, doch er schaffte nie mehr den Anschluss. „Ich denke, Joachim ist konditionell stärker, aber in der Fahrtechnik hatte ich meine Vorteile“, erklärte Schwedler.

Erst 1:15 Stunden vor dem Start habe er sich entschieden mitzufahren. „Es hängt davon ab ob sich das mit dem Training meiner Fahrer vereinbaren lässt. Deshalb muss ich immer abwarten“, sagte der Coach der Stevens-Equipe. Der Start hat sich gelohnt, das Meisterjersey war der Lohn.

Masters 4: Lars Erdmann souverän

Mit Lars Erdmann war auch in der Masters-Kategorie 4 ein Hamburger der Schnellste. Er fuhr ein souveränes Rennen und distanzierte Jochen Keiler (SG Athletico Büdelsdorf) um 1:20 Minuten.

Der Silbermedaillengewinner war seinerseits noch mal 1:38 Minuten eher im Ziel als Josef „Jupp“ Meisen (Zugvogel Aachen), der sich nach Bronze bei der Masters-WM auch Bronze bei der DM holte. „Die erste DM-Medaille seit 30 Jahren“, wie der Stolberger lachend anmerkte.

Diesen Artikel teilen: