TSG-Geschäftsführer Jan Lindenmair im großen Interview: „Unsere Chancen stehen gut“

Von Marcus Arndt

Die TSG Balingen hat sich in der Fußball-Regionalliga Südwest etabliert, klopft in dieser Saison oben an. Die Protagonisten auf und neben dem Platz üben sich dennoch weiterhin im schwäbischen Understatement. Der Fokus der Kreisstädter gilt den finalen Begegnungen in diesem Jahr.

TSG-Geschäftsführer Jan Lindenmair im großen Interview: „Unsere Chancen stehen gut“

Jan Lindenmair kann bislang zufrieden sein.

Ohne Zweifel haben die Schwaben eine sensationelle Hinrunde gespielt. Mit 32 Zählern reiht sich das Team von Trainer Martin Braun an dritter Stelle ein, hat allerdings einmal mehr gespielt als die Tabellennachbarn aus Hoffenheim und Homburg. Dennoch drückt Jan Lindenmair kräftig auf die Euphoriebremse, „solange wir nicht sicher durch sind.“

Trotz sechs Siegen in Serie ohne Gegentore bleibt der Kreisstadt-Klub seiner Linie treu. „Wir denken von Spiel zu Spiel – wollen so viele Punkte wie möglich holen“, betont der Balinger Geschäftsführer. Unumwunden räumt er aber ein: „Der sportliche Erfolg macht vieles einfacher.“ In der Winterpause steigen die Schwaben in die Vertragsgespräche ein. Wie immer – unabhängig vom Tabellenplatz . . .

Herr Lindenmair, die TSG steht nach der Hinrunde auf Rang drei, liegt in Schlagdistanz zum Tabellenzweiten TSV Steinbach Haiger. Wie erklären Sie sich die sensationelle Entwicklung?

Jan Lindenmair: Das ist eine gute Frage. Ich denke, dass es eine Vielzahl von Faktoren ist, welche unseren derzeitigen Erfolg ausmachen. So herrscht beispielsweise eine tolle Harmonie innerhalb der Mannschaft, sowohl zwischen den Spielern untereinander als auch mit dem Trainerteam. Hinzukommt der deutlich spürbare Wille, besser werden zu wollen. Trainer Martin Braun und sein Team leisten hervorragende Arbeit, doch würden unsere Jungs nicht ein solches Maß an Initiative zeigen, wären wir nicht in der Lage, einen so guten Fußball zu spielen. Sie nehmen das Training sehr gut an und sind bereit die notwendige Arbeit zu investieren, die es auch braucht, um vorwärtszukommen.

Wettbewerbsübergreifend hat Balingen die vergangenen sechs Spiele zu null gewonnen, kassierte in der ersten Halbserie nur drei Niederlagen. In welchen Bereichen hat sich aus Ihrer Sicht die Mannschaft am meisten verbessert?

Ich finde, dass unsere Mannschaft mental definitiv stärker geworden ist. Ein Zugewinn, der sich auf alle anderen Bereiche positiv auswirkt. Das zeigt sich sowohl auf dem Rasen, in einem sauberen Spiel – als auch in der Art und Weise, in welcher mit Rückschlägen und dem allgemeinen Druck umgegangen wird.

Das Team von Trainer Martin Braun spielt unaufgeregt erfolgreich, besitzt ohne Zweifel das Potenzial für die Top Fünf in der Südwest-Staffel. Ihre Einschätzung?

Das ist nur sehr schwer zu sagen. Ob wir es am Ende tatsächlich in die Top Fünf in dieser wirklich starken Liga schaffen werden, lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht abschätzen. Immerhin sind wir aktuell ‚nur‘ Dritter, weil Hoffenheim 2 gegen Homburg noch nicht gespielt haben (Nachholtermin am 14. Dezember, Anm. d. Red.). Entsprechend ist es theoretisch möglich, dass wir noch einmal ein wenig nach hinten abrutschen könnten. Nichtsdestotrotz geben uns unser derzeitiger Erfolg und eine gewisse Sicherheit in unserem Auftreten durchaus Rückenwind. Und auch, wenn ich mich einmal mehr wiederhole, kann ich nur sagen, dass unser Ziel in jedem Fall dasselbe bleiben wird: Wir denken weiterhin nur von Spiel zu Spiel – wollen aus jeder Begegnung so viele Punkte wie möglich ziehen.

Mit 32 Punkten und satten 19 Zählern Vorsprung auf den ersten Abstiegsplatz, welchen aktuell Eintracht Trier einnimmt, können Sie eigentlich schon für eine weitere Runde in der vierten Liga planen. Oder?

Freilich befinden wir uns mit 32 Punkten in einer komfortableren Situation als es die Jahre davor der Fall war. Unsere Chancen die Liga zu halten, stehen gut, keine Frage, doch da wir rein rechnerisch noch nicht über dem Strich stehen, möchten wir unsere Planung erst einmal nicht allzu sehr daran ausrichten.

Nichtsdestotrotz für die Entscheider eine ungewohnt komfortable Situation. Haben Sie bereits mit den Personalplanungen für 2023/24 begonnen?

Mit der Kaderplanung beginnen wir unabhängig von unserer Tabellenplatzierung immer kurz vor, beziehungsweise während der Winterpause. Das gibt der Spielplan einfach so her. Jedenfalls möchten wir uns, wie bereits gesagt, nicht zu sehr auf unserer derzeitigen Platzierung ausruhen, beziehungsweise uns unserer Sache zu sicher werden. Aus diesem Grund versuchen wir uns von der Tabelle nicht übermäßig beeinflussen zu lassen, auch wenn die aktuelle Situation es einem einfacher macht, bestimmte Entscheidungen schneller zu treffen.

Welchen Fahrplan verfolgen Sie bei Vertragsgesprächen, gibt es Prioritäten?

Einen „Fahrplan“, wie Sie es nennen, verfolgen wir mit Bezug auf unsere Verträge nicht. Wir werden – wie immer – mit allen sprechen. Auch mit den Spielern, welche noch ein Arbeitspapier über die Saison hinweg haben.

Zurück auf den Platz. Wie beurteilen Sie – unabhängig vom starken Abschneiden der TSG Balingen – die erste Halbserie in der Südwest-Staffel?

Die Regionalliga Südwest ist, das hat diese Saison erneut bestätigt, eine unglaublich starke Liga. Bei keinem Spiel lässt sich der Ausgang von vorneherein bestimmen – alles ist offen: Jeder kann jeden schlagen. Wobei schon auffällt, dass nach Ende der Hinrunde vor allem sehr ambitionierte Mannschaften die vorderen Plätze belegen. Aber auch dies ist keine echte Überraschung . . .

Der Ex-Bundesligist aus Ulm geht mit fünf Punkten Vorsprung in die Rückrunde. Sind die Spatzen reif für den Titel?

Ich denke, dass die Tabelle dieses Jahr, ähnlich wie 2021, bis zuletzt eng bleiben wird. Allerdings stimmt es, dass die Spatzen aktuell auf einem sehr guten Weg sind. Die Anzahl an Gegentoren zeigt, dass sie eine super Defensive haben. Aber auch ansonsten ist der SSV gut aufgestellt, daher denke ich schon, dass die Ulmer der Top-Kandidat für den Aufstieg sind. Entschieden ist allerdings noch nichts – Steinbach Haiger ist dran, ebenso sollte man Homburg, Hoffenheim 2 und auch Offenbach nicht abschreiben.

Zum Tagesgeschäft. Am heutigen Samstag kommt der FSV Frankfurt in die Bizerba-Arena. In der Hinrunde hat die TSG knapp mit 0:1 am Bornheimer Hang verloren. Erneut eine unbequeme, aber machbare Aufgabe . . .

Wie bereits gesagt, denke ich, dass Paarungen dieser Liga relativ ausgeglichen sind. Hier ist jedes Spiel ebenso machbar, wie es auch verloren werden kann. Genauso schätzen wir auch unser Treffen auf den FSV ein. Sie sind eine unangenehme Mannschaft, die, wenn sie wirklich ihr Potenzial abrufen, jeden schlagen können – gleichzeitig mussten sie aber auch schon die ein oder andere überraschende Niederlage einstecken. Von daher sehe ich keinen Grund zur Panik. Wir haben einen echten Lauf und wollen diesen fortsetzen.

Vor der Winterpause ist die TSG noch in Freiberg und gegen Aalen gefordert. Die beiden württembergischen Rivalen kämpfen gegen den Abstieg. Dennoch wird es in den beiden Dezember-Spiele noch einmal richtig schwierig. Was erwarten Sie in den beiden Lokalkämpfen?

Es werden keine einfachen Spiele werden. Beide Klubs stecken deutlich tiefer im Abstiegskampf als wir und werden noch einmal alles raushauen. Freiberg hat sich mit dem 3:1 über Mitaufsteiger Barockstadt etwas Luft verschafft – Aalen seit dem Neun-Punkte-Abzug nur noch gewonnen. Das wird noch einmal richtig schwer, aber unsere Mannschaft hat oft genug gezeigt, was sie kann.

Gibt es nun eine konkrete Punkte Vorgabe für die finalen Begegnungen in diesem Jahr?

Nein, eine konkrete Punktevorgabe verfolgen wir in den kommenden drei Spielen nicht. Wir geben weiter Vollgas, nehmen mit, was wir können und werden dann zum Ende des Jahres sehen, wo wir in der Tabelle stehen – und mit wie vielen Zählern. Aktuell sieht es nach drei Absteigern aus, ob 40 oder mehr Punkte für den Klassenerhalt notwendig sind, ist noch offen. Deshalb bleiben wir, wie bereits erwähnt, unserer Marschroute treu. Damit sind wir in den vergangenen Jahren stets gut gefahren.

In der Vorsaison hat Simon Klostermann, ein absoluter Leistungsträger, den Klub im Winter verlassen, wechselte zum Ligarivalen Ulm. Zeichnen sich erneut Abgänge während der Runde ab?

Nein, aktuell beabsichtigen wir keine Wechsel. Wobei in den kommenden zwei Monaten, in denen das Transferfenster geöffnet ist, sich rein theoretisch schon noch etwas tun könnte – momentan sind jedoch keine Winterabgänge oder -zugänge geplant.