TSG Balingen ist seit 175 Jahren Heimat für alle, die sich bewegen und aktiv sein wollen

Von Dennis Breisinger

Große Feste müssen auch groß gefeiert werden – das dachte sich auch die TSG Balingen, die am Samstagnachmittag in der Balinger Zehntscheuer gemeinsam mit der Prominenz aus Politik und Sport in einem erlesenen Kreis im Rahmen eines vom Balinger Akkordeonorchesters musikalisch begleiteten Festakts ihr Jubiläum zum 175-jährigen Bestehen feierte.

TSG Balingen ist seit 175 Jahren Heimat für alle, die sich bewegen und aktiv sein wollen

Ute Hirthes Verdienste um die TSG Balingen wurde mit der Landesehrennadel gewürdigt, die die ehemalige Vorsitzende von Dr. Nicole Hoffmeister Kraut (links) und OB Helmut Reitemann im Rahmen des Festaktes verliehen bekam.

Bei seinen Begrüßungsworten blickte der erste Vorsitzende Menso Hobbing auf eine „wechselvolle und bewegte Geschichte, die von stetigem Wandel begleitet war und sich mit der Zeit auch immer wieder neu erfinden musste“ zurück. „Wir können uns heute wirklich freuen und stolz darauf sein, einer der ältesten Vereine in Balingen zu sein“, meinte Hobbing.

Zur Gründungszeit im Jahre 1848 befand sich die Gesellschaft in großem Umbruch. Die demokratische Bewegung entwickelte sich im gesamten Gebiet des Deutschen Bundes, erklärt Oberbürgermeister Helmut Reitemann die damalige Zeit. Anerkennend sieht er die 175-jährige Vereinsgeschichte, die politische wie gesellschaftliche Turbulenzen überdauert hat und überreichte dem Verein einen symbolischen Scheck in Höhe von 5 Euro pro Vereinsjahr.

Sport hat hohe Bedeutung für Gesellschaft

Die Baden-Württembergische Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, selbst ein „Kind der TSG“ und somit der TSG tief verbunden, ging in ihrem Grußwort auf die Wichtigkeit des Sports für Gesellschaft und Erziehung ein.

Sie untermauerte die Bedeutung des Einsatzes und das Engagement der in hohem Maße ehrenamtlich erbrachten Leistung mit einem Zitat von Nelson Mandela, in dem er sinngemäß sagte: „Was im Leben zählt, ist nicht, dass wir gelebt haben. Sondern wie wir das Leben von anderen verändert haben.“ Menschen, die sich im Verein engagieren, haben nachhaltige Wirkung auf die Gesellschaft, so Hoffmeister-Kraut. Hier werde Gemeinschaft, Wettkampf aber auch Teamfähigkeit vorgelebt.

Landrat Günther-Martin Pauli bezeichnete die TSG Balingen als „Heimat für alle, die sich bewegen und aktiv sein wollen“. Die TSG habe sich im Laufe der Zeit zu einem „vorbildlichen generationsübergreifenden Zusammenschluss für Sportfreunde der verschiedensten Disziplinen entwickelt.

WLSB und Turnerbund loben Arbeit der TSG

Der Präsident des Württembergischen Landessportbunds, Andreas Felchle, betrachtete dieses Jubiläum als „passenden Anlass, allen für den engagierten Einsatz zum Wohle des Sports und der Gesellschaft aufrichtig zu danken“. Was die TSG mit ihren insgesamt 1250 Mitgliedern auf die Beine gestellt habe, sei beachtlich. Dem Zitat von Kofi Annan – „Sport kann eine wichtige Rolle für die Verbesserung des Lebens jedes Einzelnen spielen, ja nicht nur des Einzelnen, sondern von ganzen Gesellschaften sein“ – setzte er entgegen, dass „Sport nicht nur das Leben verbessern kann, sondern es tatsächlich tut“.

Im Namen des Schwäbischen Turnerbunds richtete Sven Lange, Vizepräsident Bildung und Kultur, ein Grußwort an die Anwesenden.

Der Ehrenvorsitzende der TSG und agierende Präsident des Turngaus Zollern-Schalksburg, Jürgen Koch, ging detailliert auf die Geschichte der TSG ein. Vom reinen Männerturnverein entwickelte sich die TSG zu einem Verein mit einem sportlichen Angebot für jedes Alter.

Ein Blick in die 175-jährige Vereinsgeschichte

Koch blickte zurück ins Jahr 1848, in ein „Europa mitten in einem gesellschaftspolitischen Umbruch“, in dem die ersten Turnvereine in Deutschland gegründet wurden. Auch in Balingen fanden sich am 18. Juni 1848 eine Handvoll junger Männer zur Gründung eines Turnvereins ein. Zweck des Vereins sei es laut § 1 der Satzung gewesen, gemeinschaftliche Körperübungen durchzuführen, Mitglied könne jeder hier wohnende Mann von unbescholtenem Ruf sein, der das 15. Jahr erreicht habe.

Einst gehörten auch Sänger zum Turnverein

Zunächst wurden drei Turnriegen und eine Sängerabteilung gebildet. 1863 kam es zu einer Neugründung, frei von politischen Zwängen blühte die Turngemeinde auf und 1881 wurde die erste Fahnenweihe gefeiert, so Koch in seinen Ausführungen. Im Juli 1882 trat der Vorläufer TG Balingen aus dem Turngau Achalm aus und schloss sich am 4. Juli 1886 dem Turngau Zollern-Schalksburg an.

1903 wurde die erste eigene Turnhalle gebaut, 1907 wurde das Frauen- und Mädchenturnen eingeführt, während des ersten Weltkriegs fand der Turnbetrieb nur in eingeschränkter Form seine Fortsetzung, 1920 kamen die Abteilungen Faustball und Fußball, 1922 die Abteilung Schwimmen, 1925 die Abteilung Leichtathletik, 1928 die Abteilung Handball, 1930 zunächst als eigener Verein die Abteilung Fechten hinzu, 1933 schlossen sich die Fußballer mit dem VfR 1907 zusammen.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wird aus TG die TSG

Während des Zweiten Weltkriegs musste die TSG 1940 Pokale, Bilder und Ehrengaben als Metallspende abführen, ein Jahr später wurde unter der Leitung von Ida Eberle eine eigenständige Kinder- und Jugendabteilung gegründet. 1945 wurde aus politischen Gründen aus der Turngemeinde (TG) die Turn- und Sportgemeinschaft (TSG) Balingen. 1949 wurde mit dem Bau des Au-Stadion ein Veranstaltungsort gebaut, der „damals im gesamten süddeutschen Raum fast alles in den Schatten stellte“.

In den 1950ern trumpften die Leichtathleten auf. Zehnkämpfer Sepp Hipp qualifizierte sich für die Olympischen Sommerspiele 1952 in Helsinki, Hansjoachim Schmid wurde 1951 Studentenweltmeister. 1953 richtete die TSG die ersten Deutschen Mehrkampf- und Juniorenmeisterschaften in der Leichtathletik nach dem zweiten Weltkrieg aus. 1950 wurde unter Federführung von Carla Baumann der Grundstock für die Versehrtensportgemeinschaft gelegt.

Ein falsches Jubiläum und ein Verein kurz vor der Auflösung

1980 kam es kurioserweise zu den Feierlichkeiten des 100-jährigen Jubiläums, da erst in der Vorbereitung darauf die Originalsatzung von 1849 gefunden wurde. 1990 stand die TSG auch aufgrund mangelnder sportlicher Erfolge fast vor der Auflösung des Gesamtvereins und die damals elf Abteilungen wären beinahe eigenständige Vereine geworden.

Unter dem damaligen Vorstand Alfred Buss kam es zur organisatorischen und sportlichen Renaissance, deren Erfolge bis heute anhalten. Die mittlerweile ausgegliederte Fußballabteilung spielte sich aus den Niederungen der Kreisliga bis in das Spitzenfeld der Regionalliga, die Volleyball-Abteilung schrieb als Organisator diverser Länderspiele unter anderem auch innerdeutsche Stadtgeschichte, als in der Kreissporthalle 1990 die Volleyball-Nationalmannschaften der Bundesrepublik Deutschland und der DDR aufeinander trafen, die Turnabteilung feierte große Erfolge und behauptet sich momentan in der 3. Bundesliga Süd und die Leichtathletikabteilung veranstaltete unter der Leitung von Sepp Pohl mehrere Jahre den mit Weltklasseathleten bestückten „LG Hochsprung Cup“.

„175 Jahre TSG Balingen sind 175 Jahre Sportstadt Balingen“, meinte Koch. Die TSG sei laut dem Ehrenvorsitzenden jung, vital und strotze nur so vor Tatendrang und Euphorie.

Landesehrennadel für Ute Hirthe

Dieser Jubiläumstag bot gleichzeitig das ideale Ambiente für die Ehrung verdienter Mitglieder. So überreichte Balingens Oberbürgermeister Helmut Reitemann im Namen von Ministerpräsident Winfried Kretschmann die Landesehrennadel für besondere herausragende Verdienste im Sport an Ute Hirthe.

Sie war von 2004 bis 2021 als erste Vorsitzende der TSG tätig. Darüber hinaus führt sie seit mehr als 40 Jahren die Abteilung Fechten als Abteilungsleiterin und hat sich vielfach über die TSG hinausgehend sportlich engagiert. Die TSG Balingen würdigte Hirthe an diesem Abend mit der Ernennung zur Ehrenvorsitzenden.

Etliche neue Ehrenmitglieder

Aufgrund ihrer langjährigen besonderen Verdienste für den Sport wurden zudem die TSG-Mitglieder Edith Roeder, Gudrun Lange, Harro Maier, Dieter Lepack, Erhard Kappe und Günter Theophil zu Ehrenmitgliedern ernannt. Diese große Bühne war zudem der perfekte Anlass, um das Maskottchen „Siggi“ der Öffentlichkeit zu präsentieren.

175 Jahre TSG Balingen bedeuten 175 Jahre Sportgeschichte in Balingen.