TSG Balingen in der Warteschleife: Regionalliga-Klubs stolpern ohne Konsens in den Lockdown

Von Marcel Schlegel

Spielstopp oder nicht? Vieles deutet darauf hin, dass die vierthöchste deutsche Fußball-Spielklasse im Südwesten als Profiliga eingestuft wird.

TSG Balingen in der Warteschleife: Regionalliga-Klubs stolpern ohne Konsens in den Lockdown

Daniel Seemann sicherte der TSG Balingen gegen Gießen noch einen Zähler. Nun befindet er sich mit seinen Teamkollegen in der Warteschleife, bis geklärt ist, ob die Regionalliga Südwest eine Profiliga ist.

Noch wissen die Regionalliga-Fußballer der TSG Balingen nicht, ob sie auch im November trainieren und spielen dürfen. Abhängig ist dies, wie berichtet, davon, ob die 4. Liga politisch als Profiliga angesehen wird.

Da diese Entscheidung noch nicht getroffen wurde, sind die Spieler vom Trainerduo Martin Braun/Lukas Foelsch nun erstmal vom „Lockdown light“ betroffen. Sprich: Sie dürfen nicht im Team trainieren und kein Spiel austragen. Am Montag machte daher jeder Spieler auf eigene Faust einen Lauf, berichtet Foelsch, dessen Mannschaft sich beim 1:1 gegen den FC Gießen durch einen Last-Minute-Elfmeter von Daniel Seemann im elften Punktspiel Saisonzähler 16 sicherte.

Für den Dienstag ist ein Mannschaftstraining angesetzt, das nur stattfindet, wenn die Regelung der fünf Bundesländer, in die die Südweststaffel fällt, bis dahin eingetroffen ist. „Wir hoffen, dass die Entscheidung schnell steht, damit wir wissen, wie es weitergeht“, sagt der Co-Trainer, dessen Team am Abend eigentlich zur U 21 des VfB Stuttgart gereist wäre und diesen Samstag (14 Uhr) das Heimspiel gegen den TSV Schott Mainz im Spielplan stehen hat.

Vieles deutet auf eine Fortsetzung hin

Nur, wenn die zuständigen Ministerien der fünf Länder die 4. Liga einhellig als Profiliga einstufen, geht es für die TSG und ihre 21 Rivalen weiter. Die Schwierigkeit: In der Regionalliga Südwest spielen sowohl Amateur- als auch Profiklubs, wobei diese Einteilung schwer zu treffen ist, weil die Spielklasse manche der für Berufssport definierten Kriterien erfüllt und andere nicht. Offenbar hat nach Hessen und dem Saarland nun auch Baden-Württemberg die Regionalliga als Profisport eingestuft. Offen ist noch, wie es in Rheinland-Pfalz sowie Bayern gehandhabt wird. Vieles deutet nun aber darauf hin, dass der Ligaspielbetrieb im November fortgesetzt werden kann.

„Die Mehrheit der Vereine beschäftigt Profifußballer, die sind fürs Weitermachen“, weiß Foelsch. „Man könnte also sagen: Wenn andere Profiligen die Saison fortsetzen dürfen, warum nicht auch die Regionalliga“, so der 33-Jährige. „Aber fast die Hälfte der anderen Klubs hat Amateure in ihren Reihen, worunter ich uns ebenfalls zähle“, sagt der Mittelfeldspieler, im Hauptberuf Lehrer. „Wieso sollten wir also weitermachen dürfen und schon eine Liga unter uns, in der Oberliga, wo die Teams den gleichen Aufwand betreiben wie wir, müssen die Vereine in die vorzeitige Winterpause. Ich möchte diese Entscheidung nicht treffen“, gesteht Foelsch ein, der beide Seiten verstehen kann. „Wir harren den Dingen.“

„Bild einer in sich zerrissenen Regionalliga“

Unterdessen haben die Kickers Offenbach sich in einem offenen Brief an Ligachef Sascha Döther gewandt, dem Südwest-Geschäftsführer implizit Untätigkeit vorgeworfen und ihn aufgefordert, sich öffentlich zu positionieren: Der OFC bittet Döther darum, „sich klar für den Status Profisport einzusetzen – alles andere wäre eine Bankrotterklärung – und sich auch so öffentlich zu äußern“, schreibt OFC-Präsident Joachim Wagner. Den Kickers, ein Vollprofi-Klub, drohen bei einem Spielstopp massive finanzielle Einbußen, die laut Geschäftsführer Thomas Sobotzik auch existenzbedrohend sein könnten.

Der offene Brief des OFC im Wortlaut.

Zuvor hatte der FC Bayern Alzenau die Profiklubs daran erinnert, dass diese vor der Saison mit exakt jener Mehrheit von 12:10, die die Profi-Amateur-Aufteilung der Spielklasse widerspiegelt, gegen den Vorschlag Döthers stimmten, die wegen des Corona-Saisonabbruchs aufgepolsterte Liga durch einen neuen Spielmodus zu verkürzen. Dieses Vorgehen käme der Liga jetzt zugute. „Die Dollarzeichen konnte man in den Gesichtern der Profiklubs bei möglichen 21 zu vermarkenden Heimspielen erkennen. Doch die Wahrheit im trüben Herbst der Saison sieht ganz anders aus. Strikte Zuschauerbeschränkungen, vielerorts Geisterspiele, Vorwürfe gegen die örtlichen Gesundheitsämter und der Ruf nach staatlicher Unterstützung zeichnen das Bild einer in sich zerrissenen Regionalliga“, schreiben die Alzenauer.

Update, 3. November, 16.45 Uhr:

In anderen Viertliga-Staffeln ist die Sache schon geklärt: Während die Regionalligen Nordost, Nord und Bayern pausieren, setzt die Regionalliga West ihren Spielbetrieb fort. Es fehlt nun noch der Südwesten. Dort haben die Ministerien aus Hessen, dem Saarland und zuletzt Baden-Württemberg die Regionalliga als Profiliga eingestuft. Damit es weitergehen kann, braucht die Südweststaffel noch das "Go" aus Rheinland-Pfalz – und eventuell aus Bayern. Denn: Mit dem FC Bayern Alzenau gibt es einen einzigen Klub im Südwesten, der geografisch und rechtlich zum Freistaat gehört, aber unter hessischer Flagge spielt. Die Frage ist: Braucht der Südwesten nun auch die Zustimmung der Bayern?

Für Baden-Württemberg bestätigte Benedikt Reinhard, Pressereferent des Kultusministeriums, gegenüber dem Zollern-Alb-Kurier am Dienstag: „Profi- und Spitzensportler sind Sportlerinnen und Sportler, die einen Arbeitsvertrag haben und der sie zu einer sportlichen Leistung gegen ein Entgelt verpflichtet. Das Entgelt dient auch überwiegend zur Sicherung des Lebensunterhalts. Dies trifft auf Mannschaften, die in länderübergreifenden Ligen spielen zu. In BW sind somit Spiele der Regionalliga Südwest sowie das Training der Vereine – ohne Zuschauerinnen und Zuschauer – auch im November möglich.“ Eben deshalb hat die TSG Balingen am Dienstagabend auch ihr Training durchgezogen und das im Rahmen der gesetzlichen Regularien.