Stammzellenspender Nicola Stingel gibt schwerkranker Zwölfjähriger Hoffnung

Von Benno Haile

Nicola Stingel, der aus Ebingen stammt, ermöglicht mit seiner Stammzellenspende einem zwölfjährigen Mädchen die Chance auf ein zweites Leben. „Es war eine einfache Sache, die jeder machen kann – und auch sollte“, sagt er.

Stammzellenspender Nicola Stingel gibt schwerkranker Zwölfjähriger Hoffnung

Ein Selfie aus dem Krankenhaus: Nicola Stingel hat die Operation zur Stammzellenspende gut überstanden.

Es ist schon eine ganze Weile her, dass sich Nicola Stingel bei der DKMS, der Deutschen Knochenmarkspenderdatei, registrieren ließ: „Das war in Tailfingen bei einer Typisierungsaktion für einen kranken Albstädter“, erinnert sich der 29-Jährige. Wann genau das war, und wem diese Aktion galt, weiß er nicht mehr genau – irgendwann zwischen 2007 und 2009.

Nun, über zehn Jahre später, kam Anfang Juli ein überraschender Anruf von der DKMS: Als Stingel mitgeteilt wurde, dass er als Spender in Betracht kommt, war er gerade im Urlaub.

Spende eine Selbstverständlichkeit

An seiner Spendenbereitschaft hatte sich auch nach all den Jahren nichts geändert: „Für mich stellte sich die Frage gar nicht: Natürlich habe ich gleich zugesagt.“

Nach seiner Rückkehr wurde Stingel, der ursprünglich aus Ebingen kommt, aber mittlerweile in Freiburg lebt, gesundheitlich voll durchgecheckt: „Es gab eine Voruntersuchung, mein Blutbild wurde untersucht, ein EKG gemacht“, zählt Stingel auf: „Am Ende stellte sich heraus, dass ich fit genug bin und spenden kann.“

Vor wenigen Tagen nun wurden Nicola Stingel im Stuttgarter Robert-Bosch-Krankenhaus Stammzellen entnommen. „Häufig wird man dabei an eine Maschine angeschlossen, die das Blut auf Stammzellen filtert, ich wurde allerdings unter Vollnarkose operiert.“

OP statt Blutfilterung

Doch auch diese Variante sei kein Problem für ihn gewesen: „Das ist nur ein kleiner Eingriff, der etwa eine Dreiviertelstunde geht“, erklärt Stingel: „Bei mir ging‘s sogar etwas schneller – ich habe wohl gutes Knochenmark.“

Angst hatte Stingel vor dem Eingriff keine: „Ich hatte großes Vertrauen in die Ärzte, wurde von der DKMS aufgeklärt und es war auch nicht meine erste OP – ich wusste also, was auf mich zukommt.“

Bei der Operation wurden zwei kleine Einschnitte am Beckenknochen vorgenommen, über die Knochenmark extrahiert wurde.

Hinterher wie Muskelkater

„Es fühlt sich hinterher ein bisschen wie eine Prellung oder Muskelkater an“, sagt Stingel am Tag nach der OP. Eine Woche wurde er zur Sicherheit krank geschrieben, dann kann er wieder arbeiten. Nach zwei Wochen auch wieder Sport treiben: „Ansonsten gibt es keine Beeinträchtigungen, man wird wieder so, wie man vorher war.“

Selbst Stingels Tattoos, die sich über den kompletten Rücken erstrecken, haben die Prozedur unbeschadet überstanden: „Die Schnitte die gemacht werden sind nur 5mm lang, die würde man im Tattoo gar nicht richtig sehen“, erklärt er. Und selbst wenn Narben zurückgeblieben wären, hätte ihn das nicht gestört: „Narben haben immer etwas zu erzählen, und in dem Fall etwas sehr Positives.“

Nur Positives kann Stingel auch von seiner Spendererfahrung berichten: „Es war eine so einfache Sache, die jeder machen kann – und auch sollte“, appelliert er an die Spendebereitschaft in der Bevölkerung.

Spende läuft anonym

Durch Stingels Bereitschaft hat nun ein zwölfjähriges Mädchen aus Deutschland, die Chance, den Blutkrebs zu besiegen. Mehr als das Land, in das die Stammzellenspende geht sowie das Alter und Geschlecht seines genetischen Zwillings hat Stingel nicht erfahren.

Die Spende läuft anonym ab. Sollten später beide Parteien zustimmen, ist eine anonymisierte Kontaktaufnahme über die DKMS möglich. Nach einer Frist von zwei Jahren dürfen sich Spender und Empfänger auch persönlich kennenlernen. „Meinerseits hätte ich sehr gerne Kontakt“, sagt Stingel.

DKMS in Zeiten von Corona

Seit März finden aufgrund der Corona-Pandemie keine großen öffentlichen Typisierungsaktionen statt. „Unsere Registrierungszahlen sind seither um rund 60 Prozent zurückgegangen“, bedauert Karsten Meier, Pressesprecher der DKMS. Sonst finden in Deutschland jedes Jahr über 1000 Typisierungsaktionen statt.

Die DKMS versuche, die ausfallenden Aktionen durch Online-Typisierungen aufzufangen: Dabei registrieren sich die potenziellen Spender auf der Website der DKMS und bestellen ein Typisierungs-Set zu sich nach Hause und schicken dann die Wattestäbchen mit dem Wangenabstrich zurück zur DKMS.

„Das ist die schnellste, sicherste und komfortabelste Möglichkeit, sich typisieren zu lassen“, erklärt Meier. „Es gibt immer Menschen, die auf Spenden angewiesen sind und es gibt immer die Möglichkeit, sich typisieren zu lassen – trotz Corona.