Zollernalbkreis

Sorgen unterschiedliche Inzidenzwerte ab kommender Woche für einen Einkaufstourismus?

04.03.2021

von Redaktion

Sorgen unterschiedliche Inzidenzwerte ab kommender Woche für einen Einkaufstourismus?

© Nicole Leukhardt

Bald ist der sperrige Tisch direkt nach der Ladentüre Geschichte, an dem der Balinger Buchhändler Jürgen Rieger seinen Kunden lediglich bestellte Literatur aushändigen durfte: Buchhandlungen dürfen ab Montag wieder regulär öffnen.

Als Zollernälbler zum Kleiderkauf nach Tübingen und zum Schuhkauf nach Reutlingen? Oder doch lieber ein Einkaufsabstecher nach Villingen oder Horb? Dazu könnte es von kommenden Montag an verstärkt kommen, wenn sich, um es mal etwas salopp zu formulieren, die Zollernälbler nicht am Coronaregeln-Riemen reißen. Soll heißen, wenn die Inzidenz bis dahin landkreisweit nicht unter 50 gefallen ist.

Blumenhändler, Baumärkte, Buchläden: Für sie gilt die Inzidenz 50 nicht mehr. Wohl aber für alle anderen Einzelhändler, die ihre Geschäfte unter strengen Hygieneauflagen eben auch endlich wieder öffnen wollen. Vor diesem Dilemma stehen, Stand Donnerstag, auch die vielen Händler in den Nachbarlandkreisen Rottweil, Tuttlingen und Sigmaringen, nicht aber in den Nachbarlandkreisen Freudenstadt, Tübingen und Reutlingen und auch nicht im Schwarzwald-Baar-Kreis. Die weisen aktuell eine Corona-Inzidenz von unter 50 auf.

Grenzwert pro Landkreis?

Ob die Unter-50-Landkreise aber tatsächlich bevorzugt Öffnungen zu erwarten haben, wird erst am Freitag entschieden, wenn der Landtag über die aktualisierte Coronaverordnung diskutiert und darüber befindet, ob die Inzidenzgrenze pro Landkreis oder als Durchschnittsmarke des gesamten Bundeslandes zum Tragen kommt. Letzteres würde einen Einkaufstourismus zwischen einzelnen Landkreisen verhindern.

Ergänzung, 4. März, 21.30 Uhr: Wie die Deutsche Presse-Agentur unter Berufung auf einen Regierungssprecher berichtet, will Baden-Württemberg die Lockdown-Lockerungen auf Landkreisebene umsetzen. Darauf hätte sich Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) mit Kultusministerin und CDU-Spitzenkandidatin Susanne Eisenmann am Abend geeignet.

Corona-Hotspot könnte Einzelhandel lahm legen

Was sagen die Betroffenen im Zollernalbkreis zu dieser Bund-Länder-Entscheidung? Wie reagiert das Balinger Landratsamt auf diese Entwicklung, bei der jeder noch so kleine, neue Corona-Hotspot den Zollernalbkreis-Einzelhandel wieder weitgehend lahmlegen könnte? Der ZOLLERN-ALB-KURIER hat nachgefragt.

Landrat: Keine Vollkaskomentalität

„Viele Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie führten zu massiven Freiheitsbeschränkungen. Der Staat darf aber keine Vollkaskomentalität entstehen lassen“, bezieht Landrat Günther-Martin Pauli Stellung zum neuen Vorgehen. „Um weitere Kollateralschäden in unserer Gesellschaft zu verhindern, müssen wir so schnell wie möglich wieder einen normalen Alltag schaffen. Eigenverantwortung und gesunder Menschenverstand sind hilfreicher als zu lange staatliche Bevormundung und Rettungspakete auf Pump“, appelliert er.

Der kleinere Einzelhandel kann spontan reagieren

Der normale kleinere Einzelhandel, sagt Manuela Früholz, Vorsitzende des HGV Ebingen, könne sicher relativ spontan reagieren und, sobald die Inzidenz auf den erlaubten Wert sinkt, die Läden öffnen. Schwierigkeiten sieht sie da eher bei der Gastronomie. Da müssen frische Lebensmittel eingekauft und Mitarbeiter aus der Kurzarbeit oder gegebenenfalls der Kündigung geholt werden. Das alles brauche Vorlaufzeit.

Das Konzept ist nicht durchdacht

Die Frage sei nur, so Früholz, was passiere, wenn geöffnet sei und der Wert wieder steige. Diese Frage treibt auch Uwe Eckstein, Chef des GHV-Tailfingen, um. Es könne nicht sein, dass Geschäfte öffneten, und dann möglicherweise nach nur wenigen Tagen wieder schließen müssten. Hier gäbe es zu viele Unklarheiten. Das Konzept sei, so Eckstein, nicht durchdacht.

Inzidenzwert im Landkreis Rottweil über 110

In Landkreis Rottweil stellt sich die Lage ungleich schwieriger dar. Die 7-Tage-Inzidenz liegt dort bei 110,1 – eine der höchsten im Landesvergleich. Dort baut Angaben der Neuen Rottweiler Zeitung (NRWZ) zufolge die Stadt Rottweil derzeit ein kommunales Corona-Testangebot auf, um zu den bestehenden Testmöglichkeiten vor allem den besonders gefährdete Personengruppen einen noch besseren Schutz anbieten.

Lockdown nach und nach lockern

Die NRWZ zitiert den Rottweiler Oberbürgermeister Ralf Broß: „Unser Ziel muss es sein, auch auf diesem Weg einen Beitrag dafür zu leisten, dass die Regelungen des Lockdowns nach und nach gelockert werden können. Neben den Schulen und Betreuungseinrichtungen leiden vor allem Einzelhandel, Gastronomie und Hotellerie sowie viele kommunale und kulturelle Einrichtungen und Veranstaltungen wie unserer Museen, die Stadtbücherei, die Musik- und Volkshochschule unter den Beschränkungen.“

Diesen Artikel teilen: