„Sommernachtstraum“ im Freilichtmuseum: das kulturelle Highlight des Hechinger Sommers
06.07.2023

© Julia Siedler
Das Melchinger Theater Lindenhof führt in besonderer Freilichtatmosphäre Shakespeares Sommernachtstraum auf. Von links: Georg Kistner, Stefan Hallmayer und Claudia Rüll Calame-Rosset vom Theater Lindenhof sowie Bernd Brunner (Museum), Anke Gärtner (Stadt) und Christoph Schoder (Museum).
Befreiende Komik im Freilichtmuseum: Das Theater Lindenhof bringt Shakespeares Sommernachtstraum in die Zollernstadt. Weitere Aufführungen sind auf der Balinger Gartenschau geplant.
Ein Kulturprogramm bisher noch nicht gewagter Größenordnung hatte Vereins-Schriftführerin Iris Kappler bereits Ende März im ZOLLERN-ALB-KURIER angekündigt. Besucherinnen und Besucher dürfen sich in lauschigen Augustnächten auf sieben Aufführungen von Shakespeares Sommernachtstraum in der passenden Atmosphäre des Römischen Freilichtmuseums in Stein freuen.
Wie das Melchinger Theater Lindenhof die Zuschauer mit der neu übersetzten Inszenierung verzaubern und in eine andere Welt entführen möchte, erklärten nun gestern Intendant, Dramaturg und Bühnenbildnerin. Dem bedrückenden Weltgeschehen für einen Moment entfliehen: Ein Wunsch, der – möchte man ihn an der Auswahl des Theaterprogramms festmachen – offenbar zu wachsen scheint.
Dass Shakespeares Sommernachtstraum derzeit überall gespielt wird, sage bereits einiges aus, befindet Dramaturg Georg Kistner. Der Sommernachtstraum garantiere als eines der wenigen Stücke, „zuverlässig in eine andere Welt entführt“ zu werden. Das Bedürfnis, sich dem immersiven Geschehen auf der Bühne hinzugeben, scheint dem Kausalzusammenhang des Dramaturgen folgend derzeit anzuwachsen. Die Sehnsucht danach, „sich einfach mal auszuklinken“, sei wohl da, hält auch Bernd Brunner fest, stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins Römisches Freilichtmuseum.
Die ganze Zollernstadt ist eine Bühne: Jährliches Theater ins Freie verlegt
Diesem Begehren kommt nun auch die Stadt Hechingen in Kooperation mit dem Theater Lindenhof nach. Der Sommernachtstraum war ursprünglich als jährlicher Auftritt des Theaters in der Zollerstadt geplant – bis dem Theater eine zusätzliche Anfrage des Freilichtmuseums in Stein ins Haus schneite.
Schnell einigte man sich in Hechingen darauf, die Inszenierung größer aufzuziehen: Die Stadt unterstützte die Idee, das Stück unter freiem Himmel aufzuführen, von Anfang an – und erließ dem Freilichtmuseum außerdem die bereits geleistete Anzahlung für die Premiere (wir berichteten ausführlich). Der außergewöhnliche Spielort kommt nun auch dem Ensemble zugute. Andernorts müsse die spezielle Atmosphäre für Theateraufführungen erst geschaffen werden, nicht so aber im Hechinger Freilichtmuseum: „So eine schöne Welt drumherum unterstützt das Spiel.“
Auch Intendant Stefan Hallmayer zeigt sich begeistert von der stimmungsvollen Wirkung des Freilichtmuseums: „Ich verspreche mir Kraft des Ortes, dass es hier eine traumhafte Sommernacht wird.“ Mit den Aufführungen im August handele es sich außerdem um eine interessante Entscheidung, weil sich in diesem Zeitraum meist viele Menschen im Urlaub befänden. Doch das „ist keine Notlösung, sondern ein gutes Konzept“, zeigt sich Intendant Hallmayer überzeugt. Sich auch in den Ferien zu zeigen, dafür seien gerade die Zuhausegebliebenen sehr dankbar. Aus der Kooperation erhoffe man sich zudem eine Win-Win-Situation: Theateraffine auch anderweitig ans Freilichtmuseum heranzuführen sowie Fans der römischen Ruinen von der Bühne zu überzeugen.
Neue Fassung gewährt befreiende Komik
Doch was erwartet die Besucherinnen und Besucher des Spektakels in neuer Fassung? „Der große Reiz des Stückes liegt darin, dass die Logik für Außenstehende nicht immer nachvollziehbar ist“, so Kistner. „Also wie bei meinem Leben auch“, lacht Hallmayer. Was eignet sich wohl besser für ein wenig Eskapismus aus der Lebensrealität als ein traumartiges Verwirrspiel, das sich ausgiebig den großen Sehnsüchten der Liebe widmet?
Das Theater Lindenhof verzichte zwar auf die gesamte Rahmenhandlung in Athen (vielleicht aus Respekt vor der römischen Kulisse?), doch die Handwerker- und Liebendenhandlung sei komplett berücksichtigt. Auch Puck und Titania hätten – wie im Original – „die Macht im Spiel“. Dennoch handele es sich um „eine bisschen andere Fassung, als die, die man gewöhnt ist“, woraus sich nochmals eine besondere Komik ergebe, so Kistner.
Der Stoff, aus dem die Sommernachtsträume sind
Claudia Rüll Calame-Rosset ist es ein Anliegen, den Zuschauern zudem mittels Kostümen und Kulisse „assoziativ Dinge anzubieten“. Dies geschehe über Versatzstücke, die unterschiedlich genutzt werden könnten. Wegen vieler Sprünge zwischen Handwerkern und den Liebenden sollen Kostüme auch für Orientierung sorgen. „Bei den Kostümen bin ich noch in der Entwicklungsphase“, räumt die Kostüm- und Bühnenbildnerin ein. Denn die persönliche Konnotation zum jeweiligen Darsteller solle unbedingt gegeben sein.
„Nicht einfach nur reinstecken, wen man will“ – das sei generell nicht der Anspruch. Anhand der Kostüme soll in der neuen Fassung des Meisterwerks subtil ersichtlich sein, dass sich die Rollen in der Neuzeit befänden. „Der Ausgangspunkt des Traums ist heute Abend, hier und jetzt“, erläutert der Intendant, wie das Publikum in den komödiantischen Sog gezogen werden soll. Das Ziel des Ensembles? „Ein Theater, das auf die Gassen strömt und nichts anderes versucht, als die Menschen mitzunehmen“, so Hallmayer.
Das kulturelle Highlight des Hechinger Sommers
Wer weltpolitisch mit seinem Latein am Ende ist, kann sich im August also im römischen Museum der schönen Ausflüchte und der befreienden Komik unter der Regie von Christoph Biermeier hingeben. Doch sollte danach wohl wieder Schluss damit sein, denn bereits der britische Meisterschreiber selbst wusste: „Wenn alle Tage im Jahr gefeiert würden, wäre Spiel so lästig wie Arbeit.“ Dass das Schauspiel im Römischen Museum allerdings etwas Besonderes werden wird, davon ist auch Anke Gärtner, Sachgebietsleiterin für Tourismus und Kultur, überzeugt: „Wir freuen uns über dieses kulturelle Highlight im Sommer.“ Es werde garantiert „ein Erlebnis, von dem man erzählen kann“, verspricht Gärtner.
Aufführungen auch auf der Balinger Gartenschau
„Theater ist die Kunst des Augenblicks“, verbildlicht Hallmayer. Die Macht eines einzigen Moments sei jederzeit gegeben, auch im Alltag: „Alles, was wir in unserem Leben gemacht haben, hat uns auch hier und heute zusammengebracht.“ Mit dem Ensemble zusammenzukommen, diese Chance bietet sich nicht nur im Hechinger Freilichtmuseum vom 5. bis 12. August, sondern vorab auch bei der Gartenschau in Balingen. Damit auch dort die passende Atmosphäre aufkommt, befinde sich die Bühne etwas fernab des Hauptgeschehens, bei den Erlebnisauen an der Eyach.
Die Termine in Stein und auf der Gartenschau
Die öffentliche Probe auf der Gartenschau in Balingen findet am 25. Juli statt, die Premiere am 28. Juli. Weitere Termine im Juli und im September sind bereits bekanntgegeben, der Eintritt ist im Gartenschau-Ticket inbegriffen. Premiere im Römischen Freilichtmuseum ist am 5. August. Weitere Aufführungen finden dann statt am 6., 8., 9., 10., 11. und 12. August. Ab 19 Uhr wird das Museumsgelände geöffnet, der Einlass startet um 20 Uhr, die Aufführung beginnt um 20.30 Uhr. Reguläre Tickets für die Aufführungen in Stein kosten im Vorverkauf 33,50 Euro, regulär 38 Euro. Ermäßigte Tickets kosten 16,50 Euro im Vorverkauf und 19 Euro an der Abendkasse.
