Heiligenzimmern

Solidarisch und nachhaltig: Im Kloster Kirchberg bei Heiligenzimmern wird ethisch gewirtschaftet

09.04.2021

Solidarisch und nachhaltig: Im Kloster Kirchberg bei Heiligenzimmern wird ethisch gewirtschaftet

© Privat

Im Kloster Kirchberg bei Heiligenzimmern wird gemeinwohlorientiert gewirtschaftet.

Gemeinwohl-Ökonomie – dieser Begriff beschreibt verschiedene Konzepte und alternative Wirtschaftsmodelle, die in den 1990-er Jahren Einzug in die Wirtschaft hielten. Im Kloster Kirchberg findet es jetzt Anwendung.

Ziel ist ein ethisches Wirtschaftsmodell, das sich orientiert am Gemeinwohl, an Kooperation und am Gemeinwesen. Werte, für die die Gemeinwohl-Ökonomie stehen sind Menschenwürde, Solidarität, ökologische Nachhaltigkeit, soziale Gerechtigkeit, Transparenz und demokratische Mitbestimmung. Welchen Beitrag ein Unternehmen, Privatpersonen, eine Gemeinde oder auch ein ganzes Land zum Gemeinwohl leistet, wird über die sogenannte „Gemeinwohl-Bilanz“ ermittelt.

Seit Februar 2020 sind das Einkehr- und Tagungshaus Berneuchener Haus Kloster Kirchberg aus Sulz am Neckar, die Breinlinger Ingenieure aus Tuttlingen und die diakonische Jugendhilfe Mutpol ebenfalls aus Tuttlingen, im Prozess der Gemeinwohl-Bilanzierung. Zusammen mit dem GWÖ-Berater Uli Fellmeth gehen sie die verschiedenen Aspekte der Gemeinwohl-Matrix durch und dringen dabei tief in die eigene Organisation ein.

Neuer Wein in alten Schläuchen

Roland Klamert, kaufmännischer Vorstand von Mutpol, bestätigt diese Tiefe: „Als Jugendhilfeeinrichtung musste Mutpol schon immer einen Spagat zwischen den ideellen Zielen und dem wirtschaftlichen Handeln der Einrichtung machen. Die Umsetzung des Handelns in eine Gemeinwohl-Bilanz ist deshalb ein bisschen wie neuer Wein in alten Schläuchen. Dieser neue Wein hat es aber in sich! Die Gemeinwohl-Bilanz leitet einen unwillkürlich in Bereiche und Fragestellungen, die einem in der Theorie zwar klar sind und in Diskussionen auch leicht von der Zunge gehen, die in der konkreten Umsetzung und Messbarkeit aber einiges abverlangen.“

Gearbeitet wird mit Hilfe eines Fragebogens, der den Unternehmen beim Erstellen des Gemeinwohl-Berichts helfen soll: Wie sehen die Arbeitsbedingungen in den Zulieferketten aus? Wie fair und solidarisch sind die Beteiligten untereinander? Wie steht es um die ökologische Nachhaltigkeit in der Zulieferkette? Wie werden die Eigenmittel eingesetzt? Welche sozial-ökologischen Folgewirkungen werden bei Investitionen bedacht?

Bilanzierung wird in diesem Monat abgeschlossen

Diese und viele weitere Fragen sind die drei Unternehmen zusammen durchgegangen, und sie wollen die Bilanzierung nun im April 2021 abschließen. Alle drei Unternehmen sind sich einig, dass insbesondere der Austausch und die Zusammenarbeit mit den anderen Unternehmen ein großer Zugewinn war.

Und wie funktioniert die Bilanzierung in den einzelnen Unternehmen? Dazu Lothar Hölzle, kaufmännischer Leiter im Berneuchener Haus: „Mit unseren Teamleiterinnen und Leitern und einigen Mitarbeitenden aus den Fachbereichen haben wir in den vergangenen eineinhalb Jahren regelmäßig Workshops durchgeführt, um sie für die Gemeinwohl-Idee zu sensibilisieren und zu informieren, und wir haben gemeinsam die einzelnen Peergroup-Sitzungen vorbereitet. Beispielsweise haben wir uns darum gekümmert, im Bereich der Anlieferungen und der Produktauswahl neue Lieferanten zu finden, die der Gemeinwohl-Idee entsprechen – keine leichten Aufgaben während des Lockdowns mit Hausschließungen und Kurzarbeit.“

Kritischer und wohlwollender Blick

Steffen Bohnet, Vorsitzender des Vereins Berneuchener Haus, ergänzt: „Der externe kritische und wohlwollende Blick durch die Peergroup-Mitglieder auf das eigene wirtschaftliche Handeln ist für unser Haus sehr wertvoll geworden. Wir haben zum Beispiel gelernt, dass wir manche GWÖ-Ansprüche schon weit besser umgesetzt haben als wir selbst eingeschätzt haben.“

Insbesondere durch die Corona-Pandemie wurde der Prozess in die Länge gezogen. Dies hing einerseits mit den wirtschaftlichen Herausforderungen zusammen, denen fast jedes Unternehmen im vergangenen Jahr ausgesetzt war, aber auch damit, dass die Treffen größtenteils digital stattfinden mussten und ein persönliches Zusammentreffen nicht möglich war. „Auch den zeitlichen Aufwand an sich dürfe man nicht unterschätzen“, so Baumgarten.

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