Seiten auf dem Sprung: Balinger Leseratten schicken ihre Bücher auf Reisen

Von Silke Thiercy

Sie nennt sich Hasi67, ist besessen von der Literatur, von guten Büchern und Geschichten – und davon, diese auch anderen Lesern zugänglich zu machen. Demnächst treffen sie und ihre Gleichgesinnten zum ersten Stammtisch in Balingen. Mit einer großen Gemeinsamkeit: Alle sind Bookcrosser.

Seiten auf dem Sprung: Balinger Leseratten schicken ihre Bücher auf Reisen

Im Schatten des roten Regals treffen sich Bücher-Freilasser im Balinger Bahnhof.

Bücher freilassen? Klingt abenteuerlich. „Hasi67“ erklärt: Bookcrossing ist die Philosophie des Freilassens von Büchern in die „Wildnis“, um dann ihre Reise zu verfolgen und von denjenigen zu hören, die mit ihnen in Kontakt kamen. „Es ist sozusagen eine weltweite offene Bibliothek reisender Bücher.“ Es kombiniert Abenteuer, Uneigennützigkeit und Literatur in einer einmaligen Mischung, denn jeder habe doch Bücher, in die man einmal gelesen hat und welche dann nur im Regal rumstünden oder in einem Karton im Keller oder dem Dachboden lägen.

Bookcrosser treffen sich in Balingen

Was also läge näher, dass sich die Fans dieser Sache im Balinger Kulturbahnhof quasi im Schatten des roten Regals treffen, in dem seit Jahren Bücher abgegeben, mitgenommen, getauscht werden können?

„Hasi67“ ist seit langem mit Peter Seifert in Kontakt. Nun also steht der Termin, an dem sich mehrere Bookcrosser aus der Region zwischen Stuttgart, Schwarzwald und Schwäbischer Alb mal wieder treffen, fest. „Sogar eine Bookcrosserin, die an der Ostsee wohnt und zu der Zeit Urlaub in Albstadt macht, wird dabei sein. Sie nennt sich „Lesefreundin52“ und freut sich schon sehr darauf, die schwäbischen Bookcrosser kennen zu lernen, die sie bisher auch nur aus dem deutschsprachigen Forum der Webseite mit den Nicknamen kennt“, erklärt die Organisatorin. Sie selbst stammt aus Albstadt.

Bücherbefreier sind eine weltweite Bewegung

Die Bewegung hat Millionen Mitglieder rund um den Globus. Und es geht eigentlich ganz einfach, wie die Fachfrau erklärt: Man registriert sich auf der Homepage und legt einen Account mit einem selbstgewählten Fantasienamen an. Es werden nie persönliche Daten veröffentlicht oder weitergegeben. „Wir kennen uns oft untereinander nur mit dem BC-Namen. Bookcrossing ist die seriöseste Webseite die ich überhaupt kenne.“ Hasi67 ist überzeugt vom Konzept.

Die Bookcrosser registrieren ihre Bücher auf der Webseite, so dass jedes Buch eine eigene Nummer (die sogenannte BCID) bekommt. Damit wird das Buch gekennzeichnet. Anhand dieser Nummer kann derjenige, der ein freigelassenes Buch findet auf bookcrossing.com nachschauen, wer das Buch freigelassen ha, wo es schon überall gewesen ist und wie es den bisherigen Lesern gefallen hat.

Selbst kann man dann auch einen Eintrag zu diesem Buch machen, dann wissen die Vorbesitzer, wo das Buch gelandet ist. Wenn man das Buch nun gelesen hat (oder auch nicht), lässt man es wieder frei, z.B. in einer Kneipe, in einem Park, Bus oder Bahn. Oder man gibt es einfach an Bekannte oder Freunde weiter, die dann auch über die BCID einen Journaleintrag machen können. „Je ungewöhnlicher der Freilassort ist, desto häufiger erhält man Fundmeldungen“, erzählt „Hasi67“.

Manche Bücher reisen um die Welt

Wer sich aber nicht registrieren möchte kann diese Fundmeldungen selbstverständlich anonym machen. Alles ist kostenlos und freiwillig, aber die BCler freuen sich natürlich über jede Meldung, damit sie wissen dass es „ihrem“ Buch gut geht. Manche Bücher schaffen es sogar, bis in andere Kontinente zu reisen. Wenn man ein Buch frei lässt, macht man auf der Webseite eine Freilassnotiz, denn dann können andere BCler gezielt „Jagd“ auf das Buch machen. Das habe dann einen Touch von Geocatchen bzw. Schnitzeljagd.