Schutzengel für Motorradfahrer: Ein Teil der L390 bei Rosenfeld hat nun Unterfahrschutz
04.08.2023

© Daniel Seeburger
Der Unterfahrschutz hängt an der Unterseite der Leitplanke, die flexible Kurvenleittafel ist montiert. Monika Schwill (von rechts, stehend) vonm MEHRSi, Alexander Marquart vom Straßenbauamt, Stefan Beilharz von der Firma Beilharz in Vöhringen, Joe Fink von Schwarzwald Cruising Schramberg und Wolfgang Richau vom Arbeitskreis Motorradsicherheit zusammen mit Mitarbeitern der Firma Riedle aus Bodman sind zufrieden.
Manchmal könnten Dinge so einfach sein. Wenn man früh genug handelt. Der Verein MEHRSi steht ein für mehr Sicherheit für Motorradfahrer. Dass das möglich und einfach ist, zeigt nun ein Teilstück der L390 zwischen Rosenfeld und Leidringen. Dort wurde am Freitag ein so genannter Unterfahrschutz angebracht – ein Schutzengel für alle Motorradfahrer.
Monika Schwill vom Verein MEHRSi fährt selbst zwar nicht Motorrad, hat aber schon gute Freunde bei Unfällen verloren. Das hat sie so sehr berührt, dass sie sich nun für mehr Sicherheit für Biker einsetzt. Aktuell betreut sie Angehörige von schwerstverletzten und tödlich verunglückten Motorradfahrerinnen- und fahrer.
Dass mehr Sicherheit auf den Straßen gar nicht so schwierig ist, zeigt der Unterfahrschutz, der am Freitag in einer Länge von 70 Metern an den Leitplanken an einem Teil der L390 zwischen Rosenfeld und Leidringen von der Firma Rieder aus Bodman montiert worden ist.
Tödliche Falle für Biker
Das Prinzip ist einfach. Ein freischwebendes Unterfahrblech wird an den Leitplanken befestigt. Damit ist ein große Problem für den Motorradfahrer entschärft, wenn er während eines Unfalls gegen die Planken prallt. Die Stützpfosten, an denen die Planken befestigt sind, können nämlich zur tödlichen Fallen für den Biker werden. Im schlimmsten Fall können Arme oder Beine amputiert werden, oder der Verkehrsteilnehmer stirbt beim Aufprall.
Gleichzeitig wurden die bisher starren Kurvenleittafeln aus Metall gegen flexible Systeme getauscht. Kommt es zu einem Unfall gebe der Unterfahrschutz nach und verhindere eine Berührung mit den Stützpfosten, erklärt Monika Schwill.
Landratsamtssprecher Steffen Maier erläutert das Prinzip: „Beim Unterfahrschutz handelt es sich um federnd angebrachte Stahlplanken, die im Falle einer Kollision Aufprallenergie absorbieren und außerdem verhindern, dass gestürzte Zweiradfahrer unter den Leitplanken durchrutschen und sich – etwa durch den Zusammenstoß mit den scharfkantigen Stützpfosten – schwere Verletzungen zuziehen.“
Kurvenleittafeln sind nun flexibel
Auch zehn Kurvenleittafeln sind am Freitag ausgetauscht worden. Damit ist ein weiterer Gefahrenfaktor beseitigt. Die neu angebrachten Tafeln sind aus Kunststoff, knicken bei Berührung weg und richten sich dann wieder auf. „Die flexiblen Systeme stammen aus regionaler Herstellung, geliefert werden sie von der Firma Beilharz aus Vöhringen“, so Steffen Maier.
Die Kosten sind verhältnismäßig günstig. 2200 Euro muss das Land für die 70 Meter Unterfahrschutz aufbringen. Die 2600 Euro für die flexiblen Kurvenleittafeln werden von MEHRSi übernommen. Unterstützt wird die gemeinnützige Organisation von Leuten wie Joe Fink aus Schramberg, der selbst Motorrad fährt und mit „Schwarzwald Cruising Schramberg“ Sicherheitstraining, aber auch Touren durch den Schwarzwald anbietet und Harley Davidsons vermietet. Er hilft MEHRSi seit Jahren mit einem festen Beitrag. „Wir sind sehr froh, dass es solche Menschen gibt“, sagt er und zeigt auf Monika Schwill.
Gefahren für Motorradfahrer
„Bei Motorradfahrern lebt das Wir-Gefühl“, sagt Monika Schill und weist auf die breite Welle der Solidarität hin, die ihre Organisation erfährt. Und sie weiß auch: „Biker sind keine Hirnlosraser.“ Trotzdem würden immer wieder Fehler gemacht. Man überschätze sich manchmal, sagt sie. Dazu kommen aber auch Gefahren, die der Motorradfahrer oftmals zu spät erkenne. Dazu gehörten Rollsplitt, eine Ölspur oder Bitumen. „Ein Fahrfehler muss entschuldigt werden können“, sagt Monika Schill.
Im Zollernalbkreis sei bereits an zahlreichen weiteren Straßenabschnitten in den vergangenen Jahren Schutzplanken mit einem Unterfahrschutz installiert worden, führt Steffen Maier aus. Hierzu zählten unter anderem der Lochenpass (L 440 zwischen Meßstetten-Tieringen und Balingen-Weilstetten), der Stich (L 360 zwischen Bisingen-Thanheim und Albstadt-Onstmettingen) und der Dobel (K7145 Meßstetten-Tieringen und Albstadt-Laufen) sowie zuletzt im Frühjahr 2023 die Landesstraße 391 zwischen Grosselfingen und Rangendingen.
Agieren, bevor etwas passiert
„Agieren, bevor etwas passiert“, ist die laut Alexander Martquart vom Straßenbauamt die Devise seiner Behörde. Es werde nicht nach Unfallhäufigkeit, sondern nach Attraktivität der Strecke für Motorradfahrer ausgesucht.
Gerade in den Kurven ist die Unfallgefahr für Biker besonders groß. Und gerade dort steckt noch viel Potenzial für den Unterfahrschutz. Denn von den rund 1000 Kurvenkilometern in Deutschland sind gerade einmal 118 Kilometer mit dieser neuen Technik ausgestattet.
