Geislingen

Scheunentor bleibt weiter zu: Erlaheimer Kultur liegt jetzt im angeordneten Winterschlaf

14.01.2021

Von Rosalinde Conzelmann

Scheunentor bleibt weiter zu: Erlaheimer Kultur liegt jetzt im angeordneten Winterschlaf

© Rosalinde Conzelmann

Winterstille: Der schneebedeckte Baum spiegelt sich im Glas des Scheunentors, das jetzt bald ein Jahr geschlossen ist.

Am 8. November 2020 sollte sich das Tor der Erlaheimer Kulturscheune nach dem ersten Lockdown und einem hoffnungsvollen Sommer wieder öffnen: Der Travestiekünstler Michael Panzer wollte an diesem Tag mit Publikum seinen Geburtstag feiern. Nix war’s. Stattdessen erhielt „Wommy Wonder“ vom H15-Team als Trostpflaster eine nette Karte samt Geschenk und in die Scheune kehrte wieder von oben verordnete (Winter-)Stille ein.

„Er war furchtbar enttäuscht“, sagt Uschi Haller, die Vorsitzende des Kulturvereines H 15. Denn der Auftritt des Stuttgarter Künstlers alias Fräulein Wommy Wonder war bereits einmal geschoben worden. „Auch wir haben uns auf den Auftritt gefreut, aber die Absage war ja nicht unsere Entscheidung“, betont Haller.

Es kam wie erwartet

Sie räumt aber auch ein, dass sich das gesamte Team vor dem geplanten Neustart nach dem ersten Lockdown viele Gedanken gemacht hat, ob die Menschen überhaupt kommen würden. „Denn unser Publikum liegt im mittleren Alter und älter“, sagt sie. Man hätte zwei Vorstellungen mit jeweils nur 25 Zuschauern durchgeführt, um die Abstands- und Hygieneregeln einzuhalten.

Jetzt ist es so gekommen, wie es sich die aktive Vereinstruppe nicht gewünscht, aber irgendwie doch erwartet hat: Dem „Lockdown Light“ im November folgte der harte Lockdown im Dezember unmittelbar und die Kultur im ganzen Land liegt seither weiter am Boden.

Der dritte Versuch

Der Auftritt von Michael Panzer wurde ein drittes Mal verschoben und ist jetzt für den 25. April terminiert. Nach den Erfahrungen in den vergangenen Wochen wagt Uschi Haller aber zu bezweifeln, ob es im April wieder Lockerungen geben wird und kulturelle Veranstaltungen unter Vorgaben durchgeführt werden dürfen.

Nicht nur Panzers Auftritt wurde mehrfach verschoben. Auch der schwäbische Kabarettist Eckhard Grauer alias Leibssle, dessen ursprünglich geplanter Auftritt im März 2020 auf den Januar 2021 geschoben wurde, hat eine erneute Absage bekommen.

Kontakt über Whatsapp-Gruppe

Den Künstlern absagen, sie vertrösten – das war 2020 die Hauptaufgabe des Vorstands- und Führungsteams, dem neben Haller Andrea Reichler, Angelika Welte, Kurt Welte, Bettina Bosch, Melanie Bosch, Jessica Haller, Gerd Hirt, Daniela Neuhoff, Birgit Stehle, Tanja Then, Bettina Walter, Ewald Walter und Tina Walter angehören. Sie halten den Kontakt zueinander über eine Whatsapp-Gruppe aufrecht und sehen sich auch vereinzelt persönlich – aber halt nie mehr zusammen.

Nur ein „Arbeitseinsatz“

Im alten Jahr gab es einen „Arbeitseinsatz“, erzählt die Chefin lachend: In der Scheune wurde der Christbaum aufgestellt, der für die vorbeigehenden Passanten im Lichterglanz leuchtete. Und im neuen Jahr ist sie von Haus zu Haus gegangen, um ihren Vereinskollegen ein gutes neues Jahr zu wünschen und ihnen ein Geschenk zu überreichen.

Ein Jahr ohne Kultur

Uschi Haller wird nachdenklich, wenn sie zurückblickt: „Uns fehlt ein ganzes Jahr.“ Im Februar 2020 wurde in der Kulturscheune beim Fasnetskaffee zum letzten Mal in einer großen Gemeinschaft gefeiert. Diese Veranstaltung wäre dieses Jahr am 10. Februar, einen Tag vor dem Schmotzigen Donnerstag. „Da ist überhaupt nicht dran zu denken“, meint Haller.

Der Verein hat auch seine Hauptversammlung verschieben müssen. Auf der Tagesordnung wären auch Wahlen gestanden. „Wir müssen schauen, wie lange wir die Versammlung noch schieben dürfen“, meint die Erlaheimerin, die mit Sorge auf die nächsten Monate blickt.

Die Künstler sind die Verlierer

Ihr und dem Programmteam tut es vor allem für die Künstler leid, die zur Gruppe der größten Verlierer in der Coronakrise gehören. Der Verein steht finanziell gut da, nach dem Gebäude wird regelmäßig geschaut, die wenigen Aufgaben können auch unter Einhaltung der aktuellen Beschränkungen erledigt werden. Die Kommunikation erfolgt online. Es ist also keine wirkliche Not da. Dennoch blutet dem Team das Herz und alle fiebern dem Neustart entgegen.

„Wir können jederzeit starten“

Die Grundstimmung ist gut, betont Haller. Keiner denke dran, abzuspringen. „Wenn es losgeht, starten wir und sonst warten wir“, nennt die Vereinschefin die Strategie für die nächsten Wochen. Das Team sei flexibel und das Scheunentor schnell wieder geöffnet.

Ebenso wie ihr Team sehnt sich die Erlaheimerin nach Normalität und wünscht sich fest, dass die Erlaheimer im Sommer beim Auftritt von „Hillus Herzdropfa“ wieder gemeinsam lachen dürfen.

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