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Romy Hausmann in Balingen: Die Thriller-Autorin, die selbst kein großer Thriller-Fan ist

Von Benno Haile

Nach der erfolgreichen Premiere der vom Zollernalb-Klinikum veranstalteten und vom ZOLLERN-ALB-KURIER präsentierten „Tatortspuren“ erhält die Veranstaltung am 17. November eine Fortsetzung. Wir haben mit Bestseller-Autorin Romy Hausmann, die in der Balinger Stadthalle zu Gast sein wird, über ihre Thriller und echte Kriminalfälle gesprochen.

Romy Hausmann.

Romy Hausmann war nicht immer Schriftstellerin. Bevor sie Bestseller-Autorin wurde, arbeitete sie als Redaktionsleiterin einer TV-Produktionsfirma: „Ich habe Trash-TV gemacht: Doku-Soaps und Reportagen, unter anderem auch Frauen-Tausch und Shopping Queen“, zählt sie auf. „Fernsehen, was man nicht unbedingt braucht.“

Als ihr Sohn auf die Welt kam und sie eine Babypause machte, fing sie an Romane zu schreiben. Der erste erschien 2011. Zunächst seien ihre Geschichten sehr „edgy“ gewesen, ausgefallen, provokativ und – wie Hausmann sagt: sperrig. „Die ersten beiden Romane haben gar nicht funktioniert und sind hemmungslos gefloppt, weil sie sehr speziell waren.“

Eine Leserin bringt sie auf die richtige Spur

Sie habe vielleicht 30 Bücher verkauft; die Rezensionen konnte sie an einer Hand abzählen. Doch in einer davon steckte ein wertvoller Tipp: „Die Frau hat mir empfohlen, ich solle etwas machen, dass die Leute traumatisiert, denn ich habe anscheinend den Psychoterror drauf.“

„Warum nicht?“, sagte sich Hausmann und wechselte das Genre und schrieb mit ihrem Thriller-Debüt „Liebes Kind“ prompt einen Bestseller, der von Netflix verfilmt wird: „Ich kannte mich in dem Genre eigentlich gar nicht aus, ich dachte, dass Thriller sehr auf die Zwölf sein müssen, mit Gedärmen und haste nicht gesehen – das wollte ich nicht machen.“

Die Unerfahrenheit im Genre sei letztendlich ein Vorteil gewesen: „Deshalb sind meine Thriller anders als viele andere.“

Die Frau, die sie auf die richtige Spur gebracht hatte, hat Hausmann Jahre später ausfindig gemacht und ihr eröffnet, dass sie dafür verantwortlich ist, dass sie heute Thriller schreibt: „Es war diese eine Rezension, aber sie hatte so Recht.“

Hausmann interessiert die Geschichte hinter den Verbrechen

Der Schrecken an den Verbrechen ist für Hausmann dabei nicht das, was den Reiz ausmacht: „Viel Blut und Serienkiller und nach Seite drei kommt der Axtmörder – das finde ich nicht spannend“, sagt sie. Die Motive, die Psychologie und die Menschen hinter den Geschichten seien viel spannender: „Per se interessiere ich mich gar nicht für Thriller, aber ich halte das für eine extrem gute Spielwiese für andere Themen.

Doch Romy Hausmann denkt sich nicht nur Verbrechen für ihre Bücher aus, sondern rollt im True-Crime-Podcast zusammen mit Forensiker Dr. Mark Benecke echte Fälle neu auf oder bespricht im Podcast mit Journalist Florian Gregorzyk und wechselnden Experten-Gästen die aktuellen Tatort-Folgen.

Bei Benecke hatte sie auch versucht, sich für ein Praktikum in dessen Büro anzutragen, der habe aber gemeint, das solle sie besser lassen: „Ich bin vom Typ her eher ein naives Blumenmädchen.“

Sie sucht den Kontakt zu Angehörigen der Opfer

Auch beim Thema True-Crime will Hausmann Dinge anders machen: „Hinter den Fällen stecken echte Menschen und wir konsumieren die Geschichte wie Unterhaltung – wie das in manchen Formaten behandelt wurde, fand ich respektlos“, sagt Hausmann.

„Es ist einfach einen Fall nur zu dokumentieren.“ Um die Distanz zu überwinden und so nah wie möglich an der Geschichte dran zu sein hat Hausmann dazu auch den Kontakt zu Angehörigen und Menschen, die an den Fällen beteiligt waren. „Ich wollte tiefer graben: Wie geht es einer Familie, deren Tochter vor 14 Jahren ermordet wurde.“

Fälle, die in Erinnerung bleiben

Ein Fall, der ihr besonders in Erinnerung geblieben ist, war der Tod der Phoebe Handsjuk. Mit den Angehörigen der jungen Australierin, die tot im Müllraum ihres Hochhauses gefunden wurde, stand Hausmann über ein halbes Jahr in täglichem Kontakt.

In einem anderem Fall habe sie „halb Missouri“ umgegraben, um Steve Haymes zu finden. Der ehemalige Bewährungshelfer hatte geholfen, einen Serienkiller dingfest zu machen. „Weil er von einem Fall persönlich betroffen war, hat er es sich zur Lebensaufgabe gemacht, ihn aufzuklären.“

Bei allen Grausamkeiten, die sie dokumentiere, sei es auch schön zu sehen, dass es Menschen wie Haymes gebe, die sich einer Sache so verschreiben, um Licht ins Dunkle zu bringen.

Vorfreude auf „Tatortspuren“

Und auch wenn sie durch ihre Arbeit viel Kontakt mit Experten und Fachleuten hat: Dr. Silke Grabherr, die Direktorin des Instituts für Rechtsmedizin in Genf/Lausanne, und Axel Petermann, den ehemaligen Profiler der Bremer Mordkommission, die am 17. November ebenfalls in der Stadthalle Balingen zu Gast sind, kennt Romy Hausmann noch nicht persönlich: „Auf die beiden freue ich mich besonders“, sagt Hausmann über die „Tatortspuren“-Veranstaltung.

„Die beiden werden richtig coole Fälle mitbringen. Mir wird es da gehen, wie den Zuschauerinnen und Zuschauern: Ich werde da sitzen und werde es gar nicht fassen können, dass ich da zuhören und teilhaben darf.“

Info

Die „Tatortspuren“ finden am 17. November um 19 Uhr in der Balinger Stadthalle statt. Tickets gibt es in den ZAK-Geschäftsstellen – für Abonnenten zum Vorteilspreis.