Winterlingen

Risse bereiten große Sorgen: Was wird aus dem Kirchlein in Harthausen?

17.10.2019

Von Volker Schweizer

Risse bereiten große Sorgen: Was wird aus dem Kirchlein in Harthausen?

© Volker Schweizer

Ein Riss über der Eingangstür zieht sich hoch bis ins Bild des Heiligen Christophorus.

Die 14-Nothelfer-Kapelle in Harthausen braucht Hilfe. Mit einem neuen Anstrich ist es nicht getan. Der Ortsvorsteher spricht von einer Herkulesaufgabe.

Glücklich über die umfangreiche Sanierung vor über zehn Jahren glaubten die Harthausener, vorerst vor weiteren Baumaßnahmen verschont zu bleiben. Aber schon zeigen sich wieder Risse in der Decke und den Außenwänden, vor allem über der Eingangstür und im Bereich der Fenstereröffnungen. Sorgen bereiten auch die Verfärbungen an der einst schönen Fassade.

Neuer Anstrich reicht nicht aus

Zuerst war angedacht, die Risse zu schließen und der Kapelle einen neuen Anstrich zu verpassen. „Doch damit ist es leider nicht getan“, bedauert Ortsvorsteher Emil Oswald, der auch Vorsitzender des Fördervereins 14-Nothelfer-Kapelle ist. Er verweist auf eine von der Gemeinde Winterlingen in Auftrag gegebene Prüfung des Bruchsteinmauerwerkes. Robert Ott aus Gammertingen, ein Sachverständiger für Holzschutz, kommt zum Schluss, dass die Risse auf unsachgemäße Reparaturarbeiten, Pilzbefall – im besonderen durch Wassereintritt – und Setzungen zurückzuführen sind. Und auch die Bäume um die Kapelle herum können für die Schäden mitverantwortlich sein.

Kostenschätzung: rund 100 000 Euro

Laut Oswald geht die erste Kostenschätzung von deutlich über 100.000 Euro aus. Das meiste Geld würde in die Instandsetzung des Dachstuhls fließen. In der Summe ist ein neuer Anstrich noch gar nicht berücksichtigt. Emil Oswald spricht von einer Herkulesaufgabe. Momentan stehe es noch in den Sternen, ob der Förderverein eine erneute Sanierung diesen Umfangs schultern könne. Er baut auf die Unterstützung durch die Gemeinde, die Kirchengemeinde, das Land Baden-Württemberg und von Spendern. Auch hofft Oswald, dass sich wieder viele Bürger mit Eigenleistungen einbringen. „Wo ein Wille ist, ist auch ein Weg“, zeigt sich der Ortsvorsteher vorsichtig optimistisch. Nächster Schritt sei nun, mit dem Denkmalamt Kontakt aufzunehmen, um eine fachliche und finanzielle Unterstützung abzufragen.

Beispielhafte Gemeinschaftsaktion

Die letzte Großbaumaßnahme liegt über zehn Jahre zurück. Bevor man sich im Jahr 2007 an die Innenrenovierung machte, wurde im Zeitraum von zwei Jahren in einer beispielhaften Gemeinschaftsaktion der Außenbereich mit einer Drainage versehen, der schadhafte Putz entfernt, das Dach neu eingedeckt und die Wände in einem zarten Gelbton gestrichen.

Risse bereiten große Sorgen: Was wird aus dem Kirchlein in Harthausen?

© Volker Schweizer

Unübersehbar sind die Schäden an der Außenfassade des kleinen Gotteshauses.

Die Arbeiten in der Kapelle begannen mit dem Abbau des Altars, der in der Übergangszeit in der Winterlinger Bank eingelagert war. Dort befanden sich auch die Bänke, denn der Holzboden im Kirchenschiff musste abgebaut werden. Zudem wurde im Altarbereich das Erdreich abgegraben sowie der morsche Eichenbalken entfernt und gegen einen neuen ersetzt. Neu sind seither auch die elektrische Leitungen. Auf eine Heizung wurde aus Kostengründen verzichtet. Dafür ersetzte man aber die Waschbetonplatten durch Fliesen in einem warmen Braunton.

Hochwertige Bilder und Gemälde

Zum Schluss erhielten die Decke und die Wände einen frischen Anstrich. Viel Geld kostete die Restaurierung des mächtigen Hochaltars und der hochwertigen Bilder und Gemälde – darunter „St. Josef mit dem Jesuskind“ und „Schmerzensmutter unter dem Kreuze“, der 14 Kreuzwegstationen und der verschiedenen Votivtafeln aus dem 19. Jahrhundert. Das Käpellefest, Altpapiersammlungen, ein Narrentreffen und Spenden lieferten die Mittel für das damalige Mammutprojekt mit Kosten in Höhe von rund 50.000 Euro. Finanzielle Hilfen kamen von der Gemeinde Winterlingen und vom Land.

Bewegte Geschichte

Die 14-Nothelfer-Kapelle geht zurück auf eine Stiftung, die der gebürtige Harthausener und in Wien ansässige Gregor Haag im Jahr 1740 gemacht hat. Die Glocke stammt aus dem 18. Jahrhundert. Das Altarbild mit den 14 Nothelfern wurde erst 1742 fertiggestellt. 1902 ersetzte man das ursprüngliche Gemälde des Sigmaringer Barockmaler Andreas Meinrad von Aw durch eine neue, dem damaligen Zeitgeschmack entsprechende Darstellung. Dieses jüngere Altarbild mit derselben Thematik hat der aus Harthausen stammende Freisinger Maler Adalbert Kromer geschaffen. Die alte Altartafel ist heute an der nördlichen Langhauswand der St.-Mauritius-Kirche zu sehen. Dort sind am unteren Bildrand auch das Wappen des Stifters sowie die Jahreszahl 1742 zu erkennen.

Platz für bis zu 50 Gläubige

Pater Tutilo aus Beuron – ein Freund des damaligen Ortspfarrers Konrad Grom – malte Anfang der 1950er Jahre ein Deckenbild, zu dem nicht nur die Handwerker, sondern auch der Pfarrer und der damalige Mesner Julius Pfaff Modell stehen mussten. Die Kinder aus der Kapellenstraße wurde als Engelschar im Deckengemälde verewigt. Ein Kuriosum ist, dass die Kapelle seit jeher im Eigentum der bürgerlichen Gemeinde ist. Platz finden in der Kapelle bis zu 50 Gläubige.

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