Zollernalbkreis

Positive Bilanz: Bildungsmesse Visionen überzeugt auch in digitaler Form

24.09.2021

Von Jelena Marjanov

Positive Bilanz: Bildungsmesse Visionen überzeugt auch in digitaler Form

© Realschule Schömberg

Einblick: Die Schülerinnen und Schüler der Realschule Schömberg beim Erkunden der digitalen "Visionen".

Wie hat der virtuelle Messebesuch geklappt, was war geboten und welches Fazit ziehen Aussteller und Veranstalter? Ein persönlicher Einblick in die diesjährige Ausgabe der Bildungsmesse Visionen.

Seit 15 Jahren hat die Bildungsmesse Visionen einen festen Platz im Terminkalender der Abschlussklassen des Zollernalbkreises. Ich selbst erinnere mich noch gut daran, wie es zu meiner Schulzeit war.

Rückblick in die eigene Schulzeit

Wenige Tage vor der Messeveranstaltung bekamen wir in der Schule die Sonderbeilage zu den „Visionen“ ausgeteilt. Meine Mitschüler und ich blätterten darin, schauten uns den Messeplan an und legten schon vorab fest, welche Unternehmen oder Hochschulen wir an ihren Ständen besuchen möchten.

Entsprechend groß war die Freude, als wir rund zwei Wochen nach Anfang des neuen Schuljahres gemeinsam mit unseren Lehrern einen Ausflug nach Balingen machten. Die Sparkassenarena war unsere erste Station: Informative Vorträge von den Verantwortlichen und einigen Auszubildenden warteten dort auf uns. Anschließend machten wir mit weiteren Schulklassen aus dem ganzen Kreis scharenweise das Messegelände unsicher.

Absage im vergangen Jahr ...

Zahlreiche Unternehmen, Hochschulen und Institutionen waren vertreten und warben für ihre Praktikumsstellen, Weiterbildungsmöglichkeiten, Ausbildungsberufe oder Studiengänge. Wenige Jahre später stand ich dann selbst an solch einem Messestand, diesmal auf der anderen Seite allerdings, und habe den Zollern-Alb-Kurier während meiner Ausbildungszeit auf der Bildungsmesse vertreten.

Vergangenes Jahr konnten die „Visionen“ aufgrund der Corona-Pandemie nicht stattfinden – der persönliche Kontakt zu den Absolventen blieb aus. Doch die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Zollernalbkreis (WFG) hatte eine Lösung parat: Die Schülerinnen und Schüler kommen nicht zur Messe, sondern die Messe zu ihnen – digital.

... digitale Messe in diesem Jahr

Der Zollern-Alb-Kurier und die Hohenzollerische Zeitung waren als Medienpartner wieder mit an Bord und ebenfalls mit einem Messestand vertreten. Von 8.30 Uhr bis 15.30 Uhr konnten sich die Schüler online über ihre Zukunftsmöglichkeiten informieren.

Virtuelle Messestände, der Job-Finder sowie wissenswerte Informationen rund um das Thema Berufswahl standen den Besuchern unter anderem zur Verfügung. Mit verlinkten Videos, Social-Media-Kanälen, Infobroschüren sowie Steckbriefen zu den Ausbildungsberufen, Studiengängen und Praktika rundeten die Aussteller das Angebot ab.

Persönlicher Kontakt trotz Abstand

Lange dauerte es nicht, bis mich die ersten Nachrichten über den Live-Chat erreichten. „Welche Voraussetzungen werden für den Beruf benötigt?“, „Wie lange dauert die Ausbildung?“, „Welche Weiterbildungsmöglichkeiten gibt es?“ und „Wie viel verdient man später?“ sind nur ein Auszug der Fragen, die die Schülerinnen und Schüler gestellt haben. Zeitweise betreute ich mehrere Chats gleichzeitig, so groß war das Interesse.

Aber auch kritische Fragen wie „Gibt es die Print-Zeitung in ein paar Jahren überhaupt noch?“ erreichten mich. Viele Jugendliche gingen mit Weitsicht an das Thema Berufswahl heran, informierten sich ausführlich und fragten nach möglichen Praktika. So kam es schon auch vor, dass manch ein Chat über eine halbe Stunde geführt wurde.

Persönlicher Eindruck

Mein Fazit: Natürlich kann eine digitale Bildungsmesse die „richtigen“ Visionen nicht vollkommen ersetzen. Aber mit dem Live-Chat sowie den Online-Messeständen können sich die Schülerinnen und Schüler ganz in Ruhe und nachhaltig über die Weiterbildungsmöglichkeiten und Ausbildungsberufe informieren.

Die Plattform wird auch nach dem Messetermin online bleiben und soll regelmäßig aktualisiert werden – damit also eine gute Ergänzung zu der Präsenzveranstaltung bleiben.

Und welches Fazit ziehen Aussteller und Veranstalter?

  • Polizeipräsidium Reutlingen: „Bereits am ersten Tag gab es viele Chats mit wirklich interessierten Schülern“, so Lambert Maute, zuständig für Einstellungsberatung und Berufsinformation im Zollernalbkreis. Die Anfragen hätten sich vor allem auf die Dauer und den Ablauf der Ausbildung und des dualen Studiums bezogen.

    Eine häufig gestellte Frage sei auch das Aufgabengebiet im Polizeidienst gewesen. „Bis auf einige wenige unqualifizierte Anfragen konnten an den ersten beiden Tagen bereits weit über 100 Chats geführt werden“, resümiert Maute.

    „Wir können durchaus eine positive Zwischenbilanz ziehen, würden uns jedoch wieder eine ‚richtige‘ Messe mit Schülern am Infostand und authentischen Gesichtern wünschen.“

  • Sparkasse Zollernalb: „Da die Bildungsmesse zum ersten Mal in dieser Form durchgeführt wurde, war ich sehr gespannt, wie die Resonanz der Schülerinnen und Schüler auf diese Form der Infobeschaffung zu den Ausbildungs- und Studienmöglichkeiten sein wird“, so Ausbildungsleiter Michael Habfast.

    „Ich war sehr überrascht und auch erfreut, dass die Chatfunktion so intensiv für Fragen zu unserer Ausbildung und unserem Studium genutzt wurde.“ Seiner Ansicht nach, sei die Hemmschwelle, über das digitale Medium mit ihnen in Kontakt zu treten, wesentlich geringer gewesen, als direkt am Messestand.

    „Es war eine neue Erfahrung, ich hoffe jedoch, dass wir die Ausbildungsmesse im nächsten Jahr wieder in Präsenz durchführen können“, schreibt Habfast. Der persönliche Austausch mit dem gegenseitigen Kennenlernen sei für beide Seiten einfach noch wertvoller und zielführender für einen Abgleich, ob Beruf und Betrieb passen würde, begründet Habfast.

  • Volksbank Hohenzollern-Balingen: „Die Bildungsmesse Visionen hat auch digital sehr gut funktioniert“, so Jochen Riexinger, Bereichsleiter Personal, für die Ausbildungsleiterinnen und -leiter der „Volks-und Raiffeisenbanken für Sie im Zollernalbkreis“. Mit dem digitalen Messestand und den Chat-Funktionen sei man technisch optimal ausgestattet gewesen.

    Die Anzahl der Kontakte könne aber nicht mit einer Messe vor Ort verglichen werden, da keine direkte Ansprache möglich gewesen sei. „Wir können uns in Zukunft eine Kombination aus Präsenz- und Online-Messe gut vorstellen“, teilt Riexinger mit.

  • Bizerba: „Wir sind sehr froh und dankbar, dass die Bildungsmesse überhaupt wieder stattfindet, hoffen aber gleichzeitig, dass die Messe in 2022 wieder in Präsenz stattfinden kann“, so Axel Merz, Ausbilder für Mechatronik und Technisches Produktdesign.

    „Die Nachfrage an unserem virtuellen Messestand ist sehr groß, unser Chat ist permanent von drei bis fünf Ausbildern besetzt.“ Ein starker Rückgang der aktuellen Bewerberzahlen zeige sehr deutlich, was ein Wegfall von Bildungsmessen und Praktika während der Pandemie für Ausbildungsbetriebe bedeutet.

  • Gühring: „27 Chats und mehr gleichzeitig? Ich bin total sprachlos über diesen Andrang“, schreibt Kathrin Stricker, Leitung Kaufmännische Ausbildung. „Sehr viele Anfragen gab es zu Schülerpraktika, die in den letzten 1,5 Jahren so gut wie ausgefallen sind.“ Es scheine, als würden die Schülerinnen und Schüler in den Startlöchern stehen, um endlich „Betriebsluft“ schnuppern und praktische Erfahrungen sammeln zu können.

    „Vielen war auch wichtig, was sie in der Ausbildung verdienen werden, diese Frage kenne ich von Messen im persönlichen Gespräch eher selten“, so Stricker. Der Nachteil einer digitalen Messe sei ihrer Meinung nach: „Bei einer Präsenzveranstaltung sehen die Schülerinnen und Schüler wenn viel los ist und kommen im besten Fall zu einem späteren Zeitpunkt wieder.“

    „Bei der digitalen Version erhält man nicht in der gewünschten und erwarteten Zeit eine Rückmeldung und zieht eventuell enttäuscht von dannen“, vermutet Stricker. Jedoch hätten sich einige Besucher am Nachmittag noch einmal gemeldet, da ihnen die Zeit morgens in der Schule zu kurz gewesen sei.

  • Wirtschaftsförderungsgesellschaft Zollernalbkreis: „Das spontane Feedback zur ersten rein digitalen Bildungsmesse Visionen war fast durchweg äußerst positiv“, freut sich WFG-Chefin Silke Leibold und berichtet von Gesprächen mit Ausstellern, die beim Chatten von den Schülerinnen und Schülern förmlich überrannt worden sind.

    So extrem sei es natürlich nicht bei allen gewesen, aber die meisten hätten sich doch sehr zufrieden gezeigt. „Wie schon im Vorfeld ein wenig erwartet, war für viele Besucher die Hemmschwelle, sich per Chat an die Unternehmen und Bildungseinrichtungen mit Fragen zu wenden, doch etwas geringer als beim Face-to-Face-Gespräch am Messestand“, so Leibold.

    „Viele Aussteller messen dem persönlichen Kennenlernen aber weiterhin einen hohen Stellenwert bei, weshalb wir den Weg der Visionen für die Zukunft zweigleisig sehen“, ergänzt Projektleiterin Carina Mayer. Man wolle die Vorteile beider Varianten nutzen und den Besuchern künftig die Möglichkeit bieten, sich sowohl online, über die nachhaltige Plattform, als auch am realen Messestand umfassend zu informieren – sofern es die Pandemielage natürlich zulasse.

    „Wir sind begeistert von der großen Resonanz. Nahezu alle relevanten Schulen im Kreis sowie rund 120 Unternehmen, Behörden und Bildungseinrichtungen haben sich zusammen mit uns auf dieses neue Messeerlebnis eingelassen und eine erfolgreiche digitale Bildungsmesse damit ermöglicht“, bedanken sich abschließend Leibold und Mayer bei allen Beteiligten.
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