Polizei informiert auf dem Balinger Marktplatz über die Maschen der Telefonbetrüger

Von Jelena Marjanov

Enkeltrick, Gewinnversprechen und Co.: Besonders ältere Mitbürger werden Opfer der manipulativen Anrufe. Wie reagiert man in solch einer Situation am besten und was kann man tun, um sich selbst zu schützen? Das Polizeipräsidium Reutlingen, der Weisse Ring und der Kreisseniorenrat Zollernalb informieren.

Polizei informiert auf dem Balinger Marktplatz über die Maschen der Telefonbetrüger

Sie stehen mit Rat und Tat zur Seite: Karl Maier und Hermann Muth (Weisser Ring) sowie Lothar Rieger (Polizeipräsidium Reutlingen) (von links) und ihre Teams informieren vor Ort sowie mithilfe der Bäckertüten über die Maschen der Telefonbetrüger.

Das Polizeipräsidium Reutlingen hat am Montag in Kooperation mit den Vereinen Kommunale Kriminalprävention Zollernalbkreis und Weisser Ring sowie dem Kreisseniorenrat Zollernalb das Präventionsprojekt „Bäckertüten gegen Telefonbetrüger“ fortgesetzt.

Um Telefonbetrug zu bekämpfen, wurden bereits vergangenen Herbst 150.000 Bäckertüten mit dem Aufdruck „Vorsicht! Die Polizei warnt vor Telefonbetrügern“ in Zusammenarbeit mit der Bäckerinnung an die Kunden verteilt.

Infostand bringt direkten Kontakt

Zusätzlich sollte das Projekt im Oktober 2020 mit einem gemeinsamen Infostand auf dem Balinger Marktplatz ergänzt werden. Aufgrund der Corona-Pandemie war das im vergangen Jahr jedoch nicht möglich, weshalb das Projekt nun weitergeführt wurde.

Von 10 bis 14 Uhr konnten sich interessierte Bürger auf dem Balinger Marktplatz über die Maschen „der dreisten und gewieften Telefonbetrüger“ informieren, so das Polizeipräsidium Reutlingen in einer Pressemitteilung. Lothar Rieger von der Kriminalprävention war vor Ort und warnt: „Auf keinen Fall Auskunft über die persönliche finanzielle Situation am Telefon geben.“

Die Kriminellen agieren oft manipulativ

Viele Menschen würden ihr Vermögen auf der Bank, einem Konto oder im Schließfach verwahren. Sobald die Betrüger das wüssten, telefonieren sie stundenlang mit den Opfern und agieren manipulativ. Oftmals soll es sich um angebliche Verwandte handeln, die Geld für eine Immobilie oder zur Behandlung einer Krankheit brauchen. „Sie sagen, dass das Gespräch geheim bleiben soll oder die Betroffenen anschließend niemanden anrufen sollen“, so Rieger.

Hermann Muth, Mitarbeiter des Weissen Rings im Zollernalbkreis, rät, dass man misstrauisch sein, das Telefonat beenden und anschließend die Polizei informieren sollte. „Die Betroffenen werden häufig einem Psycho-Terror ausgesetzt und leiden beispielsweise unter Schlafentzug“, so Muth. Wer vorher informiert sei, wie man in so einer Situation richtig reagiert, könne die Masche durchschauen.

Gesamtschaden geht in die Millionen

Laut aktuellen Zahlen registrierte das Polizeipräsidium Reutlingen im vergangenen Jahr knapp 2.900 Anrufe von Betrügern. Diesen sei es in 108 Fällen mit Lügengeschichten am Telefon gelungen, Geld und Wertsachen zu erbeuten.

Und obwohl sich die Gesamtzahl der polizeilich registrierten Anrufe im Vergleich zum Vorjahr nur leicht um rund 150 erhöht hätte, sei der Gesamtschaden um über 600.000 Euro auf mehr als 2,2 Millionen Euro angestiegen. Vor allem ältere Menschen würden auf perfide Art und Weise um ihre Erspartes gebracht.

Betrüger geben sich als Polizeibeamte aus ...

„In Einzelfällen entstanden sogar beträchtliche Schäden von mehreren hunderttausend Euro“, heißt es. Immer noch würden sich Kriminelle am häufigsten als Polizeibeamte ausgeben, die das Vermögen der angerufenen Senioren angeblich sicherstellen wollen, bis die „wahren“ Kriminellen von der Polizei festgenommen werden.

„Es gibt keine Stelle oder Versicherung, die die Schäden wieder gut macht“, sagt Karl Maier, Außenstellenleiter des Weißen Rings im Zollernalbkreis. „Oft empfinden die Betroffenen Scham, leiden oder sind einfach hilflos.“

... und manipulieren Telefonanlagen

Übrigens kann man die Anrufer nicht immer gleich an der Nummer auf dem Display erkennen: „Die Telefonanlagen sind oft manipuliert, so dass einem eine Balinger Vorwahl angezeigt wird“, so Maier. Ihm zufolge solle man auf das eigene Bauchgefühl hören, das man in den ersten Minuten des Gesprächs verspürt.

„Häufig erscheint beispielsweise die Nummer 07433 110 auf dem Display und man denkt, die Polizei ruft an“, fügt Rieger an. „Am besten die angegebene Nummer ablesen und für die Kollegen notieren.“ Die Kriminalpolizei versuche anschließend durch Befragung der Opfer sowie weitere Ermittlungen, die sogenannten Abholer zeitnah zu erwischen oder zumindest Zusammenhänge zwischen den Fällen zu erkennen.

Keine Auskunft über Wertsachen oder Erspartes geben

„Aber auch mit Enkeltrick, Gewinnversprechen und anderen Maschen wird ständig versucht, Angerufene zu ködern und auszunehmen“, informiert das Polizeipräsidium Reutlingen. Der Enkeltrick sei beispielsweise bereits seit 30 Jahren eine beliebte Masche, so Rieger. „Die Täter suchen sich häufig älter klingende Vornamen aus dem Telefonbuch heraus“, sagt er. Hermann Muth fügt an, dass weibliche Vornamen zudem den Eindruck von alleinstehenden Frauen erwecken.

Wer den Betrügern am Telefon über vorhandene Wertsachen oder Erspartes Auskunft gibt, liefere diesen sofort eine Steilvorlage. „Mit dem Wissen auf lohnende Beute lassen sie daraufhin nicht mehr locker und ziehen alle Register“, warnt das Präsidium in der Pressemitteilung. Deshalb solle die auf den Bäckertüten abgedruckte Botschaft der Polizei stets beachtet werden.

Zudem bieten Spezialisten des Referats Prävention Vorträge zum Thema Enkeltrick und falsche Amtspersonen an. Weitere Informationen rund um das Thema gibt es telefonisch unter 07121 942 1202 oder per Mail an reutlingen.pp.praevention@polizei.bwl.de sowie auf polizei-beratung.de.