Zollernalbkreis

Pendlerzahlen für den Zollernalbkreis: Mehr Arbeitnehmer fahren hinaus als hinein

02.08.2019

Von Pascal Tonnemacher

Pendlerzahlen für den Zollernalbkreis: Mehr Arbeitnehmer fahren hinaus als hinein

© Pascal Tonnemacher

Ein Interregio-Express wartet am Bahnhof in Balingen: Viele Pendler nutzen für ihre täglichen Strecken den Zug.

Fast ein Drittel der Beschäftigten im Zollernalbkreis pendelt zur Arbeit in einen anderen Landkreis. Lediglich Albstadt, Balingen und Jungingen weisen einen Einpendlerüberschuss auf. Die meisten Zollernälbler pendeln in die Nachbarkreise wie Tübingen und Sigmaringen.

Immer mehr Berufstätige in Baden-Württemberg pendeln zur Arbeit. 2017 waren es rund 3,4 Millionen Pendler, ein Plus von 5,2 Prozent im Vergleich zur Erhebung 2015. Das ergab die Berufspendlerrechnung 2019 des Statistischen Landesamtes.

Die Zahl derer, die innerhalb ihrer Wohngemeinde arbeiten, stieg hingegen nur um 0,5 Prozent auf gut 2,3 Millionen. Über 90 Prozent des Zuwachses an Erwerbstätigen zwischen 2015 und 2017 ging demzufolge auf das Konto der übergemeindlichen Pendler.

Jede der 1.101 Gemeinden in Baden-Württemberg ist zwar das Ziel von Einpendlern. Allerdings wiesen im Jahr 2017 lediglich 197 Gemeinden einen positiven Pendlersaldo, also einen Einpendlerüberschuss, auf. Dieser Trend ist auch im Zollernalbkreis deutlich zu erkennen.

Knapp ein Drittel pendeln raus aus dem Kreis

Hier wohnen laut dem Pendleratlas der Bundesagentur für Arbeit (Daten von 2017) 78.770 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte. Von ihnen pendeln 23.415 (29,7 Prozent) zur Arbeit in einen anderen Kreis (Auspendler). Gleichzeitig pendeln 13.343 Beschäftigte, die in einem anderen Kreis wohnen, zur sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung in den Zollernalbkreis (Einpendler).

Der Saldo von Aus- und Einpendlern beläuft sich damit auf -10.072, der sogenannte Pendlersaldo. Deutlich mehr Beschäftigte fahren also raus aus dem Zollernalbkreis als hinein. Insgesamt haben damit 68.698 sozialversicherungspflichtig Beschäftigte ihren Arbeitsort im Zollernalbkreis, von ihnen sind 19,4 Prozent Einpendler.

Albstadt und Balingen haben mehr Einpendler

Auf Gemeindeebene betrachtet fällt auf, dass laut der Berufspendlerrechnung 2019, die wiederum auf anderen Daten als der Pendleratlas beruht, in sämtlichen Gemeinden ein leichtes oder gar sattes Minus an Pendlern zu verzeichnen ist.

Wenig überraschende Ausnahmen: Balingen (mit einem Pendlersaldo von 256 Personen je 1000 Erwerbstätige) und Albstadt (Pendlersaldo von 113 Personen), die wohl jeweils mitd den großen Firmen Arbeitnehmer aus dem Umkreis anlocken.

Jungingen überrascht mit dickem Plus

Auf den ersten Blick kurios: Das größte Plus im Landkreis verzeichnet das kleine Jungingen mit einem Pendlersaldo von 351 Personen je 1000 Erwerbstätige in der Gemeinde.

Für Bürgermeister Harry Frick jedoch eine klare Sache: „Jungingen ist eine attraktive Industriegemeinde im schönen Killertal. Seit Jahrzehnten haben wir hier deutlich mehr Einpendler als Auspendler. Dies liegt an den florierenden Junginger Firmen, die weltweit vernetzt und wirtschaftlich sehr erfolgreich sind und damit beliebte Arbeitsplätze anbieten können“, sagt er auf Anfrage und schlägt anschließend auch den Haken zur Gewerbesteuer, bei der Jungingen im Kreisvergleich regelmäßig auf den Spitzenplätzen stehe.

„Hierdurch können wir der Bevölkerung eine überdurchschnittliche Infrastruktur anbieten“, so Frick und fasst zusammen: „Unsere Einpendler kommen überwiegend aus den Nachbargemeinden, womit sich der gesamtgesellschaftliche Nutzen positiv darstellen lässt.“

Nicht nur Mittelständler locken nach Albstadt

Auch Albstadts Oberbürgermeister Klaus Konzelmann ist nicht verwundert darüber, dass viele Menschen nach Albstadt zum Arbeiten fahren. Möglichst schnell und klimaneutral, so Konzelmann. Er sieht darüber hinaus nicht nur die vielen Mittelständler sondern auch renommierte kleine und große Handwerksbetriebe und Dienstleister im Stadtgebiet als „Magnete“ für Arbeitnehmer aus den Nachbarkommunen.

Doch es gibt auch Kritik am Pendeln, sei es aus Gesundheits- oder Umweltgründen. Es ist eigentlich eindeutig, aber oftmals nicht vermeidbar: Mehrere Studien belegen gesundheitliche Folgen, die regelmäßiges, langes Pendeln haben kann. Viele sind nach einiger Zeit gestresst oder übermüdet. Und auch die Umwelt leidet beispielsweise unter zusätzlichem Straßenverkehr.

Balingen will weniger und umweltfreundlicheren Pendelverkehr

Balingens Oberbürgermeister Helmut Reitemann sieht den Berufspendelverkehr im ländlichen Raum als quasi unvermeidbar an. Denn es fehlt ein dichtes Angebot an öffentlichen Verkehrsmitteln und die zwischenzeitlich sehr differenzierten Arbeitszeiten würden bei Sammelbussen zu genau festgelegten Zeiten zu Arbeitsbeginn und –ende einen Strich durch die Rechnung machen. Doch er würde den Pendelverkehr gern reduzieren und umweltfreundlicher gestalten.

Reitemann sieht die Lösung deshalb eher darin, verstärkt Home-Arbeitsplätze und Rufbussysteme einzurichten sowie E-Fahrzeuge für den Pendelverkehr zu benutzen. Dafür setze sich die Stadt mit dem Ausbau von notwendiger Infrastruktur ein wie ein zusätzliches städtisches Angebot zum kreisweiten Rufbussystem, den Ausbau des Breitbandnetzes sowie öffentliche Ladesäulen.

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