Balingen

Ostdorfer Rinderflüsterer erzählt von seinem stetigen Kampf mit den Behörden

23.01.2020

Von Renate Deregowski

Ostdorfer Rinderflüsterer erzählt von seinem stetigen Kampf mit den Behörden

© Renate Deregowski

Gespannt hören die Zuschauer den Schilderungen des Ostdorfer Rinderflüsterers Ernst Hermann Maier zu. Er erzählte unter anderem über die artgerechte Tötung der Rinder.

Bei seinem monatlichen Bahnhofstreff in Balingen begrüßte der Verein „Regionalgenial Zollernalb“ dieses Mal Ernst Herrmann Maier. Der Ostdorfer Rinderflüsterer berichtete von seiner Art Rinderhaltung und seinem Kampf gegen „das Syndikat der Behörden“.

„Wir sind ein Symbol für einen anderen Umgang mit Tieren und Behörden und dafür lohnt es sich zu kämpfen“, resümierte Ernst Herrmann Maier, nachdem er weit über eine Stunde lang von seinem Werdegang und dem Verein „Uria“ erzählt hatte – frei von der Leber weg und äußerst unterhaltsam.

Seine Zuhörer fanden die Erzählungen zum Ohrmarkenstreit und der artgerechten Tötung der Rinder so spannend, dass einer in der Runde am liebsten noch einmal alles von vorn gehört hätte.

Maier übernahm den elterlichen Hof im Alter von 23 Jahren

Wo fing es an? In Ostdorf, auf dem elterlichen Landwirtschaftsbetrieb Maiers. Diesen hat er 1965 im Alter von 23 Jahren übernommen.

13 Hektar Weide, 15 Mastschweine und acht Milchkühe rückten die Familie damals in den „klassischen Mittelstand“. Eigentlich ein guter Ausgangspunkt, doch in Zeiten des Wirtschaftswunders nicht mehr ausreichend.

Landwirt verwandelt Scheune in ein „Schweineparadies“

Eines Tages kamen Berater und setzten den Landwirten den Floh ins Ohr, dass eine Vergrößerung nötig sei, um nicht den Anschluss zu verlieren. In diesem Fall mit der Schweinezucht.

Also hat Maier die Scheune, in der heute der Mostbesen stattfindet, in ein „Schweineparadies“ mit 170 Tieren verwandelt. Mit der größten Miste war er auch bald der größte Bauer im Dorf.

Immer wieder kam es zu Reibungspunkten mit Beamten

Um Gülle und Jauche zu trennen, entwickelte er ein Dunglege-System mit Zentralgang. „Heute würdest du einen ökologischen Preis dafür bekommen“, sagte Maier, damals jedoch gefiel die Miste und das sich darin entwickelnde Leben nicht jedem. Nach anonymen Briefen wurden die Behörden auf ihn aufmerksam – nicht das letzte Mal.

Auch als sich Maier nach dieser prägenden Erfahrung von seinen Schweinen trennte und auf die Rinderhaltung konzentrierte, kam es immer wieder zu Reibungspunkten mit Beamten hinauf bis auf EU-Ebene – etwa bei den Ohrmarken. Maier lehnt es ab, seine Tiere damit zu kennzeichnen, nutzt stattdessen Chips.

Ab April 2021 ist die Chipkennzeichnung EU-konform

„Ohrmarken haben wir auf der Bühne. Das ist ein super Platz dafür“, scherzte er. Zum Einsatz kommen sie nur, wenn ein Tier eines natürlichen Todes stirbt. Seine Bemühungen und die des 1995 gegründeten Vereins „Uria“ fruchteten: Ab April 2021 ist die Chipkennzeichnung EU-konform.

1988 stellte er erstmals den Antrag auf Erteilung einer Schießerlaubnis, um seine freilaufendenden Rinder würdig sterben zu lassen.

Juristisches Hin und Her brachte den finanziellen Ruin

Das juristische Hin und Her zog sich über 13 Jahre und brachte Maier den finanziellen Ruin, aber auch die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit und Nachahmer seiner Art Rinder zu halten im deutschsprachigen Raum.

„Wir haben dieses Tor aufgestoßen, aber die Opfer waren riesengroß. Trotzdem würde ich es jederzeit wieder machen“, resümierte Maier.

Dass er dadurch eine Million Euro verloren hat, er eine „ganz arme Sau“ sei, sieht der 77-Jährige recht gelassen: „Ich habe kein Konto, kein eigenes Auto, aber im Grunde geht es mir saugut.“

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