Mountainbike

Olympiasiegerin Jolanda Neff im Interview: „Albstadt ist eines meiner liebsten Rennen“

04.05.2022

von Pressemitteilung

Olympiasiegerin Jolanda Neff im Interview: „Albstadt ist eines meiner liebsten Rennen“

© Armin M. Küstenbrück

Jolanda Neff greift nach ihrem dritten Albstadt-Sieg.

Jolanda Neff ist zweifelsohne eine der besten Mountainbikerinnen dieses Planeten – nicht erst seit ihrem Olympiasieg im vergangenen Jahr. Im Interview blickt die 29-jährige Schweizerin auf den größten Erfolg ihrer Karriere zurück und auf den Weltcup in Albstadt voraus.

Frau Neff, wie war die Vorbereitung für diese Saison als Olympiasiegerin?

Jolanda Neff: Der Sommer 2021, also die Tage und vor allem Wochen direkt nach dem Olympiasieg, waren eine unglaubliche Herausforderung. Das kann man sich wohl kaum vorstellen, wenn man es nicht am eigenen Leib erfährt. Es ist noch zwanzigmal größer als das, was abgeht, wenn man eine WM gewinnt. Die ganze Schweiz hat dieses Rennen verfolgt und jeder wollte danach etwas von mir. Einerseits ist das sehr schön, andererseits ging unsere Saison ja noch weiter und ich wollte meine super Form aus Tokio so gerne in den Saisonabschluss mitnehmen. Daraus wurde dann leider nichts, weil mich diese Welle regelrecht überrollt hat. Der Winter war dann für mich endlich mal ein Zeitraum, um abzuschalten und Zeit für mich zu haben. Jetzt freue ich mich auf die neue Saison und habe auch wieder mehr Erfahrung, wie ich mit all den Anfragen und Verpflichtungen hoffentlich besser umgehen kann. Am meisten Freude macht es mir nach wie vor, Mountainbike zu fahren und nicht Interviews zu geben. Darum möchte ich darauf den Fokus behalten (lacht).

Bleiben wir kurz beim Thema Olympia: Sie haben sich wenige Wochen vor dem Rennen in Tokio in Leogang die Hand gebrochen. Wie haben Sie es geschafft, das mental derart gut wegzustecken, um sich recht schnell wieder aufs Training und Ihre Ziele zu fokussieren?

Einerseits hat es mir in dieser Situation bestimmt geholfen, dass ich schon zig Verletzungen in meiner Karriere mitgemacht habe und mittlerweile in etwa weiß, was ich vom Heilungsprozess erwarten kann und wie ich gut weiter trainieren kann. Hier konnte ich quasi mein gesamtes angesammeltes Wissen einsetzen, um es hart zu formulieren. Wer hätte gedacht, dass mir das einmal noch so zugutekommen wird (lacht). Andererseits habe ich während dem Rennen in Leogang gespürt, dass meine Form zurückkommt. Ich war auf Position zwei liegend in einem XCO-Weltcup-Rennen und habe mich super gefühlt. Das hat mir extrem Zuversicht gegeben. Ich wusste, dass ich auf dem aufsteigenden Ast bin.

Welche Rolle spielte bei all dem der schlimme Sturz Ende 2019 in den USA?

Wie schon angesprochen konnte ich davon bestimmt viel mitnehmen – auch für diese Situation. Man muss aber schon festhalten, dass die Verletzung in Leogang ganz anderer Art war als im Dezember 2019 – viel weniger schlimm. „Nur gebrochene Knochen“. Das ist ja vergleichsweise schön, habe ich gedacht.

Was war aus Ihrer Sicht letztlich der Schlüssel zum Olympiasieg?

Meine Technik hat mir enorm geholfen. Zudem liebe ich steile Aufstiege, weil man da eben auch Technik auf dem Rad braucht, um überhaupt effizient hochzukommen. Die Strecke war mir wie auf den Leib geschneidert. Schon beim Testrennen 2019 (Letztes Rennen vor dem schweren Sturz in den USA, Anm. d. Red.) habe ich mich augenblicklich wohl gefühlt und konnte das Rennen mit Leichtigkeit gewinnen. Es war schon lustig, dass dann das Olympiarennen in Tokio wieder mein erstes internationales Rennen seit meinem Sturz war, das ich gewinnen konnte. Es muss hier wohl eine magische Verbindung geben (lacht).

Sie, Sina Frei und Linda Indergand haben in Tokio richtig abgeräumt mit Gold, Silber und Bronze! Was ist das Erfolgsrezept der Schweizer?

Der Schlüssel zum Erfolg ist sicher Edi Telser, unser Nationaltrainer. Zusammen mit Oscar Saiz, unserem spezifischen Techniktrainer, arbeiten wir bereits seit Jahren intensiv zusammen. Edi kümmert sich um alles und hilft jedem, den nächsten Schritt zu machen. Er findet hier wirklich jedes Detail, an dem sich noch arbeiten lässt und motiviert uns mit seiner Leidenschaft.

Was sind Ihre Ziele für die Saison 2022?

Ich freue mich riesig auf die Saison 2022. Die Zahl 22 war schon mein Leben lang meine Lieblingszahl, schon in der Primarschule. Ich habe T-Shirts und Tassen und alles mögliche mit der Zahl 22. Wieso genau, weiß ich eigentlich auch nicht mehr. Die Zahl hat mir einfach schon immer gefallen. Und jetzt sind wir im Jahr 22 – wie cool ist das denn? Also ja, ich freue mich auf dieses Jahr. Meine Ziele sind der Weltcup und die Weltmeisterschaften.

Blicken wir auf den Weltcup in Albstadt. Sehen wir Sie dort ganz oben auf dem Podium?

Oh, das wäre so schön. Albstadt ist eines meiner liebsten Rennen. Die Strecke finde ich genial, auch wenn sie von den anderen Fahrerinnen und Fahrern meist nicht so geliebt wird, weil die Aufstiege so steil sind. Aber genau das finde ich so toll! Mir liegt das total. Ich konnte in Albstadt 2015 und 2018 gewinnen. Da wir ja im Jahr 2020 kein Rennen hatten, wären nun wieder drei Editionen rum und wieder mal Zeit für einen Jolanda-Sieg (lacht).

Mit dem Olympiasieg ging ein großer Lebenstraum in Erfüllung. Abschließend kurz weg vom Radsport: Was sind weitere große Ziele oder Wünsche von Ihnen abseits des Mountainbikens?

Das ist eine gute Frage. Das habe ich mich in letzter Zeit auch manchmal gefragt, aber ich muss sagen, es gab keine eindeutige Antwort. Aber ich glaube, das ist auch gut so, denn das nehme ich als Zeichen, dass mir das Mountainbiken immer noch so viel Spaß macht und meine Ziele so klar in diesem Bereich liegen, dass sich kein Teil von meinem Hirn abkoppeln will und schon mit was Anderem befasst. Je klarer der Fokus, desto größer der Energiefluss. Daher liegt mein Fokus im Moment noch voll auf dem Mountainbiken und ich genieße es. Wer weiß, wie lange ich noch gesund bin und den Sport so ausüben kann. Ich genieße jeden Moment!

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