Zollernalbkreis

Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU): Eine Wirtschaftsministerin mit starken Wurzeln im Ehrenamt

02.03.2021

Von Daniel Seeburger

Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU): Eine Wirtschaftsministerin mit starken Wurzeln im Ehrenamt

© Pascal Tonnemacher

Will ihr Direktmandat für die CDU im Wahlkreis verteidigen: Wirtschaftsministerin Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut.

„Die Parteien sind zu Kümmerern geworden.“ Dieser Satz stammt von Thomas Bareiß, dem CDU-Bundestagsabgeordneten des Wahlkreises Zollernalb-Sigmaringen. Es sind aber nicht nur Parteien, sondern gerade auch die Abgeordneten, die den Spagat zwischen der Arbeit im Parlament und dem Ansprechpartner vor Ort vollziehen. Nicole Hoffmeister-Kraut gehört zu diesen Kümmerern. Die Wirtschaftsministerin will ihr Direktmandat, das sie vor fünf Jahren für die CDU erkämpft hat, verteidigen.

Erkämpft ist wohl die richtige Bezeichnung für die Situation vor fünf Jahren. Hauchdünn war damals der Vorsprung, mit dem Nicole Hoffmeister-Kraut für den Wahlkreis Balingen in den Landtag einzog. Nur wenige hundert Stimmen trennten sie von ihrem grünen Mitbewerber Erwin Feucht. Auch er tritt am 14. März wieder zur Wahl an. Auch er möchte das Direktmandat holen. Es verspricht spannend zu werden.

Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut ist eine Ur-Balingerin. Nach dem Abitur am Gymnasium Balingen studierte sie BWL an der Universität Tübingen, schloss als Diplom-Kauffrau ab. 2001 promovierte sie an der Uni Würzburg. Sie arbeitete bei der Investmentbank Morgan Stanley und bei Ernst & Young in London und Frankfurt. Zudem ist sie seit 1999 Gesellschafterin der Bizerba SE & Co. KG in Balingen.

Ehrenamtliches Engagement

Hoffmeister-Kraut ist engagiert im evangelischen Gesamtkirchengemeinde Balingen, im Förderverein und Elternbeirat verschiedener Balinger Schulen, im Stiftungsrat der Psychiatriestiftung Zollernalb und im Beirat der Balinger Tafel.

Nachdem sie 2016 erstmals für die CDU in den Landtag einzog, wurde sie gleich zur Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau ernannt.

Von Misstönen zum Miteinander

Balingen, Marktplatz: Ein Handwerksmeister erkennt Nicole Hoffmeister-Kraut, kommt näher und begrüßt sie. Der selbstständige Mittelstand ist das Kernklientel der CDU. Die Wirtschaftsministerin und Landtagsabgeordnete weiß das. Aber gerade hier hat es zu Beginn des Wahlkampfs Misstöne und Missverständnisse gegeben.

Ein Termin sei Anfang Dezember von den Kreishandwerkern abgesagt worden, berichtet Hoffmeister-Kraut. Zwischenzeitlich hat es allerdings mehrere Treffen im Netz, unter anderem mit Kreishandwerksmeister Ernst Berger und Geschäftsführer Jürgen Greß gegeben. Es laufe jetzt gut, so Greß.

Spannende Wahlentscheidung

Einfach wird es für die CDU bei dieser Wahl nicht werden. Die Wahlumfrage des Meinungsforschungsinstituts Insa Mitte Februar sieht die Grünen bei 31 Prozent, die CDU bei 28 Prozent. „Ich setze alles daran, das Direktmandat wieder zu gewinnen“, sagt Nicole Hoffmeister-Kraut. Vor fünf Jahren wurden die Grünen mit 30,3 Prozent stärkste Partei, die CDU erhielt 27 Prozent. Der Drei-Prozent-Abstand dürfte sich, wenn man den Umfragen Glauben schenkt, nicht signifikant ändern, das Direktmandat im Wahlkreis Balingen bleibt umkämpft.

Nicole Hoffmeister-Kraut weiß das und verweist auf Erfolge, die sie als Wirtschaftsministerin für ihren Wahlkreis erreicht hat. Da wären die Fördermittel, beispielsweise für den Städtebau oder die Technologiewerkstatt Albstadt, die in den Wahlkreis geflossen sind. Dazu komme die Unterstützung von Start-ups sowie der Hochschule Albstadt-Sigmaringen.

Infrastruktur weiter ausbauen

Dort verortet sie ein besonderes Problem. „Die jungen Menschen müssen, wenn sie aus der Hochschule heraus kommen, bei uns bleiben“, erklärt sie. Wichtig sei es deshalb, die Infrastruktur weiter auszubauen, gerade auch die B 27, für die der Planfeststellungsbeschluss zwischenzeitlich steht. Sie fordert den Ausbau der Regionalstadtbahn und die Anbindung des Zollernalbkreis an die Zentren. Es sei ein absoluter Gewinn, mit der Bahn im 30-Minuten-Takt nach Stuttgart fahren zu können, führt die Abgeordnete aus. Das diene dem Umwelt- und dem Klimaschutz.

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Um den Wohlstand in Baden-Württemberg zu erhalten, müsse Wirtschaftspolitik in Zukunft mehr leisten, heißt es im CDU-Regierungsprogramm. Die Wirtschaft müsse auf die Herausforderungen des Klimawandels eingehen, Ökonomie, Ökologie und Soziales sinnvoll miteinander verbinden.

Die CDU will Umwelt- und Energiepolitik auf wissenschaftlicher und nicht auf ideologischer Basis betreiben. Man gebe Ziele vor und keine Lösungen. Die Partei strebt einen technologieoffenen Wettbewerb um die besten Konzepte an und will sich für notwendige Umwelt- und Energieinfrastruktur auch dann einsetzen, wenn es unbequem wird.

Das Ländle sei mit über 70 Hochschulen in staatlicher wie nicht-staatlicher Trägerschaft sowie mehr als 100 Forschungseinrichtungen ein international herausragender Wissenschaftsstandort. Diesen Spitzenplatz will die CDU stärken und ausbauen.

Die CDU möchte mit dem Bildungssystem jedem Einzelnen mit seinen Begabungen und Fähigkeiten, seinem familiären und sozialen Hintergrund und mit seinen Bedürfnissen gerecht werden. Man wolle die kleinen Grundschulen erhalten und das differenzierte Schulsystem in Baden-Württemberg unterstützen.

Familien zu stärken bedeutet für die CDU, die Gesellschaft zu stärken. Die Partei will Familien mehr Freiräume geben, um füreinander da sein zu können, aber auch um das Familienleben so ausgestalten zu können, wie es deren Wünschen entspricht.

Man brauche attraktive und passgenaue Mobilitätsangebote, Förderprogramme und Infrastrukturmaßnahmen für den Individual- und für den öffentlichen Verkehr. Dazu gehört eine intelligente und vernetzte Verkehrsleitplanung.

Die CDU will den Ausbau des schnellen Internets forcieren – und zwar überall und jederzeit.

Die CDU will gleichwertige Lebensverhältnisse in Stadt und Land erhalten. Man wolle daran festhalten, dass sich die Menschen wohlfühlen, egal wo sie leben.

Die CDU strebt eine bedarfsorientierte Gesundheits- und Pflegepolitik an, die flächendeckend eine qualitativ hochwertige medizinische und pflegerische Versorgung sicherstellt.

Das Homeoffice, das in der Pandemie für die Unternehmen so wichtig geworden ist, sieht Nicole Hoffmeister-Kraut als Chance für den ganzen Landkreis. Deshalb sei der Breitband-Ausbau und die schnelle Förderung der digitalen Infrastruktur wichtig. Im vergangenen Jahr habe es einen enormen Zugriff auf die Netze gegeben, jetzt müsse ein Digitalisierungsschub kommen, fordert die Abgeordnete. Dazu sei ein weiterer Ausbau der Mobilfunknetze unumgänglich.

So wichtig wie das Homeoffice sei zurzeit das Homeschooling, das für die Schüler nicht nur Vorteile bietet. Die Wahlkreisabgeordnete sieht einen Hybridunterricht als gute Lösung. Ein Teil der Schüler lernt im Präsenzunterricht im Klassenzimmer, während der andere Teil der Klasse zuhause am Computer mit dabei ist.

Natur- und Artenschutz

Wurde die CDU bis vor kurzem noch als Partei der Wirtschaft, der Unternehmen, des Handwerks und des gehobenen Mittelstands gesehen, so hat sich das in den vergangenen Jahren geändert. Der Natur- und Artenschutz nimmt für Nicole Hoffmeister-Kraut eine wichtige Stelle ein. Die Solarenergie beispielweise biete viele Chancen. Hier habe man in kurzer Zeit einiges erreicht. Man müsse den Klima- und Strukturwandel sowie die Digitalisierung zusammen denken. Dabei brauche es pragmatische und schnelle Lösungen. Sie spricht von den massiven Problemen, die es durch die Kohlendioxid-Emissionen gebe.

Die Abgeordnete verweist auf die CDU-Klimaschutzstiftung für Baden-Württemberg, über die Einzelpersonen oder Unternehmen ihr Klimakonto neutralisieren können.

Bezahlbaren Wohnraum schaffen

Aber für Nicole Hoffmeister Kraut genießt der Umwelt- und Artenschutz auch beim Wohnungsbau einen hohen Stellenwert. Man müsse den Flächenbedarf reduzieren und die Innenstadtentwicklungen voran bringen, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. Einfamilienhäuser grundsätzlich in Frage zu stellen, findet sie allerdings absurd. Man befinde sich mitten in einem demografischen Wandel. Das fordere attraktive Innenstädte, hier müsse eine Städtebauförderung ansetzen. Sie sehe neue Lebensformen in der Stadt, aber auch in ländlichen Regionen als Chance, so die Abgeordnete.

Sie wolle die Region lebens- und liebenswert halten, sagt Nicole Hoffmeister-Kraut und verweist beispielsweise auf ein umfassendes Bildungsangebot in der Region. Gute Bildung vor Ort, leistungsstarke berufliche Schulen seien ein wichtiger Standortfaktor.

Arztversorgung gewährleisten

Ein weiterer wichtiger Faktor sei die Arztversorgung, gerade auf dem Land. Sie verweist auf den Zuschuss, den Mediziner erhalten, wenn sie sich für ländliche Regionen entscheiden. Eine Möglichkeit sieht die Abgeordnete im Aufbau von medizinischen Versorgungszentren.

Kritik an der Wirtschaftsministerin war in den vergangenen Monaten wegen der deutlich gestiegenen Kosten des Expo-Pavillons Baden-Württembergs bei der Weltausstellung in Dubai laut geworden. Von ursprünglich geplanten knapp drei Millionen Euro ist das Projekt auf aktuell rund 15 Millionen Euro explodiert.

Die SPD forderte den Rücktritt von Nicole Hoffmeister-Kraut, die Fehler eingeräumt hat. Der Steuerzahlerbund sprach von einem Debakel für den Steuerzahler“. Ein Teil der Finanzierung hätte eigentlich aus einem Hilfsfonds der Wirtschaft kommen sollen. Die Spendengelder hätten aber nicht in der geforderten Höhe aufgebracht werden können, erklärt die Wirtschaftsministerin.

Expo-Pavillon als Chance

Nicole Hoffmeister-Kraut spricht von einer Fehleinschätzung, die einer hochkarätigen Juristin passiert sei. Sie sieht in dem Expo-Pavillon aber auch eine große Chance für Baden-Württemberg, gerade im Hinblick auf den arabischen Wirtschaftsraum. „Das Geld ist nicht verloren“, führt die Ministerin aus, „es wäre schade, wenn wir eine solche Chance nicht nutzen würden“.

Erhalt der integrierten Leitstelle

Wichtig für Nicole Hoffmeister-Kraut ist es, die integrierte Leitstelle im Zollernalbkreis zu erhalten. „Wir müssen Menschen vor Ort haben, die sich in der Region auskennen“, führt sie aus. Gerade das Ehrenamt ist für die Abgeordnete von herausragender Stellung. „Der gesellschaftliche Zusammenhalt wird durch das Ehrenamt gestärkt“, erklärt sie.

Nicole Hoffmeister-Kraut bedauert den coronabedingt eingeschränkten Wahlkampf vor Ort. Der persönliche Kontakt fehle, direkte Gespräche seien so gut wie unmöglich. Das sieht CDU-Parteikollege Thomas Bareiß übrigens genau so. „Das ist ein schwerer Wahlkampf für uns“, sagt er. Für seine Parteikollegin findet er nur lobende Worte: „Nicole Hoffmeister-Kraut macht einen guten Job als Wirtschaftsministerin“.

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