Hechingen

Neue Bisinger Drehleiter passt nicht durchs Adlertor: Was, wenn die Burg brennt?

05.06.2023

Von Julia Siedler

Neue Bisinger Drehleiter passt nicht durchs Adlertor: Was, wenn die Burg brennt?

© Michael Würz

Das Wahrzeichen der Region thront auf dem Zollerberg. Schön, aber im Ernstfall eine große Herausforderung für die Feuerwehr (Archivfoto).

Schwarzer Rauch steigt auf, Bisingen ist in Aufruhr und die Feuerwehr funkt durch: „Die Burg brennt!“ Das 855 Meter hoch liegende historische Gebäude mitsamt seinen wertvollen kulturellen Schätzen steht bis in die Ferne erkennbar in Flammen – ein Bild, das man sich nicht weiter ausmalen möchte. Doch die Freiwillige Feuerwehr Bisingen sieht sich, abgesehen vom Schutz der Bisinger Bevölkerung, einer bundesweiten Besonderheit gegenübergestellt: mit der Burg Hohenzollern das Wahrzeichen des Landkreises zu sichern. Ein Thema, das die Gemeinde seit Jahrzehnten beschäftigt. Ob Großbrand oder kleiner Küchenfauxpas: Wie sieht die Arbeit der Feuerwehr in der Praxis aus, nachdem die sonderangefertigte Drehleiter nun ausgedient hat und der Nachfolger für das enge Adlertor der Burg zu groß geraten ist?

Mehr als 29 Jahre lang hat die alte Drehleiter der Freiwilligen Feuerwehr Bisingen treu ihren Dienst geleistet, bis sie Ende März feierlich von ihrem Nachfolger abgelöst werden konnte. Was viele nicht wissen: Die alte Drehleiter war ein Unikat, eine Sonderanfertigung, die durch ihre besondere Bauweise durch die engen Windungen und Tunnelgewölbe der Burgauffahrt hindurchmanövriert werden konnte. Raffinessen, die die neue Drehleiter mit dem Funkrufnamen DLK 23/12 trotz ihres stolzen Kaufpreises von 950.000 Euro nun nicht mehr vorweisen kann – die meisten Hersteller winken bei derartigen Sonderanfertigungen direkt ab. Doch was geschieht, wenn das Unvorstellbare eines Tages eintreten sollte – wie werden Burg und Besucher im Falle eines Burgbrandes dennoch geschützt?

„Alles über dem dritten Stock auf der Burg ist als Aufenthaltsraum gesperrt“

„Momentan haben wir eine dreiteilige Schiebleiter oben auf der Burg, die bis zum dritten Stockwerk geht – alles, was darüber ist, ist momentan als Aufenthaltsraum gesperrt“, erklärt Marc Mayer, Gesamtkommandant und Abteilungskommandant für Bisingen. Warum das so ist? Die Schiebleiter kann nur das dritte Stockwerk erreichen, eine Personenrettung für die Geschosse darüber ist momentan nicht zu bewerkstelligen. Bis eine bessere Lösung gefunden wird, ist diese Vorgehensweise mit der Burg so vereinbart. Im Zuge des Feuerwehrbedarfsplans müsse nun schnellstmöglich daran gearbeitet werden, das gesamte Gebäude wieder nutzbar zu machen und das entsprechende Material für eine Personenrettung über alle Stockwerke zu beschaffen. Der Brandschutz auf der Burg Hohenzollern sei ansonsten aber „soweit ohne Probleme gewährleistet“, fasst der vor einem Jahr gewählte Nachfolger von Dieter Fecker zusammen.

Schlossmeister betont: „Wir sind ja kein Hotel“

Das bestätigt auch Jan Sonnleitner, einer der vier Schlossmeister der Burg, der auch für den Brandschutz verantwortlich ist. Auf der Burg hätten sie zwar eine Nutzungsuntersagung ab dem dritten Stock erhalten, bestätigt er, und: „Wir haben wohl eingerichtete Gästezimmer mit historischen Möbeln oben und die Untersagung, Gäste dort nächtigen zu lassen“, doch das stelle bisher keine allzu große Einschränkung dar. „Wir sind ja kein Hotel! Ein solcher Fall wäre vielleicht ein Mal im Jahr vorgekommen.“ Zuvor war ein Feuerwehrauto auf der Burg stationiert, was aus platztechnischen Gründen nicht mehr machbar sei. „Wir sind zwar ein großes Gebäude – aber wir haben keinen Platz!“, lacht der Schlossmeister. Deshalb müssten die Gerätschaften für einen Erstangriff auf der Burg vorgehalten werden: „Da sind wir gerade dran.“

Neue Bisinger Drehleiter passt nicht durchs Adlertor: Was, wenn die Burg brennt?

© Jörg Wahl

Sie ist so gut und war so nötig, dass Feuerwehr und Gemeinderat sie neulich mit brennenden Fackeln am Straßenrand würdig empfangen haben. Doch auf die Burg passt die hochmoderne Drehleiter nicht mehr, das war von vornherein klar.

Auf der Burg wird derzeit rarer Platz geschaffen für die Lagermöglichkeit der Feuerwehrmaterialien: Auszugsleiter, Pumpe und Strahlrohren, zum Beispiel. Da die Burg nicht an die öffentliche Wasserversorgung angeschlossen ist, werde das Wasser für den Erstangriff in Löschwasserbecken unter dem Hof und unter der evangelischen Kapelle bereitgehalten. Sollte dieses nicht mehr ausreichen, werde auch der Adlertorgraben angezapft. „Das sollte dann ausreichen, bis die Schlauchstrecke vom Hydranten am Brielhof bis nach oben aufgebaut ist. Und dann kommen auch alle Gesamtfeuerwehren aus der Umgebung.“ Auf der Burg ist man guter Dinge.

Wasser kommt aus eigenen Zisternen

Dort nämlich gebe es eigene Zisternen, aus denen im Notfall Wasser entnommen werden könne, erklärt auch der Gesamtkommandant. Die Löschwasserversorgung werde als erschwert bezeichnet, weil das Wasser in einem nächsten Schritt „vom Wasserturm vom obersten Parkplatz aus hochgepumpt werden muss“, erklärt er. „Schwieriger wird es also erst, wenn wir eine Wasserförderung aufbauen müssen.“ Doch dann greife der Alarmplan, und auch der Kommandant zeigt sich zuversichtlich: „Von dem her mache ich mir da keine Sorgen – ich hoffe es nicht, aber wir wären vorbereitet!“ Mayers Vorgänger Dieter Fecker habe damals in Eigenregie eine Fahrzeugaufstellung gemeinsam mit dem Feuerwehrausschuss erstellt und den entsprechenden Bedarf für die Gemeinde samt Burg ermittelt, aber Bisingen werde „ja auch nicht kleiner“, hält sein Nachfolger fest, deshalb sollte der Bedarf dringend an die neuen Anforderungen der wachsenden Gemeinde samt Burg Hohenzollern ermittelt werden.

Der alte Plan war dreißig Jahre alt

„Bis dato sind wir“ – im wahrsten Sinne des Wortes – „gut gefahren, doch auch die Investitionen werden größer“ und es sei auch der Feuerwehr ein Anliegen gewesen, niederzuschreiben, was die Gemeinde in den kommenden Jahren erwarte – damit Stadt, Bürgerinnen und Bürger sowie alle Beteiligten auf demselben Stand seien und dieser einmal niedergeschrieben wurde. Aus den eigenen Überlegungen zur Burg Hohenzollern damals stammte auch die Vorgänger-Drehleiter mit Sonderbauweise sowie die Feststellung, dass die Burgfahrzeuge dringend Allrad benötigten. Da der Plan nun über dreißig Jahre alt gewesen sei und sich auch in Bisingen mit der hiesigen Industrie und den Mehrfamilienhäusern einiges getan hätte, habe man nun noch einmal alles genau beleuchtet und festgestellt, dass die Gemeinde selbst ebenso eine größere Drehleiter benötige; nicht nur für die hohen Gemäuer der Burg.

950.000 Euro für die neue Drehleiter: schon fast ein Schnäppchen

„Die Inflation hat auch uns nicht in die Karten gespielt“, dennoch habe Bisingen das neue Fahrzeug noch zu „einem einigermaßen humanen Preis“ von 950.000 Euro bekommen. Schon jetzt würde der aktuelle Preis für genau diese Drehleiter bei etwa 1,5 Millionen liegen, schätzt der Feuerwehrchef. Gut also, dass die neue Drehleiter für die Menschenrettung in Bisingen und auf der Burg eine Doppelnutzung erfahren wird. Der nächste Step laute nun: „Was können wir an der Burg möglich machen, was gegebenenfalls auch Hubrettungsfahrzeuge angeht? Gibt es etwas Geeignetes, das wir dort oben einsetzen könnten?“ Die Materialien, die auf der Anhöhe gelagert werden müssen, seien vorgeschrieben. Mit dem Material und der Pumpe, die sich bereits oben befinden, sowie den Fahrzeugen, die in Zimmern untergebracht sind, „können wir auf jeden Fall einen Löschangriff in erster Instanz fahren.“ Mit den dort abgestellten Fahrzeugen könne die Feuerwehr bis nach oben zur Burg gelangen und auch in Bisingen wurde dafür bereits aufgerüstet: „Wir haben ein älteres Fahrzeug wieder in den Dienst genommen, um den Brandschutz für die Burg den kompletten Tag über sicherstellen zu können.“

„Wenn die Burg brennt, haben wir natürlich ein Problem“

Bei der Burgbrandfrage gehe es also nur noch um die weitere Aufrüstung sowie die künftige Aufenthaltsfreigabe der oberen Stockwerke. Das Feuerwehrdepot für den Erstangriff werde demnach „modifiziert“, und die Feuerwehr erhalte einen Raum als Möglichkeit für die trockene Lagerung ihrer Materialien. „Wenn die Burg brennt, haben wir natürlich ein Problem“, hält Schlossmeister Sonnleitner fest. Das sieht er aber nicht in der Feuerwehr, denn „die ist relativ schnell vor Ort“, sondern viel mehr im Alter des Gebäudes und der Holzbauweise des Dachstuhls; aber auch davon wisse die Feuerwehr. „Wir hoffen natürlich das Beste, sind aber auch in der Prävention gut unterwegs. Wir haben eine sehr gute und fein eingestellte Brandmeldeanlage und Ersthelfer vor Ort.“ Zudem strebe man jährliche Übungen an, auf die man sich wieder verstärkt fokussiere. „Wir müssen dranbleiben“, sagt Mayer.

Der Fahrzeugpark ist noch gut in Schuss

„Wir sind insgesamt gut aufgestellt“, hält der Gesamt- und Abteilungskommandant zufrieden fest. Der Fahrzeugpark stehe noch gut da, und die Maßgaben für diese konnten in den letzten Jahren noch erfüllt werden. Künftige Investitionen im Fahrzeugbereich werden sich auf kleinere Fahrzeuge wie Mannschaftswagen belaufen, prophezeit Mayer. Auch die Mannschaft selbst sei im Großen und Ganzen noch stark aufgestellt, aber man könne „natürlich immer mehr Personal brauchen, das ist wie überall“. Generell sei die Feuerwehr Bisingen „aber so aufgestellt, dass wir unsere Aufgabe erfüllen können“.

Die Abteilungen Wessingen und Zimmern sollen fusionieren

Mittels des Bedarfsplans sollen die einzelnen Schritte nun „mit einem sauberen Konzept abgearbeitet“ werden. Aus dem Feuerwehrbedarfsplan ergab sich auch die geplante Zusammenlegung der Abteilungen Wessingen und Zimmern, damit auch diese beiden Abteilungen zukünftig gut gerüstet bleiben: „Zum einen haben sie damit dann eine ganz andere Mannschaft beieinander, wodurch natürlich die Tages- und Nachtverfügbarkeit um einiges erhöht wird“ – zum anderen war dem Bedarfsplan zu entnehmen, dass die Feuerwehrhäuser nicht für die Zukunft gerüstet seien. Ein Neubau scheint also anzustehen

Ein inzwischen mehrere tausend Mal aufgerufenes Video auf Youtube zeigt übrigens die Auffahrt der alten Drehleiter, die Sonderanfertigung, auf die Burg:

Diesen Artikel teilen: