Nachwuchsadler mit großen Zielen: Luca Roth und Adrian Sell blicken auf durchwachsene Saison zurück

Von Daniel Drach

Luca Roth und Adrian Sell zählen zum B-Kader-Athleten des DSV. Diesen Winter sprangen sie im Continentalcup meist hinterher. Zum Abschluss der Saison will Roth (20) den jüngsten Aufwärtstrend bestätigen, Sell (22) träumt indes vom Skifliegen.

Nachwuchsadler mit großen Zielen: Luca Roth und Adrian Sell blicken auf durchwachsene Saison zurück

Hoch hinaus wollen Luca Roth (rechts) und Adrian Sell vom SV Meßstetten. Die beiden jungen Skispringer streben den Sprung in die Weltcup-Mannschaft an.

Nach einer heiklen Saisonvorbereitung mussten die Meßstetter auch während des Winters nicht selten improvisieren – lebten von Woche zu Woche. Wirkliche Top-Ergebnisse im Continentalcup, der zweiten Liga des Skispringens, blieben aus. Dennoch arbeiten die DSV-Talente unbeirrt weiter.

Herr Roth, nach einem schwierigen Saisonstart zeigte Ihre Formkurve zuletzt nach oben. Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung?

Luca Roth: Ich bin natürlich zufrieden mit der Entwicklung. Für mich ist es schade, dass die Formkurve erst jetzt nach oben zeigt, wo nur noch zwei Wettkampf-Wochenenden anstehen. Trotzdem bin ich froh, dass ich die Kurve doch noch in der Saison bekommen habe. Ich muss natürlich trotzdem dranbleiben, dass die Kurve jetzt nicht wieder nach unten zeigt – das will ich unbedingt vermeiden.

Sie haben mehrfach die Top 30 im Continentalcup verpasst. Woran lag es, dass es lange Zeit nicht so gut lief?

Roth: Es lag daran, dass ich mit dem Oberkörper zu weit geöffnet war und dadurch extrem viel Geschwindigkeit verloren habe, die ich dann nicht nutzen konnte, um die Höhe aufzubauen. Das habe ich mir Schritt für Schritt hart erarbeitet, dass es jetzt wieder besser ist. Im Nachhinein hätte ich vielleicht nicht so auf die Kleinigkeiten fokussieren sollen. Mir hat es viel geholfen, als ich den Sprung einfach habe laufen lassen. Das hat mir am Anfang vom Winter gefehlt. Ich wollte zu schön springen, dass es aussieht, wie aus dem Bilderbuch – das funktioniert nicht beim Skispringen.

Herr Sell, auch bei Ihnen verlief die Saison eher durchwachsen. Wie bewerten Sie den Winter?

Adrian Sell: Ja, es war eher schwierig und ein Highlight gab es nicht wirklich. Im Training bin ich eigentlich immer recht gut gesprungen und auch konstant, weshalb es eher schwierig für mich war, zu verstehen, warum es im Wettkampf nicht wirklich funktionieren will.

Wo sehen Sie noch Luft nach oben?

Sell: Definitiv im Wettkampf, aber auch sonst gibt es immer was zu optimieren – ob im Hallentraining, an der Schanze oder am Material.

Die Corona-Krise geht auch an den Skispringern nicht spurlos vorbei. Was ist in diesem Winter anders als in den vorherigen? Wie oft wurden Sie beispielsweisegetestet?

Sell: Es geht schon mit der Bürokratie los, dass man sich überall mehrmals anmelden muss mit Testergebnissen und so weiter. Viele Wettbewerbe sind ausgefallen und die großen Reisen nach China, Japan, USA und Norwegen fallen weg. Getestet wurde ich eigentlich jede Woche mindestens zweimal.

Roth: Wie oft ich getestet wurde, kann ich gar nicht sagen. In der Woche sind es – seit November – etwa drei Tests, je nachdem, ob es ins Ausland geht, oder nicht. Natürlich sind viele Wettkämpfe ausgefallen. In Norwegen waren beispielsweise die Quarantänebestimmungen so, dass es einfach nicht möglich war, 14 Tage vor dem Wettkampf in Norwegen in Quarantäne zu gehen. So war es eigentlich in fast allen Ländern. Außerdem fehlen die Gespräche und das Miteinander, weil halt doch jeder und jedes Team in seiner eigenen Blase ist.

Die Saison neigt sich dem Ende. Was überwiegt: Die Vorfreude auf die freie Zeit oder die „Trauer“, dass es bald vorbei ist?

Roth: Ich denke noch nicht so richtig an die freie Zeit, weil es noch mal drei Wochen bis dahin dauert. Für mich ist die Saison noch nicht abgeschlossen, sondern erst am Montag nach dem letzten Wettkampf. Ich bleibe bis zum letzten Sprung fokussiert und freue mich auf die noch ausstehenden Wettkämpfe.

Sell: Bei mir hält es sich die Waage. Wobei sich der Flug in den Urlaub nach der Saison coronabedingt schon erledigt hat.

Was wäre aus Ihrer Sicht ein guter Saisonabschluss?

Sell: Zum einen noch bestmögliche Wettkampf-Ergebnisse. Zum anderen wäre auch das Skifliegen spannend. Beim Weltcup in Planica gibt es die Möglichkeit als Vorspringer Erfahrungen zu sammeln – wie ich es in Oberstdorf schon mal durfte. Aber ob das klappt, weiß ich noch nicht.

Roth: Ich bin nicht ergebnisorientiert. Ich will, dass meine Leistungskurve stetig ansteigt und nicht wieder so einen Rückschlag wie Mitte des Winters erleben. Ich möchte wieder an das Niveau kommen, wo ich letzte Saison aufgehört habe. Das wäre ein positiver Abschluss.

Geht der Blick schon Richtung kommendem Winter? Woran wollen Sie im Sommer arbeiten?

Roth: Der Blick geht noch nicht dahin. Es kommen ja noch Wettkämpfe. Woran ich im Sommer dann spezifisch arbeiten werde, da setzte ich mich nach der Saison mit meinem Trainer zusammen. Da wird dann der Plan geschmiedet, was man verbessern und wo man das Niveau halten möchte.

Sell: An den nächsten Winter denke ich noch nicht, aber an den Sommer schon. Ich möchte an der Konstanz und am Material arbeiten. Da gilt es, einfach mal andere Schuhe, Bindungen oder Keile auszuprobieren, um auch mal ein anderes Gefühl zu bekommen.

Herr Roth, vergangene Saison waren Sie näher dran an der Weltcup-Mannschaft. Dieses Jahr reicht es „nur“ zu zwei Kurzeinsätzen bei der Tournee. Wollen Sie nächstes Jahr wieder angreifen?

Roth: Natürlich will ich nächste Saison wieder angreifen. Ich finde, da sieht man mal extrem, wie eng alles beisammen ist. Wenn man ein paar kleine Sachen anders macht, bricht das Niveau sofort. Das zeigt, wie komplex die Sportart Skispringen ist. Letztes Jahr hatte ich drei, vier Sachen in meinem Sprung und war eigentlich schon bei Weltcups ohne nationale Gruppe im deutschen Nationalteam dabei. Ich will angreifen, dass ich nicht hoffen muss, dabei zu sein, sondern konstant oben im Team bin.

Herr Sell, wollen Sie im kommenden Winter auch beim Weltcup-Team anklopfen?

Sell: Ja, das ist natürlich das Ziel. Die Karten werden jeden Winter neu gemischt. Außerdem besteht die Hoffnung, nächste Saison wieder ohne Covid oder zumindest ohne Lockdown zu springen – auch das birgt wieder eine neue Chance.

Sie haben die Vierschanzentournee knapp verpasst. Waren Sie enttäuscht?

Sell: Natürlich war ich enttäuscht, aber es hilft ja nichts. Mit einem Blick auf die Ergebnisse im Vorfeld weiß man eigentlich schon, dass es nicht wohl nicht reicht. Im Training wurde es mir auch gesagt – was dann keine Überraschung mehr war.

Derzeit läuft die WM in Oberstdorf. Ist eine WM-Teilnahme in Zukunft ein Ziel von Ihnen?

Sell: Das ist definitiv ein Ziel von mir. Ich verfolge die WM ganz normal im TV und drücke natürlich auch die Daumen. Es hat mich sehr gefreut, dass es bisher so erfolgreich gelaufen ist, gerade da die Silber-Medaille und Gold im Mixed auch eher unerwartet waren.

Roth: Natürlich ist es auch ein Ziel von mir, mal bei einer WM dabei zu sein – und hoffentlich auch erfolgreich. Ich verfolge jedes Training und jeden Wettkampf live im TV oder im Liveticker, weil es mich sehr interessiert, wie unsere Landsleute abschneiden.

Bei den Polen wurde vermeldet, dass sie im vergangenen Sommer A- und B-Kader haben zusammen trainieren lassen - mit positivem Effekt für die zweite Reihe. Auch bei den Österreichern herrscht eine enorme Leistungsdichte. DSV-Bundestrainer Stefan Horngacher setzte dagegen – auch weil aus der zweiten Garde wenig nachkam – auf ein festes, meist sechsköpfiges Team. Wie steht es um die Breite im deutschen Skispringen?

Roth: Man darf nicht vergessen, was dieses Jahr durch Corona alles an Entscheidungen getroffen werden mussten, um jeden Tag trainieren zu können. Ich glaube, dass der DSV sehr schnell erkannt hat, dass Corona ein heikles Thema ist und dass die A- und B-Mannschaft bei uns deshalb ganz schnell voneinander getrennt wurde. Das hat dem A-Kader nicht wirklich geschadet. Im B-Kader hat man da doch ein bisschen den Vergleich mit der Weltspitze aus den Augen verloren. Da hätte es gutgetan, mal den Kontakt zur Weltspitze zu haben. Man sieht ja, dass Karl Geiger, Markus Eisenbichler oder auch Pius Paschke und Martin Hamann vorne dabei sind. Das hätte vielleicht geholfen. Man muss aber ehrlich sagen, dass wir auch Lehrgänge hatten, bei denen wir gemeinsam gesprungen sind, aber das intensive Miteinander gab es nicht. Da kann man aber keinem eine Schuld geben. Es galt einfach, jede Infektion zu vermeiden. Aus diesem Grund gab es meiner Meinung nach die Gruppierungen. Ich glaube, dass es ein ganz guter Weg war.

Sell: Ich denke nicht, dass der Unterschied zu den anderen Nationen so groß ist. Auch ich denke, ein Training mit allen macht zur Zeit leider keinen Sinn.