Hechingen

Nach dem Großbrand bei Bentley in Hechingen: „Wir sind wieder aufgestanden“

08.06.2023

Von Julia Siedler

Nach dem Großbrand bei Bentley in Hechingen: „Wir sind wieder aufgestanden“

© Unternehmen

Der Dachbrand bei Bentley sei für die Medizintechnikfirma „ein Schlag ins Gesicht“ gewesen. Doch CEO Sebastian Büchert ist zuversichtlich: „Wir schaffen das!“ Mittlerweile konnte die Notabdichtung auf dem Dach im Eiltempo abgeschlossen und das Gebäude wieder regensicher gemacht werden, erklärt Facility-Manager Antonio Forko.

Bentley-Geschäftsführer Sebastian Büchert schildert die aktuelle Lage nach dem Großbrand in Hechingen. Der Umzug in den Bentley-Neubau verzögert sich um Monate – derweil rücken benachbarte Unternehmen zusammen und bieten Büroräume an. Die Patientenversorgung mit Produkten ist nicht gefährdet, der entstandene Schaden aber wohl höher als von der Polizei zunächst geschätzt.

„Bei dem herben Schlag, den wir hier abbekommen haben, ist uns wichtig, dass Sie auch mitkriegen, welche Zuversicht wir haben, das gelöst zu bekommen“, hält der Geschäftsführer des Hechinger Medizintechnikherstellers, Sebastian Büchert, eine Woche nach dem Großbrand auf dem Dach des Bentley-Neubaus entschlossen fest. Mittlerweile habe der Generalunternehmer Wochner aus Dormettingen mit den Handwerkern vor Ort „die Notabdichtung im Eiltempo fertiggestellt“, weiß unterdessen Facility-Manager Antonio Forko. „Somit ist nun gewährleistet, dass kein Wasser mehr ins Gebäude eindringen kann und die Schäden nicht noch größer werden“, erklärt er.

Was bedeutet der Dachbrand für den Neubau und den Standort?

„Wie lange der Brand uns in der Fertigstellung des Gebäudes zurückwerfen wird, kann noch nicht final gesagt werden, aber wir werden es aller Voraussicht nach nicht mehr in diesem Jahr beziehen können“, hält Geschäftsführer Büchert fest. „Die Arbeiten im Gebäude sind jetzt erstmal eingestellt“, die Maßnahmen zur Begrenzung des Sachschadens wurden abgeschlossen, die Schadensermittlung laufe noch. „Als nächstes geht es an die Schadensbehebung und dann an die Fertigstellung des Gebäudes.“ Natürlich werde sich der Fortschritt in dieser Sache verzögern, „aber irgendwann wird’s fertig werden und wir werden alles daran setzen, dass das so schnell wie möglich geschieht“, kündigt Büchert an.

Lagerfläche ist die größte Herausforderung

In der Zwischenzeit wolle man sich mit alternativen Lösungen behelfen, um Raum für Büros und Lagerflächen zu schaffen. Gerade Letztere werden wohl die größere Herausforderung darstellen, denn in die Räumlichkeiten im Erdgeschoss des neuen Gebäudes hätte im September das Fertigwarenlager einziehen sollen. Dieses halte etwa die drei- bis vierfache Kapazität des heutigen Lagers bereit. „Das zu überbrücken wird am schwierigsten sein; aber auch da werden wir Lösungen finden.“ Das Unternehmen arbeite schon jetzt an Wegen, um das Lager im aktuellen Gebäude interimsweise zu erweitern.

Nach dem Großbrand bei Bentley in Hechingen: „Wir sind wieder aufgestanden“

© Ralf Biesinger

Am Mittwoch vor einer Woche steht das Dach des Bentley-Neubaus in Flammen. Die schwarze Rauchsäule ist in weiten Teilen des Landkreises zu sehen.

Bei Bentley ist man jedenfalls sicher: „Wir werden das schon hinkriegen und wir erholen uns von diesem kleinen Rückschlag, da braucht man sich keine Sorgen um uns zu machen!“ Auch, wenn natürlich klar sei, dass sich die Öffentlichkeit dafür interessiere, betont Büchert: „Wir begrüßen das Mitgefühl!“ Woran der CEO festmacht, dass Bentley sich vom Neubaubrand nicht in die Knie zwingen lässt? „Bentley entwickelt sich wie geplant weiter, wir sind aktuell schon wieder 30 Prozent über Vorjahr unterwegs – diesen Kurs verfolgen wir weiter.“ Man hätte bereits „sehr nette Angebote aus der Nachbarschaft“ erhalten, die sicher dabei helfen würden, die ungeplante Situation zu überwinden. „Die Hilfe geht so weit, dass die Leute bereit sind, da auch mal die Po-Backen zusammenzukneifen und zu sagen: Wir sitzen da mal eine Zeit lang zu viert im Büro, damit wir ein Büro an Bentley zur Verfügung stellen können – dafür sind wir natürlich sehr dankbar!“ Nachbarschaftshilfe mal anders; und das im großen Stil. Genau dies bedeute der Begriff der Nachbarschaftshilfe für Büchert auch: „Dass die Leute auch mal auf die Zähne beißen, um Betroffenen zu helfen. Das sind in dem Fall wir.“

Tiefkühlkost fürs Hechinger Headquarter

Direkt einziehen werden in den Neubau einmal 80 Mitarbeiter, Kapazitäten seien jedoch für insgesamt 110 Arbeitsplätze gegeben. Auf drei Stockwerke werden sich Mitarbeitende aus den Bereichen Sales und Marketing, Finance, Facility, der Personalabteilung sowie der Geschäftsführung verteilen. „Es wäre natürlich bequem gewesen, einfach Mitte September in den Neubau zu ziehen“, nun werde es aber aller Voraussicht nach nächstes Jahr. Für die Hersteller der High-End-Medizintechnik bedeute das: „Jetzt wird es halt noch ein paar Monate länger Tiefkühlessen geben.“ Nanu? Da staunt der Laie. „Na, wir haben da ja auch eine neue Kantine drin!“ Auch die Ermangelung auf die Aussicht auf ein frisch gekochtes Mittagessen lässt den Chef der Hechinger Unternehmenszentrale also kalt: „Das schmeckt eigentlich ganz gut, das ist schon in Ordnung!“

Kann Bentley die Patientenversorgung weiterhin sicherstellen?

„Die Patientenversorgung mit unseren Produkten war zu keinem Zeitpunkt gefährdet und wird es auch nicht werden“, prophezeit Büchert. Mit dem Brand habe sich lediglich der Zeitpunkt des Einzugs verschoben. „Die Versorgung der Patienten mit den dringend benötigten Prothesen läuft unverändert fort und wird es auch in Zukunft weiterhin tun.“ Für das Unternehmen selbst sei dies die wichtigste Nachricht mitsamt der Tatsache, dass es beim Brand vergangene Woche keinen Personenschaden zu vermelden gab. Sowohl die Mitarbeiter als auch die Patienten stünden für das Unternehmen, das kürzlich seinen Börsengang angekündigt hat, an „alleroberster Stelle“.

Ermittlungen zur Brandursache laufen weiter

„Wir haben einen ziemlichen Schlag ins Gesicht erlitten, aber wir sind wieder aufgestanden. Jetzt sind wir gerade dabei, uns zu schütteln – und dann geht’s weiter!“ Absehbar sei laut Büchert indes, dass die „initiale Schätzung der Schadenshöhe noch mal deutlich übertroffen werden dürfte“. Über den polizeilichen Ermittlungsstand hinaus möchte man bei Bentley allerdings nichts sagen. Das Polizeipräsidium Reutlingen korrigierte auf Anfrage unserer Zeitung in dieser Woche, dass nicht Bitumen-, sondern Lötarbeiten an einer technischen Anlage die Ursache für den Brand auf dem Firmendach gewesen sein könnten.

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