Trotz Absage der Fasnet: Narrensprünge in Schömberg und Rottweil

Von Daniel Seeburger

Trotz coronabedingter Absage der Fasnet hat es am Montagmorgen in Schömberg und in Rottweil Narrensprünge gegeben. Die Veranstaltungen in Schömberg sei laut Bürgermeister Karl-Josef Sprenger im Laufe des Vormittags aufgelöst worden. Teilnehmer berichten allerdings, dass die Polizei erst gekommen ist, als die Veranstaltung schon vorbei war. Den Rottweiler Narrensprungsteilnehmern weht inzwischen herbe Kritik von anderen Zünften ins Gesicht. Und auch Fasnetsexperte Werner Mezger kritisiert die wilden Umzüge.

Trotz Absage der Fasnet: Narrensprünge in Schömberg und Rottweil

Am Montag veranstalteten Schömberger Narren trotz Fasnetsabsage einen Narrensprung.

Eigentlich ist in Schömberg der Montag der wichtigste Tag der ganzen Fasnet. In diesem Jahr allerdings hätte es im Städtle ruhig bleiben sollen. Keine Gschelle, keine Ju-hu-hu-Rufe, keine Larven und Kleidle. Im Schömberger Narrenblättle ist bei den Terminen für heute dann auch zu lesen, dass es keinen Narrensprung vom Flügelbühle, kein Bolanes auf dem Marktplatz und kein Narrenlied geben wird. Einige Narren haben sich nicht daran gehalten.

50 Kleidleträger, 20 Musikanten

Um 8.11 Uhr geht es an normalen Fasnetsmontagen los. Bis zu 800 Narren jucken vom Flügelbühle, die alte Hauptstraße hinunter durchs Städtle. Aktuell waren es über 50 Narren und Fuchswadel, die einen Narrensprung machten. Musikalisch begleitet wurden sie von knapp 20 Musikanten. Allzu viele Zuschauer hatten sich allerdings nicht eingefunden – aber die sind auch in normalen Zeiten beim Narrensprung rar gesät.

Über das Ende des närrischen Spektakels gibt es widersprüchliche Aussagen. Bürgermeister Karl-Josef Sprenger führte aus, „dass der Narrensprung im Laufe des Vormittags aufgelöst wurde“. Die Polizei und der städtische Vollzugsdienst seien eingeschritten und hätten den Umzug auf dem Marktplatz aufgelöst. Ziel sei es gewesen, „dass die Abstände gehalten wurden, vorrangig wurde darauf geachtet, Zusammenkünfte nach den Umzügen zu verhindern“, so Sprenger. „Das ist uns gelungen“, erklärte der Bürgermeister.

Verschiedene Ansichten

Eine etwas andere Sicht der Dinge hat eine Umzugs-Teilnehmerin bei der Diskussion zu diesem Artikel bei Facebook. „Unser Narrensprung wurde nicht aufgelöst, wir konnten ihn erfolgreich beenden“, heißt es dort. Die Polizei sei erst vorbei gefahren, als alles zu Ende war. „Keiner hat uns begrenzt, weggeschickt oder sonst was“, schreibt sie.

„Die Polizei ist ohne auszusteigen nach dem Narrensprung durch die Hauptstraße gefahren. Da war schon alles rum“, berichtet ein Zuschauer. Auch das Narrenlied, das in normalen Fasnetszeiten um 9.15 Uhr stattfindet, sei von den Narren „auf Abstand“ und „absolut coronakonform“ durchgeführt worden, weiß ein Teilnehmer.

Veranstaltung war nicht angemeldet

Die Veranstaltung sei nicht angemeldet gewesen, so Sprenger. Es habe keinen offiziellen Veranstaltungsleiter gegeben, genau so wenig wie einen Ansprechpartner. Er hat im Vorfeld der Fasnet die Vernunft der Narren beschworen und ist vor Ort gewesen, um sich ein Bild zu machen und einmal mehr zu appellieren. Die Narren hätten sich wenigstens an die vorgeschriebenen Mindestabstände gehalten, führte der Bürgermeister aus.

„Wir haben unser Möglichstes getan“, so Sprenger. Ihm sei vor allem wichtig gewesen, dass es keine Zusammenrottungen und keinen Alkoholausschank gegeben hat. Er bittet nun die Narren, sich am Dienstag an die Coronabeschränkungen zu halten.

Zunft hat Fasnet abgesagt

Die Schömberger Narrenzunft hatte Ende Januar die Fasnet abgesagt. Auf der Homepage der Zunft heißt es: „Es überwiegt die Sorge um die Gesundheit unserer Mitmenschen und wir wollen uns hier solidarisch zeigen. (...). In diesem Jahr zwingt uns die Pandemie zum Handeln. Wir möchten an alle Narren appellieren, die Verordnungen und Regeln einzuhalten.“

„Die Narrenzunft hat davon nichts gewusst“, erklärte am Montag ein Sprecher der Zunft. Der Narrensprung sei eine rein private Inititiative gewesen, eine Absprache habe es nicht gegeben.

Kontroverse Reaktionen im Netz

Die Reaktionen im Netz waren kontrovers. „An Respektlosigkeit gegenüber denen, die unter der Pandemie leiden nicht zu überbieten“, kommentierte ein User bei Facebook. „Goht gar it“, schreibt eine Userin. „Danke für ein Stück Normalität! Es braucht noch viel mehr solcher Aktionen“, unterstützt ein anderer User den wilden Narrensprung.

Narrensprung in Rottweil

Von 25 Narren und etwa 500 Zuschauern beim Narrensprung in Rottweil berichtet die Neuer Rottweiler Zeitung. „Die Polizei löste die Ansammlung nach rund 15 Minuten per Lautsprecherdurchsage auf“, berichtet die NRWZ. Polizei und Ordnungsamt hätten die Narren, darunter Schantle, Gschell, Biß, Federhannes, einige Minuten lang gewähren lassen. „Sie beobachteten das Geschehen, das sie ganz offenbar nicht aufhalten konnten.“

Hier waren keine Musikanten unterwegs, der Narrenmarsch ertönte aus der Konserve. „Dass plötzlich all die Sprungteilnehmer herbeikamen, dass sie aus den umliegenden Gassen strömten, war laut einem Sprecher des Polizeipräsidiums Konstanz für die Ordnungskräfte überraschend“, berichtet die NRWZ. Die Polizei habe mit Menschen gerechnet, die die Warnungen vor einem Auflauf ignorieren würden, aber dass es so viele sein würden, hatten sie offenbar nicht erwartet. Gegen 8.10 Uhr fiel dann die Entscheidung, den Rottweiler Narrensprung aufzulösen.

Kritik von anderen Zünften

Im Laufe des Tages wurde Kritik an den Teilnehmern des wilden Rottweiler Narrensprungs immer lauter. Heftige Kritik gibt es beispielsweise von Marco Hipp, dem Präsdenten der Narrenkameradschaft 1957 Weilheim. Das Fasnetsmotto „Jedem zur Freud und niemand zum Leid“ sei mit Füßen getreten worden. Einzelne Narren seien an Selbstherrlichkeit nicht zu übertreffen. Bei diesen sehe man: „Tradition schützt vor Torheit nicht“.

Die Narrenzunft Sulz a.N. schreibt zum Rottweiler Narrensprung: „Uns fehlt hierfür komplett das Verständnis!“

Wütender Gastronom

Uwe Schneckenburger von der Diskothek Holzwurm in Schura, die seit elf Monaten wegen Corona geschlossen ist, zeigte sich wütend über den Narrensprung. Man habe die Gastronomie in der angespannten Situation in zusätzliche Gefahr gebracht. „In Rottweil kommt noch erschwerend dazu, dass das Krankenhaus Rottweil wegen Corona teilweise nicht geöffnet hat“, so Schneckenburger.

Auch in Hechingen wurde dem Lumpenmontag nachgetrauert – und zwar in einem Trauerzug der Lumpen. Mit dabei waren rund ein Dutzend Narren aus verschiedenen Hechinger Gruppierungen, die sich auf dem Rathaus-Vorplatz versammelt hatten – mit Schunkelmusik aus der Konserve.

„Fasnetdahoim“

Fasnetsexperte Professor Werner Mezger nahm am Montag Abend beim Online-Bürgerdialog mit Landrat Günther-Martin Pauli Stellung zu den Narrensprüngen in der Region. Diese seien nicht von den Zünften veranstaltet, dafür aber „von Narren, über deren Vernunft man diskutieren kann.“ Er wies auf „Fasnetdahoim“ und die positive Resonanz auf das Online-Fasnetsformat hin.

Die Sendung wurde von Werner Mezger, Heinrich del Core und Joo Aiple moderiert. Organsiert hatte das Programm die Stadtverwaltung Rottweil mit vielen Unterstützern als Alternative zum Narrensprung. Bis zu 17.000 Narren habe man damit erreicht, so Mezger. Unter anderem auch Gruppen, die bisher total von der Fasnet abgeschnitten waren, beispielsweise Bewohner von Seniorenheimen.

Vorsicht mit sozialen Kontakten

Auch Pauli selbst warnte angesichts der wieder leicht ansteigenden Inzidenzzahlen im Zollernalbkreis. Man könne noch keine Entwarnung geben. Man solle gerade und trotz der Fasnet vorsichtig sein mit sozialen Kontakten.