Nach Mindens Erfolg gegen Erlangen: Der Abstieg des HBW Balingen-Weilstetten ist besiegelt

Von Marcus Arndt

Nach dem Remis gegen Berlin waren die Balinger Hoffnungen gering, trotz der Heimschwäche der Ostwestfalen. Diese zeigten am Donnerstagabend aber keine Nerven, besiegten Erlangen mit 22:21.

Nach Mindens Erfolg gegen Erlangen: Der Abstieg des HBW Balingen-Weilstetten ist besiegelt

In einer hitzigen Partie gegen Berlin lagen die Nerven in den Schlussminuten blank. Oftmals wirkten die Unparteiischen Suresh und Ramesh Thiyagarajah in Balingen überfordert.

Damit steht fest: Das Team von Jens Bürkle steigt aus der Bundesliga ab – das finale Saisonspiel am Sonntag beim HCE (15.30 Uhr, Arena Nürnberger Versicherung) ist sportlich ohne Bedeutung.

Am Liveticker verfolgte der HBW-Coach die Partie des direkten Konkurrenten. „Ich habe schon gehofft, es war offensichtlich ja auch sehr, sehr eng“, gesteht der 41-Jährige ein und fügt hinzu: „Es ist schon bitter jetzt. Wenn wir am Mittwoch gegen Berlin zwei Zähler geholt hätten, hätten wir unser Finale gehabt. So haben wir es nicht – und das tut einfach weh.“

Nur einen Punkt verbuchte der Kreisstadt-Klub in den vergangenen sechs Begegnungen, während GWD mit fünf Zählern noch die Trendwende geschafft hat. Das bittere 23:23 gegen Berlin war am Ende zu wenig für den Aufsteiger von 2019, um das erhoffte Endspiel am letzten Spieltag zu bekommen.

Bitteres Ende

Symptomatisch für diese Saison: die letzte Aktion gegen Berlin. Oddur Gretarsson wurde frei vor Füchse-Keeper Dejan Milosavljev entscheidend gestört und scheiterte am Serben. Das sahen fast alle in der SparkassenArena – nur die Unparteiischen Suresh und Ramesh Thiyagarajah eben nicht. Selbst die Hauptstädter. „‘Fabi‘ Wiede kommt nach dem Spiel zu mir und ich sage ‚Oh scheiße, der Punkt tut uns richtig weh‘. Und dann sagt er, ohne dass ich ihn darauf anspreche: ‚Die letzte Aktion ist ein Siebenmeter‘“, verrät der Balinger Trainer.

Der Linkshänder wollte in Unterzahl die Lücke auf der linken Seite schließen, konnte aber nicht mehr stoppen und gab dem ansonsten so sicheren Isländer im Raum den wohl entscheidenden Kontakt beim Wurf. „Das macht die Situation schon richtig bitter“, fährt der Sportwissenschaftler fort und fügt hinzu: „Die Mannschaft ist schon sehr niedergeschlagen. Trotzdem war es eine Riesenleistung. Kämpferisch brutal und auch sportlich einfach gut gegen eine Berliner Mannschaft, die in diesem Jahr nur einmal verloren hat. Eine tolle Teamleistung, wie auch schon in Magdeburg . . .“

Große Enttäuschung

Ohne Zweifel: Die Kreisstädter präsentierten sich absolut erstligatauglich, stellten die ambitionierten Füchse phasenweise vor große Schwierigkeiten. „Die erste Halbzeit von uns war, was den Positionsangriff angeht, wirklich gut“, analysiert Bürkle, „auch die Abwehr stand sehr, sehr gut. Wir bekommen dann zu Beginn der zweiten Halbzeit etwas Probleme, weil wir uns nicht mehr so viel bewegt haben und Berlin sich dann auch gut auf uns eingestellt hatte. Wir gehen dann ins Sieben-gegen-Sechs, aber das haben sie wie schon in den letzten Wochen gut verteidigt. Trotzdem hat es, glaube ich, einen kleinen Bruch bei ihnen bewirkt und vielleicht etwas von der Abwehr genommen. So drehen wir dann das Spiel und sind kurz vor Schluss mit zwei vorne.“

Mit 23:21 führte der Tabellenvorletzte in der 58. Minute, verpasste es aber in Überzahl den Deckel drauf zu machen. „Hinten raus kann es in beide Richtungen gehen“, räumt Bürkle unumwunden ein, „eine gute Leistung von uns, aber schon ein enttäuschendes Ergebnis.“ Das Remis reichte nach Mindens Erfolg über Erlangen dann auch nicht, um am Sonntag noch um den Verbleib in Liga eins zu kämpfen.

Kommentar von Marcus Arndt: Geld wirft doch Tore

Der Balinger Bundesligist steigt nach 2017 zum zweiten Mal in der Vereinsgeschichte ab. Ein kleines Budget sowie viele Verletzte erklären die sportliche Krise der „Gallier“ aber nur bedingt.

Seit Donnerstagabend 20.42 Uhr steht fest: Neben N-Lübbecke muss der HBW runter. Vergebens hofften die Kreisstädter auf ein Endspiel um Rang 16. Nach satten 29 Pluspunkten in der Vorsaison brachte das Team von Trainer Jens Bürkle sein Potenzial nicht konstant auf die Platte, leistete sich zu viele, zu lange Schwächeperioden. Der Kader war phasenweise stark ausgedünnt: Regisseur Lukas Saueressig spielte nur selten, Kreisläufer Marcel Niemeyer überhaupt nicht. Routinier Oddur Gretarsson stieß erst spät dazu. Immer wieder musste der Balinger Trainer umbauen. Das gelang nicht immer – auch weil adäquate Alternativen fehlten und der Abgang von arrivierten Akteuren nur im Ansatz kompensiert wurde. Für Jensen-Nachfolger Simon Sejr war der Schritt zu groß, ebenso für die beiden Halbrechten, Nikola Stevanovic und Uros Todorovic.

Nur zwei von vielen Problemen der „Gallier“. Diese waren zu abhängig von Vladan Lipovina. Dass der Montenegriner nach dem Abstieg nur schwer zu halten sein wird, passt zur schwierigen Situation der Schwaben. Der HBW muss sich neu und vor allem perspektivisch aufstellen, die Saison 2021/22 mit mageren sechs Siegen kritisch aufarbeiten und an den richtigen Stellschrauben drehen. Bislang stehen sieben Abgängen nur zwei externe Neuzugänge gegenüber. Dass das nicht funktioniert, hat diese Runde deutlich gezeigt. Um eine gute Rolle in der 2. Liga zu spielen, muss der Kreisstadt-Klub investieren – sich markant verstärken. Nicht die einzige diffizile Aufgabe für Manager Wolfgang Strobel, der wieder mit spitzem Bleistift kalkulieren muss. Dass 1. Handball-Bundesliga auch mit einem kleinen Etat möglich ist, haben die Balinger 14 Jahre lang bewiesen. Aber es wird immer schwieriger, denn Geld wirft eben doch Tore . . .