Muss das Graffito an der Schwelhalle in Frommern weg? Stadt will eine Duldung durchsetzen

Von Pascal Tonnemacher

Das Landesdenkmalamt will das Graffito auf der Fassade der Schwelhalle in Frommern loswerden, denn diese gilt als Kulturdenkmal. Die Verantwortlichen um Veranstalter Frank Türke wussten davon nach eigenen Angaben nicht rechtzeitig. Die Stadt wiederum will das Graffito im Konsens mit dem Landesdenkmalamt dulden. Und das ist nicht die einzige gute Nachricht, die Türke dieser Tage ereilt: Das Atelier Türke ist als Investor für einen europäischen Kulturpreis nominiert.

Muss das Graffito an der Schwelhalle in Frommern weg? Stadt will eine Duldung durchsetzen

Die Schwelhalle in Frommern ziert noch der riesige Drache. Wenn es nach der Stadtverwaltung geht, bleibt das auch so.

Giftgrün und gewollt auffällig ist der Drache auf der Fassade der Schwelhalle in der Frommerner Ohnrastraße. Es ist das wohl größte Graffito in der Region. Zudem als Teil der Revolte-Ausstellung eigentlich legal entstanden. Doch wenn es nach dem Landesdenkmalamt geht, muss es weg. Denn die Schwelhalle gilt als Kulturdenkmal.

Das Landesdenkmalamt spricht daher in einem Schreiben, dessen Inhalt die Behörde auf Anfrage auch bestätigt, von einer Verschandelung und einer erheblichen Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes des Denkmals. Angesichts des historischen Aussagewertes des Gebäudes sei das Graffito ein geradezu pietätloser Akt.

Graffito soll geduldet werden

Bei Revolte-Veranstalter Frank Türke ist derweil noch keine Nachricht der Stadt eingegangen, die Anfang Juni vom Landesdenkmalamt informiert wurde, dass die Schwelhalle ein Kulturdenkmal sei und das Graffito „wieder abgenommen und der Vorzustand wiederhergestellt“ werden soll. „Stand jetzt bleibt das Graffito, mit mir hat noch niemand gesprochen“, sagt Türke.

Wie die Balinger Stadtverwaltung bestätigt, muss das Graffito noch nicht beseitigt werden, auch wenn es das Landesdenkmalamt ablehnt. Im weiteren Verfahren ist die Stadt als Untere Denkmalschutzbehörde Herrin des Verfahrens, setzt Fristen, achtet auf die Umsetzung, reagiert darauf, wenn sich Eigentümer weigern.

Doch der Stadt schwebt etwas anderes vor: „Wir versuchen im Konsens mit dem Landesdenkmalamt eine vorübergehende Duldung des Graffito zu erreichen, zumal es sich bei der Schwelhalle auch nicht mehr um die Originalziegelfassade handelt“, sagt Rathaussprecher Jürgen Luppold.

Regierungspräsidium muss im Zweifel entscheiden

Klappt das nicht, müsste die nächsthöhere Denkmalschutzbehörde, also das Regierungspräsidium Tübingen in einem sogenannten Dissensverfahren entscheiden.

Eine formelle Anordnung zur Beseitigung gebe es bislang nicht, so Luppold. Nach aktueller Rechtslage wäre jedoch eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung erforderlich gewesen.

Auch im Balinger Gemeinderat war das Graffito am Dienstagabend Thema. (Revolte, jetzt erst recht: Balinger Räte wollen das Frommerner Graffito retten)

Verantwortliche wussten nicht rechtzeitig Bescheid

„Der Bescheid, dass die Schwelhalle ein Kulturdenkmal ist, kam erst im Juli bei uns an, nachdem der Drache schon an der Wand war“, sagt Revolte-Veranstalter Frank Türke, der das Graffito als Schwelhallen-Pächter mit deren Eigentümer im Vorfeld besprochen hatte.

Das bestätigt auch die Stadt, wenngleich der Eigentümer laut Stadt bereits im Frühjahr dieses Jahres informiert worden sei, dass die Schwelhalle seit Sommer 2018 als Prüffall nach dem Denkmalschutzgesetz benannt wurde.

In dem Bescheid gehe es aber lediglich um bauliche Änderungen, die es nicht geben dürfe, sagen die Verantwortlichen. Die Funktion des Gebäudes sei noch dieselbe, es sei nichts beeinträchtigt. Darauf habe man geachtet.

Warum die Schwelhalle als Denkmal geschützt werden soll

Während der NS-Herrschaft wollten die Nazis in der Schwelhalle Öl aus Schiefer gewinnen, KZ-Häftlinge sollten als Arbeitskräfte herhalten. Die Franzosen führten die Schieferölgewinnung zunächst weiter, beendeten sie dann aber auch. 1955 kaufte die Firma Elektra aus Tailfingen das Werksgelände der Schwelhalle.

Drachen-Graffito soll Positives ausstrahlen

Sprung in die nähere Vergangenheit: Am 8. Juni dieses Jahres startete Graffiti-Künstler WON ABC alias Markus Müller mit seinem Kunstwerk. 15 Tage lang pinselte und sprühte der Münchner, der eine zentrale Rolle in der Revolte-Ausstellung gespielt hat, das monumentale bunte Graffito auf die Fassade der Schwelhalle.

Der Drache im freundlichen Grün soll Beschützer der Halle und nicht böse sein. Auch die Chrysantheme sei in der Mythologie positiv belegt und die Gießkanne stehe dafür, dass in der Halle etwas entstehe.

Atelier Türke für Kulturpreis nominiert

Eine weitere positive Nachricht erreicht Frank Türke dieser Tage im Zusammenhang mit der Revolte-Ausstellung aus Berlin: Das Atelier Türke ist als Europäischer Kulturinvestor des Jahres 2019 nominiert worden.

Die 42-köpfige Expertenjury des 14. Europäischen Kulturmarken-Awards hat unter anderem das Atelier Türke unter 105 Bewerbungen in einem mehrstufigen Auswahlverfahren als möglichen Gewinner in dieser Kategorie ausgewählt.

„Revolte“-Gedanken soll weiter bestehen

Eine Bestätigung seiner Arbeit mit der Graffiti-Ausstellung Revolte, wie er im Gespräch mit dem ZOLLERN-ALB-KURIER erklärt. „Es motiviert natürlich weiterzumachen“, sagt Frank Türke. Konkrete Pläne kann er nicht verkünden, doch „Revolte“ soll als Marke auch künftig bestehen bleiben.

„Ob das im Umfang und von der Größe her vergleichbar mit der Graffitiausstellung sein wird, ist noch unklar“, fügt Türke hinzu. Aber der Grundgedanke der „Revolte“ und der Aufruf, seine Meinung zu sagen, bleibe aktuell.

Man könne sich auch auf andere Art und Weise kreativ oder über Kunst ausdrücken, hält Türke die Spannung.