Balingen

Musikanten aus Sardinien und Schwaben gestalten in Dürrwangen einen abwechslungsreichen Abend

12.05.2022

von Boris Retzlaff

Musikanten aus Sardinien und Schwaben gestalten in Dürrwangen einen abwechslungsreichen Abend

© Boris Retzlaff

Schwäbisch und sardisch harmoniert musikalisch und auf dem Teller: „Danzbar“ im Hintergrund, Antipasti von der Mittelmeerinsel im Vordergrund.

Eine Trauminsel im saphirblauen Mittelmeer und die grünbraunen Heiden der Alb – was mag sie verbinden? Dem spürte am Samstag ein Kulturabend im Haus der Volkskunst unter dem Motto „Sardinien trifft Schwaben“ nach. Ob mit Leben gefüllte Marienlieder, schwäbisches Liedgut, mit Augenzwinkern vorgetragen, oder Kehlgesänge, die mehr Naturgeräusch denn menschlicher Gesang sind: Der musikalische Bogen wurde spannungsvoll gespannt.

Das Dürrwanger Kulturzentrum, die Maria-Carta-Stiftung und der Verein Beranu hatten zum schwäbisch-sardischen Abend im Haus der Volkskunst eingeladen. Die zahlreichen Zuschauer erlebten einen Abend voller Abwechslung und Spannung. Durchs Programm führte der sardische TV- und Radiomoderator Giacomo Serreli im Wechsel mit (und übersetzt vom) Dürrwanger Musikleiter Jörg Neubert.

Musikanten aus Sardinien und Schwaben gestalten in Dürrwangen einen abwechslungsreichen Abend

© Boris Retzlaff

Sandra Ligas wird begleitet von Massimo Perra (Akkordeon, Percussion), Daniele Cuccu (Gitarre) und Jörg Neubert (Violine).

Das Programm eröffnete Sandra Ligas, sardische Sängerin aus Balingen und treibende Kraft hinter dem Abend. Mit ihrer Stimme voll kräftiger Farbnuancen verlieh sie einem Marienlied Leben, würzte ein altes Waschlied mit Blue Notes und präsentierte zuletzt eine Eigenkomposition, die voller Anklänge an sardische Rhythmen die völkerverbindende Kraft von Musik und Tanz besang.

Musikanten aus Sardinien und Schwaben gestalten in Dürrwangen einen abwechslungsreichen Abend

© Boris Retzlaff

„s'Chörle“ der Volkstanzgruppe Frommern im Schwäbischen Albverein brachte schwäbisches Liedgut der Romantik zu Gehör.

Das Männerchörle der Volkstanzgruppe Frommern präsentierte schwäbisches Liedgut der Romantik. Für ihre Darbietung mit Präzision, Herz und Augenzwinkern ernteten die sechs Mannen reichen Applaus.

Sardischer Chor interpretiert Strophen und gestaltet neue

Ein ganz anderes Männerchor-Klangerlebnis bescherte der Coro a Tenore Populu Sardu di Oliena. Ein Sänger interpretiert die Strophen, drei weitere fallen ein, formen aber eher Naturgeräusche als menschlichen Gesang. Dabei nutzen zwei von ihnen Kehlgesang und verleihen dem Ganzen zusätzliche Dimensionen.

Musikanten aus Sardinien und Schwaben gestalten in Dürrwangen einen abwechslungsreichen Abend

© Boris Retzlaff

In traditioneller Tracht: der „Coro a Tenore Populo Sardu di Oliena“.

Der getragene erste Titel wob ein dichtes Klanggeflecht, auf dem man für die Dauer des Auftritts davonschweben konnte. Auch das letzte von vier Liedern begann gemessen, zog dann aber von Strophe zu Strophe an, sodass man zu hören vermeinte, wie sich der rufende Hirte mit seinen blökenden Schafen in Marsch setzt.

„Danzbar“ sind die Musikanten der Volkstanzgruppe Frommern. Es tue gut, nach zwei Jahren Corona-Pause wieder auf der Bühne zu stehen, vermerkte Jörg Neubert. In Sextett-Besetzung ließen sie einen ebenso kräftigen wie transparenten Klang hören und brachten den Saal zum lauten Mitklatschen.

Drei Schilfpfeifen und der ewige Ton

Das Duo Fantafolk, Andrea Pisu und Vanni Masala, hat tiefe musikalische Wurzeln. Die Launedda, hier begleitet vom diatonischen Akkordeon, findet sich auf dreitausend Jahre alten Darstellungen: drei Schilfpfeifen, zwei Bordune und eine Melodiestimme, die durch Zirkularatmung einen ewigen Ton erzeugen.

Ihren Part begannen die beiden mit einer Sciampitta, getanzt von drei Tänzern der Gruppe Su Masu; eine artistische Darbietung, die laut Giacomo Serreli vor allem die Damenwelt beeindrucken soll.

Ein Höhepunkt des Abends: ein vierstimmiges Launedda-Solo von Andrea Pisu. Die Melodie folgt scheinbar einem einfachen geraden Rhythmus, doch was für einen Takt wippt da sein Fuß dazu? Ohne erkennbares festes Schema tippt er auf, und vielleicht ist gerade das der Zauber dieser Musik, dass da verborgen im Untergrund etwas Archaisches pulst, das sich unseren rhythmischen Begriffen entzieht.

Nach diesem kontrastreichen Programm war die Zeit reif für eine Stärkung. In der Kneipe des Haus der Volkskunst klang der Abend kulinarisch aus, mit Salami und Pecorino, Maloreddus und einem sardischen Lammragout.

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