Zollernalbkreis

Mitfinanzierung des Bahnprojekts Große Wendlinger Kurve: Im Kreistag knirschen die Zähne

13.05.2019

Von Klaus Irion

Mitfinanzierung des Bahnprojekts Große Wendlinger Kurve: Im Kreistag knirschen die Zähne

© Pascal Tonnemacher

Der Interregioexpress, der den Landkreis auf der Schiene direkt mit Stuttgart verbindet, ist wegen fehlender Elektrifizierung für die Zollernälbler ein Auslaufmodell.

Wer bestellt, der hat mitzubezahlen. Auf diesen einfachen Nenner könnte man den Streit zwischen Bund, Land und kommunaler Ebene bringen. Und da die Region Neckar-Alb die Große Wendlinger Kurve wünscht, wird sie sich nun wohl an deren Kosten beteiligen (müssen).

Ein „direkter“ Anschluss der Zollernalb per Bahn an den Stuttgarter Flughafen? Mit der geplanten Großen Wendlinger Kurve, das heißt mit der zweigleisigen Einschleifung der Neckartalbahn in die Schnellbahntrasse Stuttgart-Ulm bei Wendlingen, wird dies möglich. Wobei dies mit dem „direkt“ so eine Sache ist. Denn von der Großen Wendlinger Kurve würden zunächst einmal die Zugreisenden zwischen Tübingen und Stuttgart profitieren. Schließlich wird es für alle Zugreisenden, die Richtung Landeshauptstadt unterwegs sind und südlich von Tübingen leben, nach Vollendung von Stuttgart 21 Pflicht, in der Unistadt umzusteigen. Zumindest so lange, bis die Zollernalbbahn im Zuge des Großprojekts Regionalstadtbahn Neckar-Alb elektrifiziert wird. Denn wie mehrfach berichtet, dürfen keine Dieselloks in den neuen Stuttgarter Tiefbahnhof einfahren

Streit um die Zukunft der Neigetechnik

Die Elektrifizierung wiederum, so sie denn tatsächlich kommt, könnte auf der Zollernalbbahn auch mit dem Ende der Neigetechnik-Züge einhergehen. Vergangene Woche hatte die Deutsche Bahn AG verkündet, dass sie spätestens in den 2030er-Jahren diese Technik aus dem Verkehr ziehen wird, weil sie sie für nicht mehr zukunftsfähig erachtet. Baden-Württembergs Verkehrsminister Winfried Hermann sieht dies ganz anders und hat vorsorglich schon einmal darauf verwiesen, dass in diesem Fall bei künftigen Ausschreibungen und Vergaben DB-Konkurrenten zum Zug kommen könnten, die auf lange Sicht an der Neigetechnik festhalten.

S21-Teilprojekt oder nicht?

Doch zurück zur Großen Wendlinger Kurve. Unstrittig war in der montäglichen Sitzung des Kreistags, dass sich die politisch Verantwortlichen in der Region in der Vergangenheit unisono für die große Variante in Wendlingen stark gemacht haben. Allein, damals ging man allgemein noch davon aus, dass die Große Wendlinger Kurve ein Teilprojekt von Stuttgart 21 sei. Und somit auch ausschließlich mit Bundes-, allenfalls noch Landesmitteln finanziert würde. Kostenpunkt: rund 100 Millionen Euro.

Region zahlt maximal 12,5 Millionen Euro

Doch weit gefehlt. Inzwischen herrscht beim Bund und beim Land die Meinung vor, dass sich diejenigen, die die große Lösung mit Anschluss an den Flughafen wollen, auch an den Kosten beteiligen sollen (der ZAK berichtete). Landrat Günther-Martin Pauli betonte in der Kreistagssitzung, „dass der Anteil, über den wir reden, bei 12,5 Millionen Euro gedeckelt ist“. Klar sei, dass der Anteil des Zollernalbkreises weniger als ein Drittel dieser Summe betragen müsse. „Denn die Landkreise Tübingen und Reutlingen profitieren ja in größerem Maß von dem Projekt.“ Gleichwohl appellierte er an die Kreisräte, bereits jetzt der Absichtserklärung, zu zahlen, zuzustimmen, auch wenn die genaue Summe noch nicht bekannt ist.

Alle knirschen mit den Zähnen

Trotz bevorstehender Kommunalwahl war der Tenor auf Paulis Worte fraktionsübergreifend überraschend gleichlautend. Die Worte „Zustimmung, aber zähneknirschend“ fand in den Wortbeiträgen der Kreisräte fröhliche Urständ. Große Wendlinger Kurve ja, aber Kopfschütteln über Bund und Land. Und Unverständnis darüber, dass von der Region Ulm, die ebenfalls von der großen Lösung profitieren wird, keinerlei Zahlungen eingefordert werden.

Profitiert der Güterverkehr?

Keine Mehrheit fand ein Antrag der SPD-Fraktion, die Finanzierung ohne die regionale Wirtschaft vorzunehmen, weil die verkehrliche Infrastruktur eine ureigene staatliche Aufgabe sei. Auch Landrat Pauli hatte hierfür kein Verständnis. „Es ist doch nichts Verwerfliches, beispielsweise die IHK anzufragen, ob sie sich vorstellen kann, einen Teil der Kosten mitzutragen.“ Tatsächlich hatte sich die Reutlinger Industrie- und Handelskammer dieser Tage via Pressemitteilung vehement für die Große Wendlinger Kurve stark gemacht. Was im Kreistag folgte, war eine kurze Diskussion darüber, ob der regionale Güterverkehr und damit die regionale Wirtschaft von der Großen Wendlinger Kurve profitieren würde oder nicht?

Große Mehrheit stimmt für Zahlung

Am Ende der Debatte stimmte eine große Mehrheit der Kreisräte für die Mitfinanzierung der Großen Wendlinger Kurve durch den Zollernalbkreis. Lediglich fünf Bürgermeister aus der Fraktion der Freien Wähler lehnten dies ab.

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