Balingen

Mit provokanten Fragen: Messe in der Balinger Friedhofkirche läutet das Weihnachtsfest ein

25.12.2019

Von Silke Thiercy

Mit provokanten Fragen: Messe in der Balinger Friedhofkirche läutet das Weihnachtsfest ein

© Silke Thiercy

Für Alwin Hummel ist die Geburt des Heilands eine Lichtspur für das Leben.

„Ist an der alten Geschichte überhaupt was dran?“, stellte der evangelische Pfarrer Oliver Saia die provokante Frage. Er leitete den ökumenischen Gottesdienst am Weihnachtsabend in der Balinger Friedhofkirche.

Wie viel die in den vergangenen Wochen in die Schlagzeilen geratene Friedhofkirche den Balingern wert ist bewiesen hunderte Gläubige am Weihnachtsabend. Das Gotteshaus war bis auf den letzten Platz gefüllt. Beim Ökumenischen Gottesdienst gingen Alwin Hummel und Rita Koch als katholische und Heide Müller sowie Pfarrer Oliver Saia auf „Unglaubliches“ ein. Das unglaubliche Leid, Kälte, Scheitern und Dunkel auf der einen Seite. Und dann die unglaubliche Liebe, Hoffnung, Licht.

Provokante Fragen: Was macht die stille Nacht noch heilig?

Klassisch gehört zum Weihnachtsgottesdienst die Lesung aus dem Lukasevangelium. Ganz modern war die Predigt von Saia, die eben keine Predigt sein sollte. Der Pfarrer fragte provokant: „Was macht die stille Nacht noch heilig?“ Er sinnierte, was an der alten Geschichte aus der Bibel überhaupt dran sei, was uns das alles heute noch angehe.

Jedes Jahr im Dezember erlebe er, dass Gott in den Ritualen nicht da sei. Da gehe es um Glühwein, ums Einkaufen, um ein weiteres Festessen. An Weihnachten aber werde ein Geburtstag gefeiert, der ganz ohne Geld und Konsum auskäme – das ginge auch in Deutschland, einem der reichsten Länder der Welt. „Wir sollten innehalten, das Rauschen ausblenden“, so Saia.

Ist die Geschichte wahr?

Der Pfarrer stellte die Frage: „Ist diese Geschichte wahr?“ Seine Antwort: „Wenn ich mal ehrlich sein darf, ich glaub die Story in der Bibel.“ Und das tue er, weil der Schöpfer der Galaxie eben nicht in einem schicken Schloss, sondern einem dreckigen Stall landet. „Das war eine Bruchlandung Gottes in einer Bruchbude.“ Aber genau das mache das Wunder aus, dass Gott in die Finsternis der Menschen gehe.

Man könne auch zwischen Punsch und Lebkuchen nach dem Weg suchen. Mit der „Aktion“ von Jesu Geburt in einem Stall habe Gott „einiges verrenkt und Türen geöffnet für Menschen, denen diese sonst verschlossen bleiben.“ In seiner Interpretation ist das Lukasevangelium nicht mehr und nicht weniger als „die Message vom Leben, das vor der Tür steht.“

Ganz modern war auch die Lightshow, die den Altarraum nach und nach heller und heller in allen Farben des Regenbogens erstrahlen ließ. Traditionell brachten am Ende des Gottesdienstes die Balinger Pfadfinder eine Kerze in die Kirche – das Friedenslicht aus Bethlehem. Diese Flamme, von der jeder Besucher sich einen ‚Ableger‘ mit nach Hause nehmen durfte, wurde in der Geburtsstadt von Jesu‘ entfacht und über Wien und Stuttgart nach Balingen gebracht. Die Pfadis haben das Licht eine Woche lang sorgsam gehütet.

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