Abgezockt ins Endspiel: TSG Balingen schlägt Stuttgarter Kickers im WFV-Pokal-Halbfinale

Von Marcel Schlegel

Die TSG Balingen steht erneut im Endspiel des WFV-Pokal. Bei den Stuttgarter Kickers gewann die Braun-Elf nicht unverdient mit 2:1 (0:0). Nun wartet abermals der SSV Ulm 1846.

Abgezockt ins Endspiel: TSG Balingen schlägt Stuttgarter Kickers im WFV-Pokal-Halbfinale

Simon Klostermann markierte für die TSG Balingen die Führung.

Das war clever, das war so eiskalt wie das Wetter – und das war am Ende eben typisch TSG Balingen: Eine Halbzeit lang hat die Regionalliga-Mannschaft von Martin Braun am Dienstagabend im WFV-Pokal-Halbfinale fast nichts fürs Spiel getan, sich 45 Minuten lang mit zwei tiefstehenden Ketten gegen hoch und zuweilen übermotivierte Gastgeber der Stuttgarter Kickers gestemmt und gegen den Fußball-Oberligisten ein 0:0 in die Kabinen des Gazi-Stadions gerettet.

Und nach der Pause war die Braun-Elf genau dann zur Stelle, als sie es sein musste: bei den Fehlern des Gegners, der sich am Ende selbst schlug. Innerhalb von rund 120 Sekunden sorgten die Balinger Youngster Simon Klostermann (62.) und der eingewechselte Felix Heim (64.) mit ihren Treffern zum zwischenzeitlichen 2:0 für die Vorentscheidung. Die Kickers kamen durch einen sehenswerten Volleyabnahme durch Denis Zagaria zwar noch zum 1:2-Anschlusstreffer (82.) und forderten von Schiedsrichter Timo Lämmle in der hitzigen Nachspielzeit zudem einen Elfmeter. Am Ende jedoch vergeblich und das wohl auch zurecht.

Am Samstag in einer Woche darf die TSG damit erneut im Kickers-Stadion auflaufen. Im Endspiel, das am 29. Mai auf der Waldau stattfindet und dessen Gewinner in den DFB-Pokal einzieht, trifft die Braun-Elf wie im Vorjahr auf Titelverteidiger SSV Ulm 1846, gegen den die TSG ihre letzten drei Partien allesamt hoch verlor (zweimal 0:3, einmal 0:4).

Die Balinger profitierten im Halbfinale von haarsträubenden Patzern der Blauen, etwa als beim 1:0 Kickers-Keeper Thomas Bromma beim Klärungsversuch Simon Klostermann anschoss und die Kugel ins Tor kullerte. Oder als Stuttgarts Verteidiger Ruben Reisig beim 2:0 zu weit aufgerückt war und TSG-Stürmer Felix Heim in seinem Rücken entwischen ließ. Der nun ließ, von Balingens Routinier Lukas Foelsch geschickt, Stuttgarts Torwart im direkten Duell keine Chance.

Kickers stehen sich meist selbst im Weg

Zu diesem Zeitpunkt, nach gut einer Stunde, war die TSG-Führung auch verdient gewesen, weil Klostermann zuvor nach scharfer Guarino-Hereingabe (57.) aus der Nahdistanz verzog und sich kurz darauf auf dem glitschigen Rasen den Ball zu weit vorlegte (61.). Auch Heim hätte die Partie in der 75. Minute entscheiden können. Zudem war auch ein Stuttgarter Tackling an Kaan Akkaya im Strafraum zumindest Elfmeter verdächtig (84.).

Die Blauen hatten ihre besten Möglichkeiten gegen Ende einer zunächst zerfahrenen ersten Hälfte, in der die zahlreichen Wetterwechsel und die Pyrotechnik der Kickers-Fans noch die Höhepunkte gewesen waren – im negativen Sinne. Zweimal hatte da nicht nur das Feuerwerk außerhalb des Stadions gebrannt, sondern es auch vor Julian Hausers Kasten. Doch der TSG-Torwart parierte in der 43. Minute den Abschluss von Mohamed Baroudi aus acht Metern, nachdem die Balinger den eingewechselten Kickers-Angreifer im Strafraum hatten gewähren lassen. Bei der darauffolgenden Ecke strich ein Kopfball von Cristian Giles über die Balinger Latte (44.) – das und ein satter Fernschuss von TSG-Verteidiger Adrian Müller (40.) waren die sportlichen Höhepunkte einer weitgehend höhepunktlosen ersten Halbzeit gewesen, in der von einem Klassenunterschied nichts zu sehen war – wie erwartet.

Martin Braun: „Hatten ein paar Mal Glück“

In der ersten Hälfte seien die Stuttgarter Kickers einen Tick besser gewesen, „da standen wir zwar defensiv ordentlich, hatten aber ein paar Mal Glück“, fand Martin Braun, der Trainer der TSG Balingen. Doch nach der Pause sah der 52-Jährige seine Regionalliga-Elf besser im Spiel. Und eben deshalb sei der 2:1-Erfolg „auch nicht unverdient“ gewesen, so Braun. „Es war das erwartet umkämpfte Spiel“, urteilte der Ex-Profi. „Bis zum Anschlusstreffer der Kickers haben wir es ordentlich gemacht. Dass es in einem Pokal-Halbfinale nach einem späten Anschlusstreffer nochmals hitzig wird, war klar.“

Das wurde es. Draußen feuerten Kickers-Querulanten, die aufgrund der Corona-Beschränkungen nicht ins Stadion durften, vor dem Spiel und in der Pause Pyrotechnik ab. Nach dem Schlusspfiff brannten Stuttgarts Verteidiger Ruben Reisig die Sicherungen durch; er bekam sich mit Balingens Cedric Guarino in die Haare. Wegen der anschließenden Rudelbildung hätten die TSG-Spieler fast den Jubel über den Finaleinzug vergessen.

Stuttgarts Trainer Ramon Gehrmann gratulierte den Balingern zunächst fair, beschwerte sich dann aber über die Schiedsrichter, welche die ein oder andere folgenschwere Fehlentscheidung getroffen hätten. „Für uns ist das bitter, weil wir ein gutes Spiel gemacht haben“, sagte der Coach des Oberliga-Zweiten, der sich derzeit noch in die Regionalliga zu klagen versucht. „Am Ende waren wir vor dem Tor aber nicht zwingend und die Balinger haben ihre Chancen gemacht. Deswegen sind wir ausgeschieden.“