Mit Wasserstoff durchs Killertal: Die Probe aufs Exempel

Von Pressemitteilung

Komplett dieselfrei und als mögliche Alternative zur Elektrifizierung gedacht: Am 1. Mai nimmt auf der Strecke Hechingen – Gammertingen – Sigmaringen ein Brennstoffzellenzug seinen Probetrieb auf.

Mit Wasserstoff durchs Killertal: Die Probe aufs Exempel

So sieht er aus, der modernste Zug des Landes: Ab Mai wird der Brennstoffzellenzug vom Typ Alstom Coradia iLint zwischen Hechingen, Gammertingen und Sigmaringen unterwegs sein.

Dieselantrieb ist umweltschädlich und von gestern, Elektrifizierung nicht auf allen Bahnstrecken möglich oder rentabel. Eine alternative Zukunftstechnologie könnte ein mit Wasserstoff betriebener Brennstoffzellenzug sein. Ein solcher soll vom 1. Mai an probeweise, aber im regulären Betrieb durchs Killertal und durchs Fehlatal schnurren. Es ist eine Premiere in Baden-Württemberg.

Premiere in Baden-Württemberg

Auf den Einsatz hat sich das Stuttgarter Verkehrsministerium mit den Unternehmen Südwestdeutsche Landesverkehrs-AG (SWEG) und Alstom Transport Deutschland GmbH in einer gemeinsamen Absichtserklärung verständigt. Diese wurde am Donnerstag unterzeichnet.

Der Brennstoffzellenzug vom Typ Alstom Coradia iLint soll bis zum Fahrplanwechsel im Dezember auf der Zollern-Alb-Bahn 2 (Hechingen – Gammertingen – Sigmaringen) eingesetzt werden. Das landeseigene Verkehrsunternehmen SWEG, die Muttergesellschaft der Hohenzollerischen Landesbahn (HzL), wird für die Dauer des Probebetriebs einen Zug aus der derzeitigen Dieselflotte durch das wasserstoffbetriebene Fahrzeug ersetzen.

Minister: Klimafreundliche Alternative

Verkehrsminister Winfried Hermann sagte gestern in Stuttgart: „Mit den Erfahrungen im Echtbetrieb können alternative Antriebe weiterentwickelt und ihre Marktreife verbessert werden. Brennstoffzellenzüge können eine klimafreundliche Alternative zum Dieselzug werden, wenn keine Oberleitung vorhanden ist. Baden-Württemberg wird deshalb die geplante Kooperation positiv begleiten.“

Ziel ist die Marktführung

Müslüm Yakisan, Präsident der Alstom-Region „DACH“, erklärte: „Wir streben als Alstom ganz klar die Führung bei emissionsfreien Antrieben an. Mit unserem Coradia iLint sind wir mit Brennstoffzellentechnik bereits heute an dieser Position.“ Er freue sich außerordentlich, dass die SWEG gemeinsam mit dem Verkehrsministerium in Baden-Württemberg selbstbewusst vorangehe und den sauberen Brennstoffzellenzug im Passagierbetrieb einsetzen wird.

„Die SWEG steht nicht nur für Qualität, sondern auch für Innovation. Insofern ist es folgerichtig, die SWEG als Landesgesellschaft mit der Durchführung dieses spannenden Projektes zu beauftragen“, wird in der Pressemitteilung der Vorstandsvorsitzende Tobias Harms zitiert.

Nachweis der Alltagstauglichkeit

„Mit dem Einsatz des iLints im täglichen Betriebsalltag wollen wir Erfahrungen sammeln, wie gut sich diese innovative Technik in die bestehenden Betriebsabläufe integrieren lässt“, so Harms weiter. Es gehe also um den Nachweis der Alltagstauglichkeit. Zudem interessiere das Unternehmen natürlich auch die Reaktion der Fahrgäste. „Wir stehen aber auch vor der Frage, wie künftig in Regionalnetzen lokal emissionsfreier Zugverkehr angeboten werden kann. Als Infrastrukturbetreiber ist es wichtig zu erfahren, ob es fahrzeugseitige Alternativen zur klassischen Elektrifizierung des Schienenwegs gibt“, fügt Tobias Harms an.

Sachverständiger begleitet Projekt

Die Partner erwarten von dem Probebetrieb technische Erkenntnisse, die zur Weiterentwicklung und zur betrieblichen Optimierung des Zuges eingesetzt werden können. Zu diesem Zweck wird ein externer technischer Sachverständiger das Projekt begleiten. Zum Hintergrund: Brennstoffzellenzüge sind, ebenso wie batterie-elektrische Züge, lokal emissionsfreie Alternativen zum Einsatz von Dieselfahrzeugen auf nichtelektrifizierten Eisenbahnstrecken.

Wartung in Gammertingen

Mögliche Einsatzgebiete sind somit Strecken, bei denen der Bau einer Oberleitung nicht wirtschaftlich ist und Strecken, für die eine Elektrifizierung vorgesehen, aber noch nicht umgesetzt ist („Brückentechnologie“). Das Land Baden-Württemberg hat die Entwicklung dieser alternativen Antriebe gefördert und treibe sie voran, teilt das Verkehrsministerium mit.

Wartung und Instandhaltung des Zuges werden in der Werkstatt der SWEG in Gammertingen erfolgen. Alstom wird eine Wasserstoff-Tankstelle zur Verfügung stellen und die Versorgung der Tankstelle mit ausreichend Wasserstoff sicherstellen.

Landräte begrüßen Modellversuch

Die Landräte Günther-Martin Pauli (Zollernalbkreis) und Stefanie Bürkle (Sigmaringen), beide CDU, erklärten nach der Videokonferenz mit Verkehrsminister Hermann: „Wir begrüßen ausdrücklich diesen Modellversuch bei uns. Wasserstoffantriebe könnten eine sinnvolle Alternative zu den derzeitigen Dieselantrieben darstellen und dabei deutlich günstiger als die geplante Elektrifizierung sein. Der Verlauf Hechingen – Sigmaringen ist aufgrund seiner topografischen Besonderheiten eine spannende Strecke. Die Technologie wird im Alltagsbetrieb getestet und auf ihre Wirtschaftlichkeit geprüft.“

Von Aulendorf bis Stuttgart

Ein Wasserstoffzug sei die Perspektive als Brückentechnologie auf der Zollernalbbahn, um mit der Inbetriebnahme von Stuttgart 21 nicht im Dieselloch abgehängt zu werden, sagt die Sigmaringer Landtagsabgeordnete Andrea Bogner-Unden (Grüne). Sie sehe die Chance, dass bis zur vollständigen Elektrifizierung der Zollernalbbahn ein Wasserstoffzug von Aulendorf bis nach Stuttgart durchfahren könne.